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Medizin

Cannabis gibt es bald auf Rezept

Ärzte in der Schweiz sollen Patienten künftig Cannabis zu medizinischen Zwecken direkt verschreiben können. Diese vorgeschlagene Änderung des Bundesrats stösst auf breite Zustimmung.

Symbolbild: Keystone

Cannabis ist in der Schweiz seit 1951 verboten. Bisher können Kranke nur mit einer Ausnahmebewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) Cannabis zu Therapiezwecken nutzen. 2018 stellte das BAG rund 3000 solcher Bewilligungen aus, beispielsweise für Krebskranke oder Patienten mit Multipler Sklerose.

Mit der Teilrevision des Betäubungsmittelgesetzes will der Bundesrat jetzt den Zugang zum sogenannten Medizinalcannabis erleichtern, indem Ärztinnen und Ärzte dieses Patienten direkt verschreiben können. Die Vernehmlassung dazu endet heute.

SVP, SP, FDP und BDP unterstützen die geplante Gesetzesänderung. Die SVP befürwortet die Änderung, «wenn der Beitrag zum Patientenwohl grösser ist als die gesundheitsschädliche Wirkung». Sie stellt den Antrag, die Darreichungsform Cannabis Flos, also Cannabisblüten als verschreibungsfähiges Medikament, und das Rauchen von Cannabis aufgrund des grossen Missbrauchspotenzials explizit auszunehmen.

BDP, FDP und SP halten die Änderung für sinnvoll, weil die ständig steigende Zahl von Bewilligungen heute im Widerspruch zum Ausnahmecharakter im Sinne des bestehenden Gesetzes steht. Die Revision ermöglicht zudem laut der FDP eine bessere Erforschung und Anwendung von Medizinalcannabis.

Begrüsst wird die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes auch von der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH). Die Änderung habe das Ziel, das Heil- und Palliativpotenzial von Cannabis als Arzneimittel zu erschliessen und das Missbrauchspotential im Rahmen der Selbstmedikation zu kontrollieren.

Positiv ist laut der FMH insbesondere, dass die Verantwortung künftig bei den behandelnden Ärzten liegt. Der Zugang zu Cannabis für Kranke werde so mit geringem bürokratischen Aufwand möglich und die therapeutische Freiheit des Arztes gestärkt.

«Froh» über die Revision zeigt sich auch der Medical Cannabis Verein Schweiz (Medcan). Betroffene Cannabis-Patienten seien seit Jahrzehnten in einer «unmöglichen Situation». Sie bräuchten bezahlbare und kontrollierte Medikamente, mehr Verständnis und Unterstützung durch Ärzte, kompetente Beratung in der Anwendung und die Legitimität, Cannabis medizinisch anzuwenden.

Die Umsetzung der Revision zeige aber Schwachpunkte und werde die Situation der schätzungsweise über 100 000 bereits illegal anwendenden Patientinnen und Patienten nicht verbessern. Kritisiert wird von Medcan insbesondere, dass auch künftig Krankenkassen das von Ärzten verschriebene Cannabis nicht bezahlen müssen. Nur gut situierte Patienten könnten sich so diese Medikamente leisten.

Cannabis-Arzneien können laut BAG mehrere 100 Franken im Monat kosten. Krankenkassen vergüten Behandlungen nur in Einzelfällen. Mit der Gesetzesrevision wird dies nicht geändert.

Die SP stellt denn auch im Entwurf zu ihrer Vernehmlassungsantwort fest, dass ohne eine klare und einheitliche Regelung für eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen der Effekt der aktuellen Gesetzesrevision begrenzt bleibe. Die SVP fordert, dass bevor eine Vergütung durch Krankenkassen überhaupt erwogen werde, das Heil- und Palliativpotenzial von Cannabis als Arzneimittel ausreichend wissenschaftlich belegt werden muss.

Auch für die FMH ist eine mindestens teilweise Vergütung von zugelassenen Cannabis-Arzneimitteln über die obligatorische Krankenpflegeversicherung beziehungsweise eine allfällige alternative Finanzierung zentral. Die Ärztevereinigung hält eine zeitnahe Klarstellung für notwendig, welche Cannabis-Medikamente die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) erfüllen. sda

Stichwörter: Cannabis, Rezept, Medizin, Bundesrat

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