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Sommer

Wer in der Aare badet, muss vorsichtig sein

Am Wochenende mussten zahlreiche Personen, die in Not geraten sind, aus der Aare gerettet werden. Die Abflussmenge ist hoch, schwimmen und «böötle» sind anspruchsvoll.

Symbolbild: Keystone

Christian Häderli

Rechtzeitig zum Sommerferienstart kletterten die Temperaturen am vergangenen Wochenende auf hochsommerliche Werte. Da die Aare derzeit angenehme 18 Grad aufweist, wagten sich in Bern viele Badehungrige in den Fluss. Die Wiesen im Eichholz und im Marzili etwa waren gut gefüllt, Hunderte Leute kühlten sich im Fluss ab oder begaben sich auf Bootstour.

Wer sich aber während der letzten Tage an oder in der Aare aufgehalten hat, der weiss: Der Fluss führt derzeit sehr viel Wasser. 225 Kubikmeter flossen etwa gestern Mittag pro Sekunde an der Messstation Schönau vorbei, am Samstag waren es gar mehr als 240 Kubikmeter pro Sekunde.

Zum Vergleich: Ab einer Abflussmenge von ungefähr 200 Kubikmetern pro Sekunde erhöht sich das Risiko für Schwimmer und Böötler. Konkret bedeutet dies, dass das Ein- und Auswassern sowie das Manövrieren schwieriger und die Fliessgeschwindigkeit des Wassers vergleichsweise rasant werden.

 

Drei Personen verletzt

Am Wochenende kam es denn auf der Aare auch zu mehreren heiklen Zwischenfällen: Am Samstagnachmittag gerieten in Bern unterhalb des Lorrainebads drei Gummiboote ins Stauwehr Engehalde. Mehrere Ersthelfer konnten dort gerade noch rechtzeitig fünf Personen aus dem Fluss retten. Eine gerettete Frau sowie eine Ersthelferin wurden verletzt mit einer Ambulanz ins Spital gebracht.

Am Sonntagnachmittag verunfallten zwei Personen an derselben Stelle, als ihr Gummiboot in die Schleusen geriet. Sie konnten sich selbstständig an Land retten, eine der Frauen verletzte sich jedoch und musste ins Spital gebracht werden.

Während des gesamten Wochenendes rückte die Kantonspolizei Bern mehrmals an die Aare zwischen Thun und Bern aus. In mehreren Fällen hatten sich Boote im Schwemmholz oder in Bäumen und Büschen im Uferbereich verfangen. Auch an Brückenpfeilern blieben Boote hängen. Einige Aareböötler gerieten dadurch in Not und mussten von der Seepolizei mit einem Boot aus der Situation befreit und ans Ufer gebracht werden.

Alle Unfälle verliefen zum Glück vergleichsweise glimpflich. Sie zeigen aber auf: Beim Schwimmen und Bootfahren im Fluss ist Vorsicht geboten, insbesondere bei den aktuell hohen Abflussmengen.

 

«Bin ich dem gewachsen?»

Es sei nicht sinnvoll, bei der aktuellen Abflussmenge grundsätzlich vom Schwimmen in der Aare abzuraten, erklärt Philipp Binaghi, Mediensprecher bei der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG). Aber: «Wir bewegen uns jetzt an einem Schwellenwert. Einige gute Schwimmer können mit dieser Situation umgehen, weniger gute Schwimmer sollten den Sprung in den Fluss aktuell unterlassen.» Binaghi appelliert dabei an die Eigenverantwortung: «Wer im Fluss schwimmen will, sollte sich vorher fragen: ‹Bin ich dem gewachsen?›»

Zurzeit sei das Schwimmen und Bootfahren viel anspruchsvoller. «Das Wasser fliesst schneller, dadurch muss man beim Ein- und Ausstieg sowie bei Hindernissen im Wasser auch schneller reagieren und ausweichen können.» Werde man bei dieser Wassermenge etwa mit seinem Boot an einen Brückenpfeiler gepresst, könne das verheerende Folgen haben: «Die Kräfte, die dadurch entstehen, sind enorm», so Binaghi. Weiter verweist der SLRG-Mann auf die Fluss- und Baderegeln. Halte man diese ein, könne ein grosser Teil der Risiken ausgeschlossen oder zumindest gemindert werden.

Eine Frage, die sich viele daheimgebliebene badehungrige Bernerinnen und Berner stellen dürften, lautet: Warum ist die Abflussmenge der Aare derzeit so hoch? «Der Pegel der Aare befindet sich zurzeit auf einem Niveau, das nur leicht überdurchschnittlich ist für diese Jahreszeit», hält Edith Oosenbrug von der Abteilung Hydrologie des Bundesamts für Umwelt fest. Es sei normal, dass die Abflussmenge im Sommer höher sei als im Winter: «Wegen hoher Lufttemperaturen und langer Sonneneinstrahlung schmelzen Schnee und Gletscher im Berner Oberland. Dadurch steigen der Thunersee und dessen Seeausfluss an, was sich unmittelbar auf die Abflussmenge der Aare auswirkt.»

Weitere mögliche Faktoren seien Niederschläge und Gewitter mit Starkregen, wie sie in den letzten Tagen aufgetreten seien, sowie die Regulierung des Thunersees mittels Schleuse.

Info: Weiterführende Tipps zum Baden in der Aare sind unter dem Direktlink www.bern.ch/themen/sicherheit/pravention/aare-you-safe zu finden. Die SLRG rechnet aufgrund der Coronakrise mit mehr Leuten an unbeaufsichtigten Gewässern.

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