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«Aareböötle» kann man auch im Seeland

Um sich im Gummi-Boot auf der Aare treiben zu lassen, muss man nicht bis nach Thun fahren. Dafür bieten der Kallnach- und Hagneckkanal die besten Voraussetzungen: leichte Strömung, mitten in der Natur, mit Blick auf die Alpen und die Jurahöhen.

Auf der Strecke zwischen Kallnach und Hagneck kann man sich treiben lassen, ohne ständig Paddeln zumüssen. Einzig beim Ausstieg vor dem Kraftwerk in Hagneck kommen die Paddel zum Einsatz. copyright/Hannah Frei
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Hannah Frei


Was die Thuner und Berner können, könnten wir schon lange, wenn wir uns nur trauen würden. Denn die Aare fliesst schliesslich über Aarberg und Hagneck auch bis in den Bielersee. Gemeint ist das «Aareböötle», das besonders auf der Strecke zwischen Thun und Bern schon fast Kultstatus errungen hat. Bei schönem Wetter muss man sich beim bekanntesten Einstieg in Thun gar in die Warteschlange einreihen, um das Gummiboot einwassern zu können. Und neben der Uttiger Welle stellt die Kollision mit anderen Gummi-Booten die grösste Gefahr dar. Anders ist dies bei einer Bootstour auf der Strecke zwischen Kallnach und Hagneck. Die Alpen im Rücken und die Jurahöhen vor sich, kann man sich dort zwei Stunden treiben lassen, ohne einem anderen Boot zu begegnen.

 

Start beim Kraftwerk BKW
Mit dem aufblasbaren Gummi-Boot, einer Pumpe, zwei Paddel und einer wasserdichten Tasche begibt man sich vom Bahnhof Biel mit dem Zug über Lyss nach Kallnach. Folgt man dort dem BKW-Wegweiser dem alten Geleise entlang, gelangt man nach zirka fünf Minuten an einen Picknickplatz, von dem eine Treppe in den Kallnachkanal führt. Dort rüstet man sich: das Boot aufblasen, Sonnencreme einschmieren und alles, was nicht nass werden darf, wasserdicht einpacken. Und schon kann es losgehen.

An dieser Stelle scheint es, als käme das Wasser aus dem Nichts. Denn vor dem Kraftwerk Kallnach ist nirgends ein Zufluss zu sehen. Wo kommt das Wasser also her? Aus der Aare. Zirka zwei Kilometer Luftlinie entfernt wird der Aare Wasser abgezweigt und unterirdisch dem Kraftwerk Kallnach zugeführt.

Das Einwassern des Gummi-Boots stellt bei der momentanen Abflussmenge kaum eine Schwierigkeit dar. Das Wasser fliesst nur langsam, sodass man sich beim Einsteigen Zeit nehmen kann. Und nachdem man im Boot angelangt ist, sind kaum mehr Anstrengungen nötig.

Gemütlich lässt man sich durchs Grosse Moos treiben, vorbei an kleinen Sand- und Kiesstränden, auf manchen offizielle Feuerstellen eingerichtet sind. Solange man sich auf dem Kallnachkanal befindet, sollte man abgesehen von den Picknickplätzen jedoch nicht anlanden. Denn die Flachwasserbereiche und Kiesinseln bieten optimale Laichplätze für Fische und andere Wasserlebewesen. Nach zirka einem halben Kilometer fährt man unter der ersten Strassenbrücke hindurch. Danach gilt: Augen offen halten. Denn an zwei Stellen ragen dicke Baumstämme aus dem Wasser, die bei einer Kollision das Gummi-Boot beschädigen können. Aber mit zwei, drei Paddel-Zügen lassen sich diese leicht umfahren.

Nach zirka 2,7 Kilometer verlangsamt sich die Fliessgeschwindigkeit ein wenig. Denn dort trifft der schmalere Kallnachkanal auf den schneller fliessenden und breiteren Hagneckkanal. Durch das Zusammentreffen der beiden Kanäle wird der Langsamere, also der Kallnachkanal, ein wenig zurückgestaut. Doch sobald man die Walperswilbrücke unterquert hat, geht es in schnellerem Tempo auf der Aare weiter.


