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Titelgeschichte

So transparent sind Berner Politiker

Die Transparenz-Vorlage zeigt in der Stadt Bern Wirkung, noch ehe am Sonntag über sie abgestimmt wird. 
Die Parteien und Kandidierenden geben freimütig Auskunft zu ihren Budgets – mit wenigen Ausnahmen.

Ein Wahlkampf kann ganz schön ins Geld gehen: Michael Aebersold (SP) und Marieke Kruit (SP), Franziska Teuscher (GB) sowie Alec von Graffenried (GFL) vom Rot-Grün-Mitte-Bündnis beim Auftaktanlass von letzter Woche. Bild: Raphael Moser

Lea Stuber

Sie wünschten sie sich alle, bedauern Politikerinnen und Politiker von links über die Mitte bis rechts. Doch sie haben, leider, keine Spende von über 5000 Franken für ihren Wahlkampf erhalten. Da geht es Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) nicht anders als Stadträtin Marieke Kruit (SP), dem Polit-Neuling Claudio Righetti (BDP) oder Stadträtin Marianne Schild (GLP).

Die grösste Spende betrage 1000 Franken, schreibt zum Beispiel Schild: «Sie stammt von meiner Mutter und ihrem Partner.» Die meisten Spenden würden zwischen 10 und 100 Franken betragen, gibt Alt-Nationalrat Thomas Fuchs (SVP) an. Würde ihm jemand mehr als 5000 Franken spenden, würde er diese Person «zu einem feinen Nachtessen mit mir im Restaurant Kleefeld einladen», schreibt er.

Wenn sie noch eine Spende von über 5000 Franken erhalten würden, dann würden sie diese – wie es die Transparenz-Initiative vorsieht, über die am 27. September abgestimmt wird – offenlegen, natürlich. Das schreiben die Kandidierenden weiter.

Nicht mehr hypothetisch mit der Frage nach Transparenz müssen sich Stadtrat Bernhard Eicher (FDP) sowie Rechtsanwältin Simone Richner (JF) befassen. Denn: Sie beide haben Spenden von mehr als 5000 Franken erhalten. Eicher zwei, Richner eine. Von wem denn?

Er würde den Namen dann bekannt geben, wenn eine Spende mehr als 20 Prozent seines Budgets ausmachen würde. Das sei bisher nicht der Fall, schreibt Eicher. Bei seinem Budget von über 100 000 Franken würde dies einer Spende von mindestens 22 000 Franken entsprechen.

Die Spenderin, die Richner mehr als 5000 Franken bezahlt hat, möchte öffentlich nicht genannt werden, schreibt Richner. «Diesen Entscheid respektiere ich.»

Für ihren Wahlkampf erhalten die meisten Gemeinderatskandidierenden kein Geld von ihrer Partei. Ausnahme sind die beiden SP-Kandidierenden, der amtierende Finanzdirektor Michael Aebersold und Marieke Kruit, die für ihren gemeinsamen Wahlkampf von der SP 22 000 Franken erhalten.

Gemeinsamer Wahlkampf wird unterstützt

Die anderen Parteien unterstützen lediglich den gemeinsamen Gemeinderatswahlkampf ihres jeweiligen Bündnisses, sei es Rot-Grün-Mitte (Budget: 92 500 Franken), die Mitte-Liste (96 000 Franken) oder das Bürgerliche Bündnis (100 000 Franken). Zum Wahlbudget von RGM steuert die SP 45 000 Franken bei, das GB und die GFL zahlen je 7500 Franken.

Die Hälfte für das Wahlkampfbudget der Mitte-Liste tragen die Parteien CVP, GLP, BDP und EVP sowie die Kandidierenden. 50 000 Franken stammen vom Hauseigentümerverband, wie Gabriela Blatter, Co-Präsidentin der GLP, schreibt.

Nicht nur die Hälfte, sondern gar den grössten Teil des Budgets steuern die Stadtberner Wirtschaftsverbände beim Bürgerlichen Bündnis bei – sie zahlen 70 000 Franken. 10 000 Franken kommen von der SVP, kein Geld stammt «wie seit vielen Jahren» von der FDP, wie Präsident Christoph Zimmerli schreibt. Kandidat Eicher zahlt 10 000 Franken, Kandidatin Richner 4000.

Teuscher mit viel
eigenen Mitteln

Insgesamt machen die Spenden, klein portioniert, den grössten Teil der Budgets aus, die die Gemeinderatskandidierenden für ihren Wahlkampf zur Verfügung haben. Ausnahme ist Gemeinderätin Franziska Teuscher (GB): Sie gibt an, den grössten Teil ihres Wahlkampfbudgets mit eigenen Mitteln zu finanzieren (siehe Text auf Seite 22). Sie gehe, schreibt Teuscher, davon aus, dass die Spenden wie bis anhin maximal zehn Prozent des Budgets ausmachen werden, «da ich keine Spenden von Verbänden oder Interessengruppen erhalte». Bei einem angestrebten Budget von 70 000 Franken würde das 7000 Franken entsprechen. Das restliche Geld, also über 60 000 Franken, wird sie aus eigenen Mitteln beisteuern.

Claudio Righetti (BDP) und Thomas Fuchs (SVP) werden, sollten die Spendeneinnahmen kleiner als erwartet bleiben, die Differenz zu den Kosten mit eigenen Mittel decken. Righettis Wahlkampagne gestalte sich «flexibel», wie er angibt. Er wird zwischen 50 000 und 80 000 Franken ausgeben, voraussichtlich gut die Hälfte wird er von seinen persönlichen finanziellen Mitteln beisteuern. Das grösste Wahlkampfbudget haben mit je 110 000 Franken Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) und Stadtrat Bernhard Eicher (FDP). Bei von Graffenried kommt sein Beitrag an den gemeinsamen Wahlkampf von RGM hinzu, an diesen zahlt die GFL die Hälfte. Mit 90 000 Franken erwartet von Graffenried so viele Spendeneinnahmen wie niemand anderes.

Allerdings: Die Spendensammlung scheint harzig zu verlaufen. Vergangene Woche verschickte der Stadtpräsident per Mail einen Spendenaufruf, in dem er verriet, dass er sein Spendenziel erst zur Hälfte erreicht hat. Er formulierte es so: «Bisher konnte ich gut die Hälfte meines Budgets sammeln, das ist eine gute Basis.»

Die bisherigen Gemeinderäte Reto Nause (CVP) und Michael Aebersold (SP) bleiben mit ihren Wahlkampfbudgets deutlich unter denjenigen von Teuscher und Von Graffenried. Nause hat ein Budget von etwa 45 000 Franken, «abhängig vom Spendeneingang», wie er schreibt. Er rechnet mit zwei Drittel Spenden und mindestens einem Drittel persönlichen Beiträgen. Aebersold steckt 9000 Franken an eigenen Mitteln in seinen Wahlkampf, hinzu kommen gut 15 000 Franken Spenden.

Aebersolds Parteikollegin, die neu antretende Marieke Kruit (SP), verfügt über ein ähnlich hohes Budget wie Nause und Aebersold. Das Wahlkampfbudget der übrigen vier Kandidaturen bleibt im Vergleich tief. Dazu gehört auch dasjenige von Stadträtin Marianne Schild (GLP).

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