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Kommentar

Zwar knapp, aber kein Zufall: Moutier bleibt konsequent

Kommentar von Chefredaktor Bernhard Rentsch zur Abstimmung in Moutier.

Bernhard Rentsch
  • Dossier

Von Bernhard Rentsch

Adieu Moutier. Der «Moutex» ist Tatsache. 137 Stimmen haben nach einem hektischen und emotional geführten Abstimmungskampf den Ausschlag gegeben, dass die grösste bern-jurassische Gemeinde den Kanton wechselt. Es waren bei einer Stimmbeteiligung von 88 (!) Prozent 51,7 Prozent dafür. Im Sport würde man von einem Unentschieden sprechen. Das gibt es in der Politik nicht. Auch wenn das Ergebnis nicht glasklar ist – um es in den Worten des scheidenden Bundesrats Didier Burkhalter auszudrücken –, so ist es doch eindeutig. Mögen es die Verlierer auch als solches akzeptieren.

Was am 24. September 1978 mit dem helvetischen Ja zum Kanton Jura begann, wird nun mit dem gestrigen Tag für Moutier abgeschlossen. Eine jahrzehntelang geführte Diskussion wird verstummen, der Wunsch der Mehrheit wird umgesetzt. Was immerhin einer gewissen Konsequenz entspricht: Noch nie war Moutier in den letzten Jahren an der Urne mehrheitlich pro-bernisch. Wer meinte, dass die Berntreuen nur etwas weniger stimmfreudig sind, sieht sich seit gestern eines Besseren belehrt: Es soll niemand von einem Zufallsresultat sprechen. Jede einzelne Stimme wurde gezielt abgegeben.

Ob sich die Emotionen nun beruhigen, ob die Nachbarschafts-Anfeindungen nun korrigiert werden und ob man in eine gemeinsame (neue) Zukunft blickt? Es ist zu hoffen. Alles andere wäre ein Gezwänge, dass von der Restschweiz nicht mehr akzeptiert würde. Ein eigener Kanton – und dann kann jede Gemeinde im Berner Jura noch selber bestimmen, wohin sie gehören will. Was will man mehr – noch mehr Demokratie à discretion gibt’s nicht. Der Fleck Moutier ist zu klein, um sich weiter gross aufzuspielen. Es warten Hausaufgaben, die besser gemeinsam angepackt werden. Denn in der Realität wird es noch einige Jahre dauern, bis sich jeder in Moutier über ein neues Nummerschild am Auto freuen oder ärger kann. Es gilt Fragen betreffend Steuerregelungen, betreffend Schul- und Ausbildungssystemen sowie im Gesundheitswesen zu klären. Es ist nicht damit getan, dass man sich in Moutier nur über die konsequente Anwendung der französischen Amtssprache freut.

Für die Romands in Biel und im Rest des Kantons ist der Verlust ihrer confrères bedauerlich. Die französischsprachige Minderheit wird weiter geschwächt. Aber wie immer: Stärken und Schwächen, Chancen und Gefahren. Biel wird eine noch stärkere Rolle in diesem «Kampf» einnehmen müssen – der Rest des Kantons wird noch mehr in die Pflicht genommen. Gerade all diejenigen, die gestern etwas heuchlerisch das Ergebnis in Moutier bedauert, sich aber vorher in keinster Weise engagiert haben. Vielleicht wird das Bewusstsein im Kanton, über zwei Amtssprachen zu verfügen, gar noch etwas gestärkt. Es würde dem verklemmten Zugang zur französischen Sprache guttun.

Kommentare

brentsch

Besten Dank - gerne nehmen wir auch positive Feedbacks auf.


Biennensis

Das ist ein sehr guter Kommentar zur gestrigen Abstimmung, Herr Rentsch.


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