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Silvester

Partynacht mit einem Mahnfinger

Silvester ist die Nacht der Feste. Wie nervös macht das die kantonale Gesundheitsdirektion? Und haben Veranstalter von grossen Partys moralische Gewissensbisse?

Symbolbild: pixabay.com

Martin Erdmann

Das Jahresende naht, und die Aussicht auf die Silvesternacht lässt das Partyfieber steigen. Gleichzeitig schiesst die Zahl der Covid-Neuansteckungen in die Höhe. Eine Mischung, die der kantonalen Gesundheitsdirektion (GSI) Sorge bereitet. «Wo grosse Menschenmengen zusammenkommen, gib es immer ein erhöhtes Risiko», sagt GSI-Sprecher Gundekar Giebel. «Zudem ist in Innenräumen das Ansteckungsrisiko deutlich höher als beispielsweise im Freien.»

Auch die Corona-Taskforce des Bundes äusserte sich jüngst skeptisch zu grossen Menschenansammlungen: «Es braucht eine enorme Reduzierung der Kontakte, um die Omikron-Welle bewältigen zu können», sagte Taskforce-Chefin Tanja Stadler am Dienstag an einer Medienkonferenz.

 

Ausverkaufte Partys

Die mahnenden Worte der Behörden finden nicht überall Anklang. In der Stadt Bern besteht an Silvester ein breites Partyangebot. Dieses stösst auf rege Nachfrage. Beispiel Bierhübeli: «Die Party ist ausverkauft», sagt Geschäftsführer David Naef.

Aber ist ein volles Bierhübeli in der aktuellen Situation verantwortbar? Naef bejaht. «Die Auflagen für Clubs sind sehr weitreichend.» Es gebe kaum eine andere Branche, die so viele Massnahmen umzusetzen und zu kontrollieren habe.

Gleichzeitig spielt er den Ball an die Politik weiter. «Es ist die Verantwortung des Bundes, einzuschätzen, ob solche Veranstaltungen noch durchgeführt werden dürfen.»

Auch auf den Vorverkauf der ­Radio-Energy-Party auf dem Gurten hatten die Coronazahlen keinen Einfluss. «Die Nachfrage war und ist sehr hoch, wir sind inzwischen ausverkauft», sagt Andrea Bauer, Mediensprecherin der Migros, auf deren Gelände der Event stattfindet. Eine Absage der Party sei jedoch diskutiert worden. «Nach genauer Prüfung sind wir aber zum Schluss gekommen, dass wir das Schutzkonzept vollumfänglich einhalten können.»

Wie im Bierhübeli hält man die Durchführung trotz steigender Coronazahlen also für vertretbar. Dass die Party auch wirklich stattfindet, ist jedoch nicht garantiert. «Sollten sich die Situation und die Bestimmungen noch ändern, würden wir uns vorbehalten, die Party auch sehr kurzfristig abzusagen», so Andrea Bauer.

Tatsächlich könnten die Partys auch in letzter Minute von Behördenseite gestoppt werden. Eine Clubschliessung über Silvester wurde von der Taskforce angeregt. GSI-Sprecher Gunde­kar Giebel dazu: «Eine solche Verschärfung ist derzeit nicht vorgesehen, kann aber jederzeit eintreten.»

Für das Partyvolk stellt sich zudem eine zusätzliche Frage. Gibt es an Silvester noch Testmöglichkeiten? Wer feiern will, unterliegt 2Gplus. Zutritt haben also nur geimpfte oder genesene Personen mit einem negativen Schnell- oder PCR-Test, falls die Impfung oder Genesung mehr als vier Monate zurückliegt.

Am 31. Dezember dürfte es also einen Run auf die Testorte geben, zum Beispiel die Apotheken. Im Kanton bieten rund 30 von ihnen Schnelltests an. «Die Nachfrage ist hoch», sagt Daniel Wechsler vom kantonalen Apothekerverband. Partyhungrigen, die keinen Testtermin abgemacht haben, macht er deswegen wenig Hoffnung. «In den Apotheken gibt es praktisch ­keine Möglichkeiten mehr, sich spontan testen zu lassen.»

Pandemische Schieflage und immer ändernde Bestimmungen: Es gibt auch Orte, die sich Silvester verweigern. So etwa der Gaskessel in Bern. Dessen Silvesterparty wurde bereits Mitte Monat abgesagt. Auf Facebook schreibt das Jugendkulturzentrum von einem «moralischen Dilemma», dem man mit bestem Wissen und Gewissen begegnen will.

Das Zentrum äussert aber auch Kritik: «Kommunikation und Verhalten der Behörden verunmöglichen das erforderliche Minimum an Planungssicherheit», heisst es weiter. Bei der Politik sei kein «erkennbarer Wille, Verantwortung zu übernehmen», vorhanden. Deshalb öffnet der Gaskessel erst im neuen Jahr wieder.

 

Nause redet ins Gewissen

An Silvester treffen sich die Leute nicht nur in den Clubs, sondern auch auf den öffentlichen Plätzen. So findet sich gegen Mitternacht immer eine grössere Menschenmenge auf dem Münsterplatz ein. Dies wird auch dieses Jahr möglich sein. Die Stadt sieht davon ab, öffentliche Plätze abzuriegeln.

Sicherheitsdirektor Reto Nause belässt es bei einem «dringenden Appell» an die Bevölkerung, die Regeln und Schutzmassnahmen einzuhalten. Nur mit dringlichen Worten ist es dann aber doch nicht gemacht: «Wie immer an Silvester wird die Polizei im öffentlichen Raum patrouillieren.»

Stichwörter: Silvester, Kanton Bern, Party

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