Sie sind hier

Region Bern

Und plötzlich ist die Rente weg

Jahrelang haben IV und Suva dem jungen Mann eine Rente finanziert. Doch neuerdings bleibt ihm davon nur noch ein kleiner Rest.

IV und Suva halten einen 39-Jährigen für weitgehend genesen – und strichen seine Rente. Bild: Keystone

von Stephan Künzi

«Ich bin gesundheitlich kaputt», sagt der 39-jährige Mann. 16 Jahre sind bereits vergangen, seit jenem verhängnisvollen Tag Mitte April 1998, der sein Leben auf den Kopf stellen sollte. Eigentlich wollte er nur einem Verunfallten zu Hilfe kommen, als es passierte: Ein herbeibrausendes Polizeiauto kam auf der winterlich verschneiten Autobahn im Baselbiet ins Schleudern und prallte in ihn und die anderen, die helfen wollten. Er wurde dabei so schwer verletzt, dass in der Folge monatelange Aufenthalte in Spitälern und Rehabilitationskliniken nötig waren.

Plötzlich weniger invalid

enigstens finanziell war für ihn weiter gesorgt. Die Invaliden(IV) und die Unfallversicherung (Suva) anerkannten den gesundheitlichen Schaden und zahlten ihm fortan Rente. Der Mann aus der Region Bern, der aus Rücksicht auf seine Familie nicht mit Namen in der Öffentlichkeit erscheinen will, galt zu 100 Prozent als invalid.

Doch unvermittelt ist das anders. Schon länger war er auf den Radar der IV geraten, zweimal hatte er sich einer intensiven ärztlichen Begutachtung unterziehen müssen. Vor anderthalb Monaten teilte ihm die Versicherung mit: Auf Anfang Mai wird seine Invalidität auf 20 Prozent zurückgestuft, Damit zahlt die IV statt der bisherigen vollen Rente in Zukunft gar nichts mehr. So, wie es bei einem derart kleinen Invaliditätsgrad gesetzlich vorgegeben ist.

In der Folge wurde auch die Suva aktiv. Sie kam ebenfalls zum Schluss, dass der Mann zu einem guten Teil wieder arbeitsfähig sei. Ihren Entscheid stützte sie auf die Unterlagen der IV ab, die sie um Abklärungen eines eigenen Arztes noch ergänzt hatte. Allerdings ging sie nicht ganz so weit und reduzierte den Invaliditätsgrad nur auf 25 Prozent. Gemäss ihren Regeln richtet sie weiter eine Rente in diesem Umfang aus, gibt aber immer noch deutlich weniger Geld aus als bisher.

Eigentlich entschädigt

Der Mann gibt offen zu erkennen, wie sehr ihm die beiden Entscheide zu schaffen machen. Nicht allein deshalb, weil er seiner Beschwerden wegen seinen Gesundheitszustand ganz anders einschätzt als die Ärzte von IV und Suva. Die Sache will ihm auch umso mehr nicht in den Kopf gehen, als er die beiden Versicherungen für ihre Aufwände entschädigt weiss.

Und tatsächlich: IV wie Suva haben auf die Haftpflicht der verantwortlichen Baselbieter Polizei zurückgegriffen und sich das voraussichtlich notwendige Rentenkapital auszahlen lassen.

Ob IV und Suva mit ihren Kürzungen am Ende sogar ein gutes Geschäft machen? Zumindest im Fall der IV ist klar, dass trotz jahrelanger Rentenzahlungen noch immer ein paar 100 000 Franken von diesem Kapital übrig sind. Doch die Fachleute bei den beiden Versicherungen und auch beim Bundesamt für Sozialversicherungen als Aufsichtsbehörde halten fest: Dieser Mechanismus ist vom Gesetz so gewollt. Immerhin kann es ja auch sein, dass in solchen Regressfällen die vereinbarte Summe nicht ausreicht. Gerade bei jüngeren Leuten, bei denen bis zum Pensionsalter noch mehrere Jahrzehnte finanziert werden müssen – dazu kommt, dass die Ärzte auch mal zur Überzeugung kommen können, dass sich der Gesundheitszustand eines Versicherten verschlechtert und dann höhere Zahlungen fällig werden.

Nun bei der Sozialhilfe

Einfach so will der Mann das Verdikt nicht hinnehmen. Er hat gegen IV und Suva juristische Schritte eingeleitet. Damit ist der letzte Entscheid zwar noch nicht gefallen, trotzdem brechen die härteren Zeiten schon heute an: Weil beiden Verfahren die aufschiebende Wirkung entzogen worden ist, stellen die Versicherungen ihre Zahlungen bis auf den kleinen Suva-Rest ein. Deshalb hat er bereits auf seiner Gemeinde um Sozialhilfegeld nachgefragt.

 

Stichwörter: Gern, IV, Suva, Rente, Sozialhilfe

Nachrichten zu Kanton Bern »