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Biel

Stiller Has reservieren ein Jahr im Voraus

Morgen startet die neue Saison im Le Singe. Veranstalter Daniel Schneider kann bei der Programmation von seiner 30-jährigen Erfahrung profitieren. Sein Ziel: ein Club mit überregionaler Ausstrahlung.

Nik West, exzellente Bassistin mit Neigung zum exzentrischen Auftritt, spielt am 8. Oktober im Le Singe. zvg
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Tobias Graden

Wenn Daniel Schneider an einem Tisch vor dem Le Singe sitzt, hebt er etwa jede Minute einmal die Hand zum Gruss und wechselt ein kurzes Wort mit den Menschen, die vorbeigehen. In der Altstadt kennt man sich, Schneider kennt Biel, die Bielerinnen und Bieler kennen Schneider. Und wenn der Gitarrist Marco Figini vorbeiradelt, entspinnt sich folgender kurzer Dialog:Schneider: «Du kommst im Januar!» «Das weiss ich ja gar nicht.» «Mit Hendrix Cousins.» «Ach so, ja, wir haben eine coole Band.»

Daniel Schneider startet dieser Tage mit dem Le Singe in die zweite volle Saison, seit er mit Chantal Emmenegger Lokal und Club übernommen hat. Er hat sich Ziele gesetzt: Während der Club in der Saison 2015/2016 rund 8000 Besucher verzeichnete, sollen es nun 10000 sein. Dass es einen gewissen Schnauf braucht, den Club zu etablieren, war Schneider bei der Rückkehr in seine Heimatstadt bewusst. «Biel ist nicht einfach, aber das wusste ich», sagt er. Die Zweisprachigkeit verkleinert je nach Künstler den Markt, Schneider erwähnt aber auch die «jahrzehntelange Tiefpreispolitik» der Veranstalter:Während in Bern oder Zürich ohne Murren 50 oder 60 Franken für ein Konzert bezahlt würden, runzle man in Biel bei 45 Franken die Stirn.

Bislang ohne Subventionen

Er habe sich nach der anfänglichen Reserviertheit des örtlichen Publikums auch selbstkritisch hinterfragt. «Ich fragte mich, ob es an mir liegt», sagt er, «aber nach den sechs Jahren in Zürich und vier Jahren in Thun komme ich zum Schluss, dass es nicht allein an mir liegen kann.» In Zürich führte er das Moods, den renommierten Jazzclub, in Thun war er für das Kultur- und Kongresszentrum zuständig.

Nach Biel ist Schneider ist gekommen, um zu bleiben. Spätestens am Ende der dritten vollen Saison, also im Frühling 2018, soll das Le Singe eine «Institution von regionaler Bedeutung» im Sinne der Erziehungsdirektion des Kantons Bern sein. Dies hätte zur Folge, dass das Singe mit Unterstützung von Kanton, Standortgemeinde und Gemeindeverband rechnen kann. Es wäre neben der Kufa in Lyss und dem Kreuz in Nidau der dritte Club in der Region, der so gefördert würde – bislang kommt Schneider ohne Subventionen aus, eine Defizitgarantie ist die einzige Zuwendung der öffentlichen Hand.

Wie die Mühle Hunziken

Um das Ziel zu erreichen, braucht das Le Singe eine überregionale Ausstrahlung. «Es soll einen Status erhalten, wie ihn einst die Mühle Hunziken hatte», sagt Schneider. Er macht keinen Hehl daraus, dass er der Meinung ist, auf dem besten Weg dorthin zu sein. Spricht man mit ihm über den Club, fallen ständig Namen namhafter Künstler, die aufgetreten sind, auftreten werden oder dies gerne würden. Stiller Has beispielsweise hätten von sich aus angefragt, mehr als ein Jahr im Voraus, sie werden gegen Ende 2017 zweimal spielen, nachdem ihr neues Album erschienen ist. Seine 30-jährige Erfahrung kommt ihm dabei entgegen, etwa wenn die Berliner Hip-Hopper Puppetmastaz zu einem Auftritt nach Biel kommen, weil ihnen Schneider von Smith &Smart empfohlen werden, mit denen sie gerade im Studio sind – das Konzert war ausverkauft, an einem Montagabend.

Auch das Publikum kommt mittlerweile auch aus Basel, Zürich oder Luzern in die Bieler Altstadt. Kein Wunder, spielen doch manche Künstler ihre beiden Schweizer Konzerte in Zürich – und in Biel. Diese Saison sind das beispielsweise der Jazztrompeter Nils Petter Molvaer oder Nik West, die Funk-Bassistin, die eigentlich mit Prince auf Tour wäre, wenn dieser noch lebte.

Die Programmierung ist dabei stets eine Mischung zwischen Gestalten und Marktdenken, wobei Daniel Schneider mit Bestimmtheit sagt:«Ich veranstalte nur Künstler, hinter denen ich stehen kann. Ich würde nichts alleine des Geldes wegen tun.» Daraus entspringt ein Programm mit grosser stilistischer Breite. Jazz, Pop, World Music, aber auch Rock (die Bieler The Clive) oder Hip Hop (der Bieler Nemo) finden Platz. Dass Schneider mit seinen bald 60 Jahren den Anschluss an die Hörgewohnheiten der Jungen nicht verliert, dafür sorgen junge Leute um ihn – wie seine Tochter – und seine eigene Neugier. Doch wenn er ohne Einschränkung wählen könnte, wen er mal im Le Singe haben möchte, ist es ein Künstler der älter ist als er selber:Tom Waits. Wer weiss? Marc Ribot, Waits’ Gitarrist, spielte jedenfalls schon im Le Singe.

Das sagt Daniel Schneider zu einigen kommenden Künstlern

  • Big Daddy Wilson: «Ein Hammerblueser, er kommt akustisch, im Trio. Als ich ihn das erste Mal hörte, hat’s mich weggeblasen.» (7. Oktober)
  • Nik West: «Die ganze Funk-Szene schwärmt von ihr. Sie spielt einfach geilen schwarzen Funk, da schlägt mein Herz halt höher.» (8. Oktober)
  • Ray Anderson’s Pocket Brass Band: «Sie kommen mit neuem Drummer und neuem Trompeter. Das ist so der alte New Orleans Style, aber funky gespielt. Anderson ist ein alter Freund von mir, der spielt bei mir, solange wir beide existieren.» (9. Oktober)
  • Los Yukas: «Sie kommen aus Costa Rica, spielen einen witzigen Mix, bei dem man nie recht weiss, was es genau ist – einfach ein geiles Gemisch.» (14. Oktober)
  • Simon Ho: «Er ist mit Andy Hug unterwegs, einem alten Bekannten, ein schönes Projekt, ich bin gespannt.» (21. Oktober) tg

 

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