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Fussball vs. Kultur

«Einige Leute halten Fussball für eine Sache von Leben und Tod», sagte der schottische Fussballtrainer Bill Shankly 1981, «ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es viel ernster ist.»

Tobias Graden
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Christian Streich sieht dies anders. Er ist zwar auch Fussballtrainer, und derzeit erst noch ein erfolgreicher. Sein SC Freiburg liegt derzeit auf Rang 4 in der deutschen Bundesliga und nimmt Kurs Richtung Champions League.
 
Aber der Fussball ist für Christian Streich nicht das Mass aller Dinge. Er ist bekannt dafür, an Pressekonferenzen auch mal politische Aussagen zu machen oder das Fussballbusiness zu kritisieren. So prangerte er kürzlich die Übernahme des englischen Clubs Newcastle United durch saudische Investoren an. Da seien Personen dabei, die in schwere Menschenrechtsverletzungen involviert seien: «Da muss ich sagen, wenn die Leute damit ein Problem haben, dann kann ich mich zu diesen Leuten dazuzählen.» Und während die Teppichetage der Bayern sich eine Diskussion über das Sponsoring Katars verbittet, äussert sich Streich zu Themen wie der Flüchtlingsproblematik, zur Ausländerfeindlichkeit, zum Erstarken der AfD, zur Impfdebatte.
 
Und kürzlich, da äusserte sich Streich zu … Biel. Schon seit Monaten habe er gesehen, dass der in Biel spiele, so Streich in seinem breiten süddeutschen Dialekt. Den Namen nannte er nicht – aber es ging nicht um einen Fussballer, sondern um einen «grossartigen Gitarristen». Dieser sei auch nicht mehr ganz jung, und Streich hatte gehofft, dass er dessen Konzert in Biel, in der Schweiz, besuchen könne. Doch die DFL, die Deutsche Fussball Liga, hat was dagegen. Sie setzte nämlich das Auswärtsspiel der Freiburger in Mönchengladbach auf den Sonntag, 17.30 Uhr an. Eine halbe Stunde später beginnt das Konzert in Biel. Das wird also etwas eng, und beim Spiel der eigenen Mannschaft kann der Trainer natürlich nicht fehlen. Anders wäre es gewesen, so Streich, wenn er zwischen dem Besuch eines Champions-League-Spiels oder des Konzerts hätte wählen können: «Da weiss ich ganz genau, wo ich hingegangen wäre, und zwar nach Biel.»
 
Für Marc Ribot’s Ceramic Dog im «Le Singe» ist also wieder ein Billett frei. Ob Ribot seinerseits für den SC Freiburg schwärmt, ist nicht bekannt.
 
Tobias Graden, Leiter Wirtschaft und Kultur
Stichwörter: Übrigens, Kommentar, Kultur, Raus

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