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Lengnau

Als ob nie etwas gewesen wäre

Während rund 100 Jahren wurde im Steinbruch Leisern Kalkstein abgebaut. Nun ist der Steinbruch mit Aushubmaterial aufgefüllt und die ganze Fläche wird aufgeforstet.

Die jungen Bäume auf dem Gelände des Steinbruchs Leisern werden nun gehegt und gepflegt. Bild: zvg

«Leisern», oder «auf dem hohen Stamm», heisst das ehemalige Steinbruchgebiet auf Lengnauer Seite. «Firsi» das Gebiet einige Meter daneben auf Grenchner Boden. Der Jurakalk, der dort abgebaut wurde, hat sich während 145 Millionen Jahren durch Ablagerungen aus Schalenresten von Muscheln, Schnecken, Planktontierchen und Kalkschlamm gebildet. Moränenmaterial aus der letzten Eiszeit legte sich darüber. Eine Million Jahre Erdablagerungen brauche es für die Entstehung von 20 Metern Kalkstein, schreibt der Solothurner Geologe Henri Kruysse in der Dokumentation Steinbruch Firsi.

Während 100 Jahren verbrauchten kleine und grosse Baustellen den Rohstoff Leisern-Jurakalk. Zuerst wurde von Hand gegraben, dann im grossen Stil für die Moutier-Lengnau-Bahn, die Uferverbauung der Aare, die Flurwege, den Sickerteppich im Hagneckkanal und den Unterbau der Autobahn. Während die Bürgergemeinde Grenchen beim Tunnelbau 1911 den Abbau auf Solothurner Seite ablehnte, stimmten die Lengnauer Burger damals zu. Bis 1991 der Abbau auf Lengnauer Seite weiter westwärts an einer Urnenabstimmung abgelehnt wurde. Man befürchtete das Abgraben der Lengnauer Grabenbachquelle. Dafür stimmten jetzt die Grenchner Bürgergemeinde und der Kanton Solothurn dem Abbau auf ihrer Seite nordwärts zu. Die Quellschutzzone blieb.

 

Auffüllen seit 1995

Das Auffüllen der Leisern Grube wurde intensiviert. 1994 wurden die letzten Steine abgeführt. 1995 eröffnete dann die Grube Firsi. Die Auffüllung des Steinbruchs Leisern ging vor allem mit Abbaumaterial aus dem Brügger Tunnel der Umfahrung Biel voran. Im Gegenzug wurden Schroppen für den Unterbau der Fahrbahn vom Firsi abgeführt. Am Tag der offenen Tür im Jahr 2014 schien die Grube Leisern bereits halb voll. Sorgen bereitete damals das eingebrachte, irgendwie «fliessende» Material aus der Bieler Umfahrung. Stützmauern wurden erstellt.

Seither wurde die gesamte Fläche der Grube in Etappen gemäss der Rodungsbewilligung von 1984 rekultiviert. 30 Zentimeter Walderde wurden aufgeschüttet. Die Aufforstungspflicht schreibt einheimische Laubbaumarten wie Eichen, Lärchen, Wildobst, Kastanien, Eiben und Sträucher vor. Ökologische Begleitmassnahmen wie Stein- und Asthaufen und mehrere Amphibienbecken wurden eingefügt. Diese werden Lebensraum für Kleinsäugetiere oder den hoffentlich bald vorkommenden «Glögglifrösch» bieten.

 

Burger haben gut verdient

«Ein jahrzehntelanges einträgliches Kapitel in der Geschichte der Burgergemeinde Lengnau ist jetzt abgeschlossen», schreibt Burgerverwalterin Monika Gribi im Bericht zur letzten Burgerversammlung. Der Steinbruch, zuerst betrieben durch die Münster-Lengnau-Bahn, dann in kleinem Umfang durch Adolf und Armin Rüfli, die Vollenweider AG und jetzt durch die Firma Vigier Beton Seeland Jura, brachte der Eigentümerin Burgergemeinde Lengnau namhafte Einnahmen. Diese wurden für die Waldpflege und viele weitere Aktivitäten zugunsten der gesamten Bevölkerung eingesetzt. Von Einnahmen profitiert jetzt die Bürgergemeinde Grenchen, bis vielleicht dereinst doch wieder auf der Lengnauer Seite Stein abgebaut werden kann.

Mit je 5 Millionen Kubikmeter Material waren und sind die Zu-und Wegfahrten und die Sprengungen immer wieder Thema in Lengnau. «Viele tausend Tonnen Gestein werden aus dem Berg herausgesprengt und die Transporte mit den schweren Muldenkippern und Lastwagen sind für die Anwohner nicht gerade angenehm», steht im Lengnaubuch von 1973. In den 90er-Jahren wurden die Transporte auf 110 Fahrten pro Tag limitiert. Die Material-Transportseilbahn für die Moutier-Lengnau-Bahn war dagegen eine Attraktion.

 

Explosion, nicht Erdbeben

Ein Erdbeben vermuteten die Lengnauer bei der Explosion des Sprengstoffes des Steinbruchs in der Nacht zum 1. Mai 1969. Durch die Detonation war Schaden im Dorf an Fensterscheiben, Fassaden und Kaminen entstanden. Menschen kamen keine zu Schaden. Dort, wo die Baracken mit dem Sprengstofflager standen, gähnte ein Krater. Heute ersetzen moderne Sprengmethoden die damaligen Sprengverfahren. Margrit Renfer

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