Sie sind hier

Abo

Klimadebatte

Nur ein Regierungsrat fliegt in die Ferien

Ist es Flugscham? Von den sieben Berner Regierungsrätinnen und Regierungsräten verzichten sechs in diesem Sommer auf Ferienreisen mit dem Flugzeug.

Bild: zvg

Julian Witschi

Weil Schulferien sind, finden zwar gerade keine Klimastreiks statt. Doch die sogenannte Klimajugend bereitet sich offenbar umso intensiver auf die nationale Demonstration vor, die im September geplant ist. Greta statt Kreta: Das propagieren immer mehr Jugendliche. Sie folgen der schwedischen Klimaschutzaktivistin, wollen umweltfreundlich mit der Eisenbahn verreisen, fordern Nachtzüge statt Billigflieger, und tatsächlich hat die Zahl der Flugreisenden ab Zürich-Kloten zuletzt leicht abgenommen. Ab Bern-Belp sogar sehr stark, allerdings aus anderen Gründen. Aber die Grünen möchten den Linien- und Charterverkehr ab dem Belpmoos am liebsten ganz zum Erliegen bringen. Da stellt sich die Frage, wie Berufspolitikerinnen und Berufspolitiker als Vorbilder taugen.

Die grüne Regierungsrätin Christine Häsler, als Berner Erziehungsdirektorin direkt von den Schülerstreiks betroffen, sagt in unserer Umfrage: «Ich wohne dort, wo andere Ferien machen, und werde vor allem Grindelwald geniessen.» Mit dem Zug reist sie noch eine Woche ins Südtirol. Absolut klimafreundlich ist das allerdings auch nicht, wenn man zum Beispiel mit den Dieseltriebwagen der Vinschgauerbahn unterwegs ist.

Schweiz ist mehrheitsfähig
Regierungspräsident Christoph Ammann (SP) wird sich spontan entscheiden, wo er Ferien macht. Die anvisierten Reiseziele liegen in den Kantonen Bern, Wallis und Neuenburg. Er wird mit verschiedenen Verkehrsmitteln reisen – ein Flugzeug ist selbstredend nicht darunter. Regierungsvizepräsident Pierre Alain Schnegg (SVP) verbringt seine Ferien zu Hause im Berner Jura und im Wallis. Dorthin reist er im Auto. Sein Parteikollege, der für Bau-, Energie- und Verkehrsfragen zuständige Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP), verbringt seine Ferien grösstenteils ums Haus in Kaufdorf und ist mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs. Wohin es geht, das behält er für sich. Regierungsrätin Beatrice Simon (BDP) reist für ein paar Tage mit dem Auto nach Spanien. Den Rest der Sommerferien verbringt sie in der Schweiz.

SP-Regierungsrätin Evi Allemann fährt mit dem Zug und dem Schiff nach Kroatien. Sie hat schon als VCS-Präsidentin in den Ferien immer aufs Flugzeug verzichtet. Auch ein Auto hat sie keins, nicht einmal einen Führerausweis.

Der Wunsch der Tochter
Die Klimadebatte habe die Wahl der Reiseziele nicht speziell beeinflusst, sagen alle Regierungsräte. Bleibt Philippe Müller. Der FDP-Regierungsrat fliegt in die USA. Seine 17-jährige Tochter habe sich diesen Trip schon länger gewünscht. Und man wisse ja nie, wie lange die Nachkommen noch mit ihren Eltern in die Ferien kommen. So machen sie nun diese Reise. Im Preis für die Flugtickets sei eine gewisse CO-Kompensation enthalten. Aber man dürfe gern in den Herbstferien wieder nachfragen, so Müller. Dann werde er ziemlich sicher in der Schweiz Wanderferien machen, wenn andere in wärmere Gefilde für Badeferien fliegen. Auch die Sommerferien habe er schon oft in der Schweiz verbracht, sagt Müller, im Tessin oder im Engadin etwa. Aber auch das Fliegen will sich der Freisinnige nicht verbieten lassen. Alles andere wäre für ihn «Gesinnungsterror». Zum Glück gebe es in der Schweiz aber «keine Gesinnungspolizei wie in China».

**********************************************************************

Diese drei Stadtberner fliegen
Die Berner Stadtregierung will klimapolitisch eine Vorreiterin sein. Doch in diesen Sommerferien sind drei Mitglieder des Gemeinderats noch keine Vorbilder. Franziska Teuscher (Grüne), Ursula Wyss (SP) und Reto Nause (CVP) sind mit dem Flugzeug unterwegs. Was besonders bei Franziska Teuscher überrascht. Sie hat indes einen speziellen Grund für ihren Flug. Sie löst das Geschenk ihrer Familie zum 60. Geburtstag ein und unternimmt eine «biologisch-geologische» Exkursion in den Norden, wobei sie mit verschiedenen Verkehrsmitteln unterwegs sein wird. «Die Nutzung des Flugzeuges ist bei dieser Reise nicht ganz zu umgehen», lässt sie ausrichten. Ursula Wyss macht mit ihrer Familie Veloferien in Holland. Sie fliegt ins Veloland, weil im Frühling der Nachtzug bereits ausgebucht war.

Immerhin:Teuscher und Wyss kompensieren ihren Flug. Auch Umweltdirektor Reto Nause ist umweltpolitisch nicht optimal unterwegs. Er verbringt die Ferien auf den Kapverden, danach gehts ins Wallis. Die Musterschüler der Stadtregierung sind Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) und Michael Aebersold (SP). Der Stapi bleibt meist in Bern und plant bloss ein paar Wanderungen. Auch Michael Aebersold geht wandern. Zudem plant er eine Rennveloreise.

Und beide wollen oft in der Aare schwimmen gehen, was dem Klima auch nicht schadet. sny

Nachrichten zu Kanton Bern »