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Regionalgericht

Zwei Polizisten wurden verurteilt

Zu Boden gedrückt, durch den Urin geschleift und die Jacke des Angehaltenen in die Pfütze gelegt. Zwei Berner Polizisten sind gestern wegen Amtsmissbrauchs verurteilt worden.

Symbolbild: bt/a

von Sibylle Hartmann

«Es ist nicht einfach, zwei gestandene Polizisten wegen Amtsmissbrauchs zu verurteilen.» Mit diesen Worten eröffnete die Einzelrichterin Bettina Bochsler am Mittwochnachmittag die Urteilsbegründung. Wofür die beiden Männer verurteilt wurden, wiegt allerdings schwer: Nach der Überzeugung des Regionalgerichts Bern-Mittelland war es eindeutig eine Tätlichkeit gewesen, als der eine Polizist am 1.Februar 2014 einen betrunkenen und unter Drogen stehenden Mann auf der Bahnhofswache zu Boden gedrückt und durch dessen Urin geschleift hatte. «Das kann sogar als Quälen und Misshandeln bezeichnet werden», so Bochsler. Dieselben Worte wählte sie beim Schuldspruch des anderen Polizisten, der die Jacke des Opfers in die Urinlache hatte fallen lassen. Letzterer wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 4000 Franken, sein Kollege zu 8800 Franken verurteilt. 

Polizeipraktikantin als Zeugin 

Von den weiteren Vorwürfen wegen Amtsmissbrauchs und einfacher Körperverletzung, als der Privatkläger ein zweites Mal zu Boden gedrückt und dabei verletzt worden war, sprach das Gericht die beiden jedoch frei. Die Richterin glaubte ihnen, dass sie sich bedroht gefühlt hatten. 

Brisant an der ganzen Geschichte ist der Umstand, dass es sich bei der Zeugin um eine Polizeipraktikantin handelt. Der Anwalt des einen Polizisten sprach in seinem Plädoyer von einer Polizistin, die ihren Kollegen in den Rücken fällt. Sie habe als Aspirantin frisch ab Polizeischule die Situation gar nicht richtig einschätzen können. Das liess die Einzelrichterin so jedoch nicht gelten. Sie habe zwar bei ihren Aussagen effektiv einige Fehleinschätzungen gemacht, wie etwa bei den Gründen für die Anhaltung. Aber da es sich um eine reine Einschätzung eines Sachverhaltes gehandelt habe, könne ihre Unerfahrenheit nicht als Begründung für eine Fehlinter-Zwei Polizisten wurden verurteilt pretation herangezogen werden. Zudem hätten sich die Aussagen der Zeugin bezüglich der Urinpfütze mit denjenigen des Opfers weitgehend gedeckt. So etwa die Beschreibung, dass der Angehaltene als Putzlappen benutzt worden sei. «Woher sollte sie das wissen? Sie hatte ja keine Akteneinsicht», sagte die Richterin und wurde zwischenzeitlich sogar richtig laut. Währenddessen seien die Aussagen der Polizisten diesbezüglich weder nachvollziehbar noch einheitlich gewesen, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung.

 

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