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Grosser Rat

Prêles wird als Gefängnisstandort geprüft

Das leerstehende Jugendheim auf dem Tessenberg soll als Ersatz für das marode Regionalgefängnis Biel abgeklärt werden – auch wenn die Infrastruktur nicht für den Strafvollzug geeignet ist.

Philippe Müller (FDP) Justiz- und Polizeidirektor. Bild: Raphael Moser

Chantal Desbiolles

War der Investitionsfonds letzte Woche das «Filetstück», das sich der Grosse Rat nicht schmecken lassen wollte, so liess er sich gestern drei «Medaillons» servieren. Zwar ist auch der Masterplan zur Justizvollzugsstrategie ein fleischiges Stück mit 580 Millionen Franken an Investitionen. Doch das Kantonsparlament nahm die strategische Grundlage zustimmend zur Kenntnis und bestätigte damit den Kurs des kantonalen Strafvollzugs. In drei Stücken ist dieser Brocken ja auch besser verdaulich.

Das erste Stück: Das desolate Regionalgefängnis Biel soll durch einen Neubau mit 250 Plätzen im Berner Jura oder im Seeland abgelöst werden. Der Grosse Rat will dabei prüfen lassen, ob der Standort des leer stehenden Jugendheims Prêles dafür infrage kommt.

Als Landreserve ist Prêles für Justizdirektor Philippe Müller (FDP) «eine mögliche strategische Option». Er sagte aber auch, dass die Infrastruktur nicht für den Straf- und Massnahmenvollzug nutzbar sei. Also wird ohnehin ein Neubau nötig. Eine kürzlich für 38 Millionen Franken sanierte Liegenschaft abreissen, um Platz zu schaffen, oder doch lieber weiterhin 200 000 Franken jährlich an Unterhaltskosten für ungenutzte Infrastruktur berappen? Eine Frage, die das Kantonsparlament lieber später als früher beantwortet.

Der zweite Happen: Ist der Neubau fertig, so kann das Regionalgefängnis Biel geschlossen werden. Gleichzeitig werden jene in Bern, Burgdorf und Thun instand gehalten. Vorgesehen ist in Thun auch ein Anbau mit 80 Plätzen. Auch die Einrichtung in Moutier soll weiterbetrieben werden.

Auf die lange Bank geschoben wurde der Thorberg. Erst wenn die anderen Happen geschluckt und verdaut sind, soll die Frage nach der Zukunft der Justizvollzugsanstalt im Krauchthal beantwortet werden. Möglich sei, dass der Thorberg – der dritte Mundvoll – über 2030 hinaus betrieben werde, so Müller.

Wider- und Ansprüche

Kritisiert wurde im Rat, dass der Masterplan nicht übereinstimmt mit der vorangehenden Justizvollzugsstrategie. Sanieren statt neu bauen gilt auch für die Frauenstrafanstalt Hindelbank sowie die Anstalten St. Johannsen und Witzwil. Thomas Gerber (Grüne, Hinterkappelen) und Tom Gerber (EVP, Reconvilier) wollten ihn daher zurückweisen. Er erfülle die Ansprüche an ein Planungsinstrument nicht, argumentierte Letzterer. Sie vermissten Aussagen zur Zukunft der JVA Thorberg und Prêles, zu den benötigten Plätzen in Hindelbank oder Angaben zu den Vollkosten. Die Grünen unterstützten die Rückweisung, weil sie «grundsätzliche Widersprüche» sowie «wesentliche Mängel» orteten. Die Erfahrungen mit dem Jugendheim Prêles und die Erkenntnisse daraus seien nicht in die Strategie eingeflossen, monierte Hasim Sancar (Bern).

Zwar stellten auch andere Grossräte diese Differenzen fest. Doch man wolle «itze fahre», wie sich SVP-Sprecher Thomas Knutti (Weissenburg) ausdrückte. Und einige sahen in den Unterschieden Vorteile. «Uns gefällt, dass der Masterplan vorsichtig formuliert ist», stellte Barbara Streit (Bern) als EVP-Sprecherin fest. Die GLP sicherte Justizvorsteher Philippe Müller und Amtsleiterin Romilda Stämpfli, unter deren Ägide der Masterplan entstanden ist, einen Vertrauensvorschuss zu. «Es gibt Situationen, da muss man manchmal investieren, um zu sparen», erklärte Thomas Brönnimann (Mittelhäusern). Wie die EVP verwies die GLP darauf, dass die Betriebskosten langfristig stärker ins Gewicht fallen als Investitionskosten.

Die Medaillons garnierte der Rat mit allerlei Beigemüse: einem Dutzend Planungserklärungen der Sicherheitskommission wie jener, Prêles als Standort abzuklären. Gut möglich, dass dieser Bissen ungeniessbar sein wird.

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