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Wahlen 2018

«Als Frau in der SVP zu politisieren braucht Mut»

Die SVP Biel-Seeland will besonders die Frauen und die Gewerbler umgarnen. «Bei den Wahlen wird die Bieler Liste zulegen», sind Petra Wyss und Martin Schlup überzeugt. Auf wessen Kosten ist für die beiden klar: auf die der BDP.

Martin Schlup und Petra Wyss sind nicht bei allen Themen gleicher Meinung. «Das ist kein Problem», sagt Martin Schlup. In der SVP-Fraktion herrsche kein Stimmenzwang. Bild: Matthias Käser
  • Dossier

von Andrea Butorin


«Schreiben wir ‹bernstark› gross oder klein?», fragt Martin Schlup seine Parteikollegin Petra Wyss vor dem Fototermin. «Schreib’s mit Grossbuchstaben, das wirkt besser», rät Wyss, woraufhin Schlup Wyss den Stift überlässt:«Du hast die schönere Schrift.»
Seit acht Jahren sitzt der Schüpfener Landwirt Martin Schlup im bernischen Grossen Rat. Als Pflöcke, die er mithalf einzuschlagen, nennt er die Ausarbeitung des Waldgesetzes sowie seine Arbeit in der Gesundheits- und Fürsorgekommission. «Dort haben wir gemeinsam mit Regierungsrat Pierre Alain Schnegg viele Sachen in die richtige Richtung gelenkt.»

Petra Wyss dagegen möchte sich in den Grossen Rat wählen lassen, weil sie gern Verantwortung übernimmt und mitgestaltet. «Zudem habe ich als Kantonalpräsidentin der SVP-Frauen den Überblick über die kantonalen Themen», sagt sie. Einfluss nehmen möchte sie besonders bei sicherheits- und bildungspolitischen Themen, weil ihr diese aufgrund ihres Hintergrunds nahe sind. Schlup dagegen möchte vor allem bei der Revision des Sozialhilfegesetzes weiter mitarbeiten:«Ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg, auch wenn manches in den Medien etwas komisch rüberkam», sagt er. Dass man die Steuern senken und bei den Ärmsten sparen wolle etwa, stimme so nicht. Schliesslich seien heute nicht mehr die Sozialhilfeempfänger die Ärmsten, sondern die Working Poor und viele ältere Menschen.
 

«Die SVP ist nicht böse»
Sowohl Wyss als auch Schlup hoffen, den Frauenanteil in ihrer Partei steigern zu können. Von einer Frauenquote halten sie aber nichts – deshalb gibt es auch keine separate Frauenliste. Auf der Liste 6, Seeland, sind sechs Frauen aufgestellt, auf der Bieler Liste 7 sind nur gerade vier von 26 Kandidatinnen Frauen.

Petra Wyss gibt den Medien eine Mitschuld daran:«Als Frau in der SVP zu politisieren braucht mehr Mut als etwa in der FDP», sagt sie. Und bezieht diese Aussage auf die Aussenwahrnehmung der Partei und auf die oft starke Kritik, der SVP-Politiker ausgesetzt seien. Männer wiesen da vielleicht den breiteren Rücken auf, glaubt Schlup. Dabei sei die SVP nicht so «böse», wie sie immer dargestellt werde, fügt Wyss an. «Wir sagen bloss klar unsere Meinung.»

Für Martin Schlup steht die SVP für Recht und Sicherheit und dafür, «für unsere Freiheit einstehen zu können.» Einen Vergleich mit den europäischen Rechtsparteien wie Front National, AFD oder FPÖ wollen die beiden nicht ziehen:«Dafür kenne ich diese Parteien zu wenig», sagt Wyss.

Schlup hofft, künftig mehr Gewerbler in die SVP bringen zu können. «Schliesslich war in den letzten zehn Jahren beim KMU-Rating die SVP stets an der Spitze und nicht die FDP.»
 

Ziel:Sitze halten
Von den acht bisherigen SVP-Grossräten treten der Aarberger Andreas Blank aufgrund der Amtszeitbeschränkung und der Diessbacher Donat Schneider aus beruflichen Gründen nicht mehr an. Zur Wiederwahl stellen sich Christine Gerber, Willy Marti, Mathias Müller, Fritz Ruchti, Martin Schlup und Fritz Wyss.

