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Steuersenkung

Protest der Gemeinden bleibt leise

Der Brief ging gestern an alle Gemeindepräsidenten im Kanton: Sechs Exekutivmitglieder wollen ihre Kollegen für die geplante Steuersenkung sensibilisieren. Ein klares Statement fehlt aber.

So machen die Parteien Stimmung: Die Abstimmungsprospekte der Gegner und Befürworter der Steuergesetzrevision. Bild: Nicole Philipp

Sandra Rutschi

Sie waren ein Motor im Abstimmungskampf gegen die nationale Unternehmenssteuerreform (USR) III: In einem Komitee wehrten sich Städte und Gemeinden vehement gegen drohende Steuerausfälle. Auch im Kanton Bern wurde die USR III daraufhin deutlich abgelehnt. Am 25. November entscheiden die Berner Stimmberechtigten erneut über eine Steuersenkung für Firmen. Wie bei der USR III kommt das Vorhaben an die Urne, weil die Linken das Referendum ergriffen. Und wie damals melden sich nun auch Gemeinden zu Wort.


Silvia Steidle ist dabei
Allerdings tun sie dies wesentlich zahmer als vor zwei Jahren bei der USR III. Sechs Exekutivmitglieder aus sechs Gemeinden haben am Montag einen Brief an alle Gemeindepräsidenten des Kantons verschickt. Ein klares Votum, dass sich die Unterezeichnenden gegen die Steuergesetzrevision stellen, fehlt darin allerdings. Ebenso wie eine Abstimmungsempfehlung. Unterzeichnet ist der Brief von Michael Aebersold (SP, Finanzdirektor Stadt Bern), Silvia Steidle (FDP, Finanzdirektorin Biel), Urs Graf (SP, Gemeindepräsident Interlaken), Stefan Berger (SP, Stadtpräsident Burgdorf), Patrick Tanner (ARC, Gemeindepräsident Saint-Imier) und Roland Matti (FDP, Stadtpräsident La Neuveville).

Es sei klar, dass die Steuerausfälle ohne weitere Kompensation negative Auswirkungen für viele Städte und Gemeinden haben würden, steht im Brief. «Wir gelangen deshalb noch vor der Referendumsabstimmung an alle Gemeinden im Kanton Bern mit dem Ziel, sie über die Auswirkungen zu informieren und aufzuzeigen, welche Forderungen die Gemeinden gegenüber dem Kanton stellen sollten.» Die Unterzeichnenden fordern primär einen Marschhalt nach der Abstimmung vom 25. November, um die Auswirkungen für die Gemeinden in einer Arbeitsgruppe aus Vertretern des Kantons und der Städte und Gemeinden im Detail anzuschauen.


Zu unterschiedlich betroffen
Hinter den Unterzeichnenden steht nicht immer die ganze jeweilige Gemeindeexekutive: Urs Graf zum Beispiel macht klar, dass seiner Unterschrift kein Gemeinderatsbeschluss vorausgegangen sei. Er unterzeichne lediglich als Grossrat und als Gemeindepräsident. Dass kein klares Votum mehrerer Gemeinden gegen die Steuersenkung zustande kam, dürfte vor allem die Städte Bern und Biel enttäuschen. Sie haben sich stets gegen die Vorlage engagiert. «Die Gemeinden sind unterschiedlich betroffen», begründet die Bieler Finanzdirektorin Silvia Steidle den relativ schwachen Support. «Und einige werden wahrscheinlich die Steuerausfälle mit den Mehreinnahmen aus der Neubewertung der Liegenschaften wettmachen können.»Bei der USR III wehrte sich zum Beispiel auch die Gemeinde Ittigen. Nun fehlt aber die Unterschrift von Gemeindepräsident Marco Rupp (BVI) unter dem Brief. «Wir sind in vielem einer Meinung wie die Unterzeichnenden, anerkennen aber den Handlungsbedarf, den der Kanton punkto Unternehmenssteuern hat», sagt er. Die Steuersenkung sei nötig – auch wenn es Ittigen negativ treffe.

«Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir bereits jetzt eine breite Front gegen diese Vorlage zustande gebracht hätten», sagt der Berner Finanzdirektor Michael Aebersold. Er versteht den Brief als ein Wachrütteln der Gemeinden. «Es ist wichtig, dass wir nach der Abstimmung nicht einfach mit Steuersenkungen für Unternehmen weiterfahren.» Er spricht damit in der Steuerstrategie vorgesehene Steuersenkungen an. Die Vertretung der Gemeinden ist der Verband Bernischer Gemeinden. Der Verband könne keine Stellung beziehen zu einem Geschäft, von dem seine Mitglieder so unterschiedlich betroffen seien, sagt Präsident Daniel Bichsel (SVP). Der Dialog sei ihm wichtig. Allerdings sei dieser bereits im Gang, die betroffenen Gemeinden haben sich mit Finanzdirektorin Beatrice Simon (BDP) und Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP) getroffen.

Das betont auch Beatrice Simon. «Mich erstaunt die Forderung, weil wir bereits im Gespräch sind. Aber offenbar ist dieser Brief so kurz vor dem Urnengang eine neue Art, Abstimmungskampf zu führen.»

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