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Meinung

Ein Nein zu 
antastbaren Renten

Das Rentensystem unserer Eidgenossenschaft muss nicht neu erfunden werden. Die Idee war, dass die Arbeitenden die Renten der Rentnerinnen und Rentner finanzieren. Einfach und gerecht. Hauptgedanke der AHV: Wer viel verdient, bezahlt mehr, aber beim Bezug wird «gedeckelt».

Ueli Schärrer

von Ueli Schärrer, Sektionssekretär Syndicom Biel

Seit 1948 gibt es AHV-Renten, und erst einmal in all den Jahren mussten die Beiträge erhöht werden. Bis 2017 schrieb die AHV immer Gewinne, wurde aber über Jahrzehnte immer wieder schlechtgeredet. Die AHV ist ein Dorn im Fleisch des Kapitalismus, weil mit diesem (Volks)-Vermögen nicht spekuliert werden kann.

Das sieht bei den Pensionskassen ganz anders aus. Hier wird munter spekuliert und «abgesahnt». Mittlerweile ist die 1000-Milliarden-Grenze der ersparten Beiträge überschritten. Und jedes Jahr gehen den Pensionskassen mehrere Milliarden Franken verloren. Im Geschäftsbereich der PKs tummeln sich die Finanzhaie und bereichern sich. Banken, Versicherungen, Vorsorgestiftungen und die Nationalbank erleichtern die Beitragszahler jährlich um mehrere Milliarden Franken. Nebenbei liegen für die Bosse noch gute Boni drin. Auf Banken und Versicherungen liegen sogenannte namenlose Rentenvermögen herum. Diese werden mittlerweile mit über 500 Milliarden Franken beziffert. Fazit: Wenn alle Pensionskassenvermögen und alle Freizügigkeitskonten bei einer staatlichen Kasse wären, könnten wir noch jahrelang mit den heutigen Renten leben.

Antastbare Renten werden laufend an das Anlageumfeld und die Lebenserwartung angepasst. Wenn die Zinsen für das Anlagekapital tief sind, gibt es tiefere Renten. Wenn wir immer älter werden, ist das nicht gut für die Renten. Variable Renten werden je nach Situation berechnet. Für Rentenbezüger wird es so schwierig, ein Monatsbudget zu planen. Auch moderate Schwankungen reissen Löcher ins Portemonnaie.

Josef Bachmann, ehemaliger Geschäftsführer der Pensionskasse (Vorsorgestiftung) der PricewaterhouseCoopers AG (PwC) sammelt Unterschriften für die Initiative «Vorsorge Ja – aber fair». Ein Initiativtext wurde eingereicht und die Bundeskanzlei hat ihn schon vorgeprüft. Der Initiativtext befasst sich nicht mit den heiklen Details. Bisher erlitten solche Versuche, die Renten anzufassen und antastbar zu machen, immer Schiffbruch, auch vor den Gerichten. Grundsätzlich gelten in der Schweiz die Renten als unantastbar, und das darf auch so bleiben. Deshalb mein Aufruf an alle Rentnerinnen und Rentner: Diese Initiative nicht unterschreiben und an der Abstimmung ein Nein einwerfen.

kontext@bielertagblatt.ch

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