Der Leubringer Mathias Müller ist bislang der einzige Vertreter der Bieler Liste – im Wahlkreis Biel-Seeland ist die SVP bislang eine ländliche Partei geblieben. Doch Schlup und Wyss sind überzeugt, dass die Bieler zulegen werden:So räumen sie etwa der Parlamentarierin Sandra Schneider Chancen ein, gewählt zu werden. Und zwar wegen der Themen, die sich die Bieler SVP auf die Fahne geschrieben habe:Sozialhilfemissbrauch und der städtische Verkehr etwa.

Bei den Seeländern vermuten sie gute Chancen für den Aarberger Gemeindepräsidenten Fritz Affolter, der derzeit auf dem ersten Ersatzplatz sitzt, sowie für den Lysser Gemeinderat Jürg Michel. «Im Seeland dominieren gewerbliche und landwirtschaftliche Themen», sagt Schlup.

Vor acht Jahren war die SVP Biel-Seeland mit fünf Sitzen im Grossen Rat vertreten, nach der Abspaltung der BDP im Jahr 2008 verblieben noch deren drei. 2010 kam sie auf sieben Sitze, und aktuell sind es wie erwähnt acht.

«Die Sitze zu halten ist unser realistisches Ziel», sagt Martin Schlup. Schliesslich seien acht Verteter schon sehr viel. Trotzdem hofft Schlup, dass ein Sitzgewinn drinliegt. Auf wessen Kosten ist für Petra Wyss klar:«Die BDP wird weiter verlieren.» Kantonal hofft die SVP, drei bis vier Sitze dazugewinnen zu können.
 

«Die Linken sind mir lieber»
Ein Blick auf smartvote.ch zeigt, dass Petra Wyss und Martin Schlup nicht exakt auf derselben Linie politisieren. Während Schlups Smart-Spider dort ausgeprägt ist, wo man es bei der SVP genuin vermutet, und zwar bei den Bereichen restriktive Migrationspolitik, Law and order und restriktive Finanzpolitik, schlägt das Diagramm von Petra Wyss bei der liberalen Gesellschaft und der liberalen Wirtschaftspolitik aus, während der Bereich restriktive Migrationspolitik weniger ausgeprägt ist.

Ob Petra Wyss nicht bei der FDP besser aufgehoben wäre als bei der SVP? «Nein, tut mir leid, aber die Berner FDP ist mir zu sehr mitte-links», antwortet sie. Zwar sei sie in Solothurn in einer FDP-Familie aufgewachsen. Und in Aarberg bestehe zwischen den beiden Parteien fast kein Unterschied. «Aber ich entschied mich für die SVP, weil mir die Leute dort auf Anhieb sympathisch waren», sagt sie.

Sie sei sehr liberal eingestellt:«Ich bin manchmal ganz anderer Meinung als viele unserer Leute», sagt sie. Aber:Sie sei ganz klar bürgerlich. Eine abweichende Meinung als das Gros ihrer Partei vertritt die frühere Lehrerin beispielsweise bei der Lehrplan-Initiative, die sie ablehnt. Auch die No-Billag-Initiative sei parteiintern kontrovers diskutiert worden. Mal anderer Meinung zu sein als die Partei sei im übrigen kein Problem, sagt Martin Schlup:«In unserer Fraktion herrscht kein Stimmenzwang.»

Trotz seines klaren Profils überrascht Schlup, wenn er sagt:«Im Grossen Rat sind mir die Linken lieber als die Vertreter der Mitte-Parteien. Mit ihnen kann ich besser diskutieren.» Was daran liege, dass er klare Richtungen schätze.

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Zu den Kandidaten


- Die frühere Lehrerin und Journalistin Petra Wyss arbeitet selbstständig im Bereich Administration und Coaching. Die 49-jährige Aarbergerin ist verheiratet und Mutter einer erwachsenen Tochter. Sie ist Sektionspräsidentin der SVP Aarberg und Kantonalpräsidentin der SVP-Frauen.

- Der 57-jährige Schüpfener Martin Schlup ist geschieden und Vater von vier erwachsenen Kindern. Schlup ist Landwirt und hat früher zusätzlich als Lastwagenchauffeur gearbeitet. Seit 2010 ist er im Grossen Rat. Er präsidiert die SVP Biel-Seeland.
 

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