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Magglingen

Am End der Welt entsteht ein Bunker

Seit Mitte März wird in Magglingen gegraben. Es soll ein unterirdischer Bunker entstehen. Bauherr ist das Bundesamt für Rüstung. Doch wozu der Bunker dienen soll, bleibt vertraulich. Die Anwohnenden fühlen sich übergangen.

Die Bauarbeiten werden voraussichtlich bis im November 2022 dauern. Bild: Peter Samuel Jaggi

Hannah Frei

In Magglingen wird gebaut – und zwar nicht nur vom Bundesamt für Sport (Baspo): Armasuisse, das Bundesamt für Rüstung, gräbt auf der Parzelle zwischen der End-der-Welt-Strasse und dem Studmattenweg in die Tiefe. Dort solle unterirdisch etwas entstehen, heisst es in einem Informationsschreiben von Armasuisse an die Magglinger Bevölkerung. Was genau entsteht, sei jedoch streng vertraulich, so Armasuisse. Sie teilt der Bevölkerung lediglich mit, welche Arbeiten in welchem Zeitraum gemacht werden: Werkleitungsverlegung von März bis Mai (siehe Bild), Baugrubenaushub von Mai bis Juni, Rohbau von Juni bis November, Ausbau von Dezember bis November 2022.

Für die Anwohnenden sind diese Informationen nicht genug. Einer von ihnen ist Roland Seiler. Er wohnt etwa 150 Meter oberhalb des aktuellen Baustellenbereichs. «Wir sind besorgt und verunsichert», sagt er. Wird der Bunker die Anwohnenden tangieren? Wird es vom Neubau aus zu einer zusätzlichen Strahlenbelastung kommen? Und weshalb wird ein solcher Bunker mitten in eine Wohnzone gebaut?

Er sei sich zwar bewusst, dass es sich bei diesem Bau um ein als «vertraulich» eingestuftes Projekt handelt. Das werde grundsätzlich von der Bevölkerung auch respektiert. «Aber wir haben trotzdem ein Anrecht darauf, frühzeitig über das Vorhaben informiert zu werden. Das ist jedoch nicht geschehen», so Seiler.

 

Ein normales Vorgehen bei Bauten unter Militärschutz

Laut Armasuisse-Sprecherin Jacqueline Stampfli ist das Vorgehen in Magglingen normal für solche Bauten, welche dem Bundesgesetz über den Schutz militärischer Anlagen unterstehen. Eine formelle Plangenehmigung sei nicht erforderlich, «da die vertraulichen Informationen nicht offengelegt werden dürfen». Daher seien gegen die Baufreigabe auch keine Rechtsmittel möglich. Die Gemeinde sei durch die Projektleitung persönlich über das Vorhaben informiert worden. Für die Planung des Projekts sei der Kanton Bern sowie die betroffenen Bundesfachstellen angehört worden.

Mehr verrät Stampfli nicht über das Projekt. Dem Informationsschreiben ist jedoch zu entnehmen, dass es sich beim Bau um «Kommunikationsinfrastruktur» handelt. Zudem steht geschrieben, dass nach Abschluss der Bauarbeiten die Begrünung wieder hergestellt werde.

 

Informationsblatt kam mit den Baucontainern

Mit diesen Informationen gibt sich Seiler jedoch nicht zufrieden. Informiert worden sei die Magglinger Bevölkerung am Tag, als die Baucontainer aufgestellt wurden. Für Seiler war dies deutlich zu spät. Er ist 67 Jahre alt und wohnt seit 22 Jahren dort. So schrieb er den Projektleiter direkt an, um weitere Informationen über den Bau des Bunkers zu erhalten. Der Zuständige sei kooperativ gewesen, habe ihm und weiteren interessierten Anwohnenden ein paar Tage später einen Einblick in die Baupläne gewährt. Was genau gebaut wird, sei jedoch immer noch nicht ersichtlich gewesen.

Ein weiterer Störfaktor ist für Seiler die Verkehrsführung. Auch dort sei ungenau und zu spät informiert worden. Im ersten Informationsblatt war festgehalten, dass die Durchfahrt Studmattenweg zwischen März bis Mai teilweise eingeschränkt werde, aber einspurig befahrbar bleibe. Dies ist jedoch aktuell nicht der Fall, wie auf dem Bild ersichtlich ist. In einem zweiten Schreiben hat sich Armasuisse dann korrigiert und festgehalten, dass die Strasse ganz gesperrt werden müsse.

Laut Seiler ist die Strasse nun seit zwei Wochen gesperrt; der Verkehr verläuft über den schmalen Schanzenweg. Diese Verkehrsführung sei längerfristig nicht tragbar, so Seiler, wird der Weg doch sowohl von Schulkindern genutzt als auch von Lastwagen passiert. Für die Anwohnenden sei es schwierig, nicht zu wissen, wie es weiter gehe, so Seiler. «Wir wollen besser informiert werden.»

Dem stimmt auch Nicole Rossier zu. Sie wohnt mit ihrer Familie etwa 50 Meter von der Baustelle entfernt. Sie rechnet mit erheblichem Lärm in den kommenden 1,5 Jahren. An Homeoffice mag sie kaum denken, Rossier ist selbstständig, ihr Mann arbeitet auch regelmässig von zuhause aus. «Mich stört, dass wir beim Projekt gar kein Mitspracherecht hatten und nicht wussten, was auf uns zukommen wird», so Rossier. Das Verhalten von Armasuisse sei inakzeptabel und unverständlich.

 

Gemeinde forderte, dass Armasuisse informiert

Auch die Gemeindepräsidentin von Leubringen-Magglingen, Madeleine Deckert, fühlte sich überrumpelt, als die Bauarbeiter im März plötzlich auftauchten. Von dem Bauvorhaben wisse die Gemeinde zwar seit letztem Herbst.

Im November habe sie Armasuisse aufgefordert, die Bevölkerung proaktiv über das Bauvorhaben zu informieren, so weit wie möglich. Im Februar sei dann klar geworden, dass die Bauarbeiten im Frühling beginnen werden. Wann genau, sei aber auch gegenüber der Gemeinde erst mit dem Baustart kommuniziert worden. «Es geht nicht, dass man die Bevölkerung nicht früher informiert hat», so Deckert. Besonders in einem Dorf wie Magglingen sei dies unerlässlich, auch wenn es sich um ein «vertrauliches» Projekt handelt.

Deckert ist aber guter Dinge, dass Armasuisse in den nächsten Wochen besser informieren werde. Die Gemeinde soll dabei als Bindeglied zwischen Bevölkerung und dem Bundesamt für Rüstung agieren. Es werde nun regelmässige Koordinationssitzungen zwischen der Gemeinde und Armasuisse geben. Auch der Verkehr werde künftig besser geregelt, man habe mit Armasuisse ein Verkehrskonzept ausgearbeitet, das bald in Kraft treten und den Schwerverkehr von den Fussgängern trennen werde.

Am 28. April lädt Armasuisse zu einer Informationsveranstaltung für Anwohnerinnen und Anwohner. Worüber genau informiert wird und informiert werden darf, ist unklar.

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