Die Alpen im Rücken
An diesem Punkt lohnt es sich, Flussaufwärts zu schauen. Während der Chutzenturm im Vordergrund auf dem Frienisberg erkennbar wird, tronen im Hintergrund die Alpen. Aber auch der Blick nach Vorne lohnt sich. Oberhalb der weiten Flächen des grossen Mooses kann man die Jurahöhen mit dem Sendemast auf dem Chasseral sehen.

Idyllisch ist die Fahrt, auf der man am liebsten die Beine ins Wasser hängen lässt, sich nach hinten lehnt und die Augen dabei schliesst. Vorsicht nur, dass man durch das angenehme Schaukeln auf dem Wasser nicht einschläft. Denn spätestens kurz vor dem Stauwehr Hagneck sollte man für den Ausstieg bereit sein.

Gegen das Einschlafen hilft ein kühles Getränk. Praktisch, dass das zirka 19 Grad warme Aarewasser auch als Kühlschrank genutzt werden kann. Am besten bindet man einen Sack mit einem Seil am Boot fest, stellt die Getränke hinein und wirft ihn ins Wasser. Und was natürlich auch gegen das Einschlafen hilft: ein erfrischendes Bad.

 

Ausstieg beim Stauwehr
Dass man sich langsam auf den Ausstieg vorbereiten sollte, merkt man, wenn die Hagneckbrücke und der Gasthof Brücke am linken Ufer sichtbar werden. Wer die Tour bereits in Kallnach beenden will, kann kurz vor der Hagneckbrücke am rechten Ufer an der Grasböschung anlanden. Wer noch weiterfahren möchte, legt erst kurz vor dem Stauwehr Hagneck am linken Ufer an. Wichtig ist einfach: vor dem Stauwehr auswassern.

Von dort an muss man das Boot zirka 200 Meter weit bis zum Bielersee tragen. Danach bestimmt der Wind, in welche Richtung es weitergeht. Windstille oder Nordostwind bieten gute Voraussetzungen für die Weiterfahrt nach links Richtung Lüscherz, wo man an der Badewiese anlanden kann. Bei Wind von links treibt es einem in die entgegengesetzte Richtung nach Täuffelen, wo man am Strand beim Hafen auswassern kann.

 

Anlandeverbot Hagneckdelta
Um mit dem Boot nach Lüscherz zu gelangen, braucht man je nach Windgeschwindigkeit und Paddelkraft zwischen 35 und 45 Minuten. Täuffelen erreicht man nach zirka 30 Minuten. Beim Ein- und Auswassern rund um Hagneck ist zu beachten: am Hagneckdelta gilt Anlandeverbot. Ansonsten gibt es neben dem Stauwehr kaum Gefahren. Bei einer Windstärke von über zehn Kilometer pro Stunde kann die Strecke auf dem Bielersee mit dem Gummi-Boot jedoch gefährlich werden, weshalb man den Ausflug dann lieber bereits beim Stauwehr beendet.

Grundsätzlich ist der Ausflug mit dem Gummi-Boot auf dieser Strecke ein wunderbares Abenteuer für Familien mit Kindern, für Jugendliche oder auch mutige Senioren. Zur Sicherheit sollten aber für alle Passagiere Schwimmwesten mitgenommen werden.

 

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Tipps zur Tour

- Dauer: 2-3 Stunden, je nach Abfluss und Fliessgeschwindigkeit.

- Streckenlänge: 9,2 Kilometer

- Schwierigkeit: Bei geringem Abfluss unter 300 Kubikmeter pro Sekunde ist die Strecke als «leicht» einzustufen, da abgesehen vom Ausstieg kaum gepaddelt werden muss.

- Einkehren: Restaurant Bahnhof Kallnach und Gasthof Brücke in Hagneck.

- Wichtig: Da sich auf der Strecke kaum Schattenplätze finden, genügend Sonnenschutz und Wasser mitnehmen.

- Hilfreich: Bei Hochwasser kann vor dem Stauwehr Hagneck Sog entstehen, was den Ausstieg erschwert. Deshalb ist die Bootstour bei einem Abfluss bis maximal 300 Kubikmeter pro Sekunde empfohlen. Der aktuelle Abflusswert für diese Strecke lässt sich per SMS an 9234 mit dem CodeQ 2085 ermitteln. haf

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