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Überwachung

Was bringt das Scannen von Nummernschildern?

Die Kantonspolizei Bern weitet den Einsatz von Autonummern-Scannern zu Fahndungszwecken aus.

Symbolbild: Keystone

Drei Männer überfallen in der Stadt Bern einen Juwelier. Die Bande flüchtet in ein wartendes Fahrzeug und braust davon. Ein Passant notiert sich das Autokennzeichen und informiert die Polizei. Wenig später geht bei der Kantonspolizei ein Alarm ein. Die Flüchtigen wurden beim Grauholz auf der A1 lokalisiert. Nicht von einer Polizeipatrouille, sondern von einem fix installierten Autonummern-Scanner. Umgehend rückt eine Polizeistreife aus und nimmt die Verfolgung auf.

Ein solches oder ähnliches Szenario könnte sich seit dieser Woche tatsächlich abspielen. Denn die Kantonspolizei hat drei stationäre Autonummern-Scanner angeschafft, welche ab sofort im Rahmen eines Pilotprojekts im Einsatz stehen. Wo genau, behält sie natürlich für sich. Die Geräte sollen ausschliesslich zu Fahndungszwecken eingesetzt werden, wie die Polizei in ihrer Medienmitteilung festhält.

75 000 Franken kostete die Anschaffung der drei Scanner – das Ganze wurde vom Regierungsrat abgesegnet. Das Pilotprojekt dauert bis nächsten März.

 

Seit sechs Jahren im Einsatz

Und so funktioniert das Ganze: Die Scanner erfassen die Kontrollschilder und gleichen diese in Sekundenbruchteilen mit Datenbanken ab – unter anderen mit dem nationalen Fahndungssystem Ripol. In den Datenbanken sind neben gestohlenen Fahrzeugen auch Fahrzeughalter gespeichert, denen der Führerausweis entzogen wurde. Ausländische Nummern sind ebenso gespeichert. Stösst der Scanner auf einen Treffer, schiesst er ein Bild des Wagens samt Lenker und übermittelt es der Polizeizentrale.

Mit ihrer jüngsten Anschaffung ist die Kantonspolizei Bern mitnichten eine Pionierin. 13 Kantone setzen auf das automatisierte Scannen von Nummern­schildern. Die Zollverwaltung benutzt die Technik ebenso, ganze 300 Scanner setzt sie in Grenzgebieten ein. Auch in Bern ist die Technik nicht neu. Schon 2015 wurden fünf Scanner angeschafft und später auf sieben erhöht. Dabei handelt es sich jedoch um Geräte, die in Dienstfahrzeugen eingebaut sind und bei Patrouillenfahrten zum Einsatz kommen.

Sind solche mobilen Scanner nicht praktischer, weil die Patrouille bei einem Treffer die Verfolgung sofort aufnehmen kann? Grundsätzlich ja, heisst es bei der Polizei, doch da Patrouillen im ganzen Kantonsgebiet unterwegs seien, «können diese durch die Einsatzzentralen schnell und effizient für eine ­Anhaltung disponiert werden». Dass für den Betrieb keine Polizisten benötigt werden und dass eine permanente Überwachung möglich sei, sind für die Polizei die Vorzüge der stationären Scanner.

Das Beispiel mit dem Aufspüren einer Diebesbande dürfte allerdings eher die Ausnahme bilden. Laut Kantonspolizei waren die Erfolge in der Vergangenheit grösstenteils Ripol-Treffer wegen Fahrens ohne Versicherungsschutz oder wegen Kontrollschilddiebstahl. Die Anzahl Treffer seit der Einführung nennt die Polizei mangels statistischer Daten nicht.

 

Rüffel für Thurgau

Neue Geräte zur Überwachung bergen immer auch Gefahr, gegen den Datenschutz zu verstossen. Vor zwei Jahren pfiff das Bundesgericht den Kanton Thurgau zurück, wo seit 2012 Scanner im Einsatz gestanden hatten. Es fehle die gesetzliche Grundlage, bemängelte das Gericht aufgrund einer Beschwerde. Daraufhin mussten die Geräte abgeschaltet werden. Daran hat sich bis heute nichts geändert, heisst es bei der Kantonspolizei Thurgau auf Anfrage. Eine Anpassung im Polizeigesetz sei derzeit in Arbeit.

In Bern soll jedoch alles ­rechtskonform sein. Der entsprechende Passus ist im neuen Polizeigesetz verankert. Auch der Datenschutzbeauftragte des Kantons befand das Pilotprojekt in der vorliegenden Form als datenschutzkonform. Massgeblich dazu beigetragen hat die Tatsache, dass die Daten nur bei einer Übereinstimmung mit einer Fahndungsdatenbank erfasst werden. Michael Bucher

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