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Antidepressiva

Psychiatrie: Menschenversuche in Münsterlingen

Der Schweizer Psychiater Roland Kuhn gilt als «Vater der Antidepressiva». Doch sein Ruhm gründet auf Hunderte von Versuchen mit ahnungslosen Patienten. Betroffene leiden bis heute, Todesfälle wurden nie untersucht.

(mt) Während Jahrzehnten liess die Pharmaindustrie neue Wirkstoffe an nicht zustimmungsfähigen Kranken und Kindern testen. Recherchen des «Beobachters» zeigen erstmals das Ausmass: In der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen TG verabreichte der Psychiatrieprofessor Roland Kuhn jahrzehntelang seinen Patienten nicht bewilligte Substanzen. Die Tests dienten unter anderem der Entwicklung des ersten Antidepressivums, das noch heute als Tofranil im Handel ist. Die Pharmaindustrie verdankt Kuhn Milliardenumsätze.

Dokumentiert sind mindestens 1600 Fälle von Medikamententests. Involviert waren die damals noch eigenständigen J. R. Geigy AG und die Ciba AG, später auch Sandoz (heute alle Novartis).

Kuhn verabreichte unter anderem einer schwer depressiven Schwangeren Imipramin, um zu sehen, ob die Substanz das ungeborene Kind schädige. Einen anderen Stoff testete Kuhn an einer Frau, die nur noch knapp 33 Kilo wog. Auch Kinder wurden als Versuchsobjekte benutzt, schreibt der «Beobachter». Bei den Versuchen kam es auch immer wieder zu Todesfällen, die jedoch nie untersucht wurden. Kuhn führte die Tests von 1950 bis 1978 durch.

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