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«Am Ende mag ich doch Rösti und Käse»

Ja, Marco Kunz ist ein Bünzli. Das sei nicht weiter schlimm, sagt der Musiker, solange er trotzdem immer wieder Neues wage. Zurzeit ist das etwa ein Duett. Am Freitag spielt Kunz in der Kufa Lyss.

Vor der Zugabe trinkt Kunz meist hinter der Bühne ein Bier. Das gebe ihm einen Kick für die letzten Songs. zvg
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Interview: Hannah Frei
 
Marco Kunz, was war der Grund für Ihren letzten Besuch in Biel?
Marco Kunz: Das ist schon lange her, es war die Generalversammlung der Suisa. Ich kann mich noch daran erinnern, dass es am Bahnhof eine grosse Ausstellung gab. Ich weiss nicht, ob die legal war. Es sah bisschen anarchistisch aus. Das gefiel mir.
 
Das war wohl die «Robert-Walser-Sculpture» von Thomas Hirschhorn. Die war legal.
Ah ja, stimmt. Es sah halt ein wenig improvisiert aus. Aber es zog Menschen an. Es war ein Ort der Begegnung. Wenn Kunst es schafft, Menschen zusammenzubringen, dann berührt mich das, besonders heutzutage. Persönliche Begegnungen sind ja, nicht zuletzt wegen der Pandemie, seltener geworden.
 
Nähe spielt bei Ihrer Musik eine wichtige Rolle. Wie konnten Sie die Nähe zu Ihren Fans während der Pandemie aufrechterhalten?
Das müsste man das Publikum fragen. Ich weiss nicht, ob sich die Fans mir immer noch gleich nahe fühlen. Aber was ja sicher bestehen blieb, ist die Musik. Und mit meiner Musik, ob in den Texten oder an Konzerten, bin ich immer nahe bei den Menschen. Ich bin jemand, der an Konzerten das Publikum sucht, um zu interagieren.
 
In welchen Momenten waren Sie Ihren Fans in den letzten Jahren besonders nahe?
Momentan ist es besonders berührend, wenn ich an einem Konzert doch einmal zu den Fans runter gehen darf, um mitten drin zu singen. Solche Momente haben die Menschen extrem vermisst, dieses Miteinander. Meine Musik ist meist positiv, aufheiternd. Denn ich denke, das Leben macht nur dann Sinn, wenn man das Glücklichsein anstrebt. Daher will ich Positives vermittelt. So handelt einer meiner Songs auch davon, dass das Leben zu kurz ist, um traurig zu sein.
 
Dieser Song, «Truurig sii», hat aber ja durchaus einen traurigen Hintergrund.
Ja. Ich erhalte immer wieder Anfragen für Privatkonzerte, auch von Menschen, die aufgrund einer Krankheit nicht mehr an mein Konzert kommen können. Zweimal habe ich so Menschen besucht und für sie gespielt. Sie befanden sich im Endstadium. Krebs. Das war für mich sehr speziell. Ich war überrascht, wie positiv diese Menschen kurz vor ihrem Tod noch waren. Sie machten den Menschen in ihrem Umfeld Mut, auch mir. Man soll das Leben geniessen. Das ist eine sehr schöne Botschaft, die mich zu diesem Lied inspiriert hat.
 
Sind Ihnen Fans auch schon zu nahe gekommen?
Emotional kann ich mich da eigentlich gut abgrenzen. Physisch gibt es jedoch eine rote Linie, die auch schon übertreten wurde. Etwa, wenn man mich betatscht. Oder wenn ich mit der Familie unterwegs bin. Dann gibt es keine Fotos, keine Autogramme. Meine Familie will ich nicht in der Öffentlichkeit haben. Wenn dann doch jemand ein Foto macht, werde ich wirklich wütend. Meine Fans würden das auch nie machen. Aber es gibt manchmal promigeile Menschen, die heimlich Fotos machen.
 
Auf Ihrem neusten Album «Mai», mit dem Sie gerade auf Tour sind, findet sich ein Duett – das erste überhaupt. Wie kam es dazu?
Ich habe das nicht gesucht. Es war während der Pandemie, als mein Sohn auf die Welt kam, ich an Konzerten war, und sich das anfühlte, als wäre ich sehr weit weg. Das Heimweh war gross. Da wusste ich, dass ich etwas zum Thema «weit weg» machen möchte. Und zwar nicht alleine. Zuerst habe ich das Stück mit meiner Frau geübt, sie singt wunderschön. Aber auftreten wollten wir nicht gemeinsam. So suchte ich eine Duettpartnerin und fand Co Gfeller.
 
Daraus geworden ist ein Liebeslied. Da geht es weniger um Heimweh.
Ja, ich habe das Thema auf diese Liebesstory heruntergebrochen. Der Inhalt spricht aber ja für sehr viel. Schon nur, wenn ich daran denke, wie es war, als mein Sohn zur Welt kam und die Grosseltern ihn wegen der Pandemie mehrere Wochen nicht sehen durften. Es geht um Distanz. Und ich freue mich wirklich sehr darauf, dass dies bald wieder anders ist.
 
Wird Co am Freitag mit Ihnen in der Kufa Lyss auf der Bühne stehen?
Leider nicht. Sie ist bei einigen Auftritten meiner Tour dabei. Aber diesen Freitag hat sie selbst ein Konzert.
 
Sie sagen von sich selbst, Sie seien ein Bünzli. Weshalb?
Ich habe zwar immer das Gefühl, ich sei mega modern und würde viel Neues ausprobieren. Aber am Ende mag ich dann doch einfach Rösti mit Käse und saubere Schuhe. Ich mag Struktur. Manchmal wäre ich gerne mehr Künstlertyp. Aber dann hat man ein Kind. Und plötzlich hat man auch einen Handstaubsauger.
 
Hat Sie Ihr Kind noch bünzliger gemacht?
Wahrscheinlich schon, ja. Das ist grundsätzlich auch nichts Schlimmes. Wichtig ist einfach, dass ich mich trotzdem immer wieder hinterfrage und Neues wage. Was wir in unserer Familie beispielsweise tun: Wir kaufen hauptsächlich via Ricardo ein, also kaum Neues, sondern Occasionen.
 
Sie sagten in einem Interview, Sie würden gerne einmal LSD ausprobieren, Drogen zu konsumieren sei Ihnen dann aber doch zu gefährlich. In Ihren Songs geht es ja aber auch um Alkohol. Wo ziehen Sie da die Grenze?
Alkohol ist klar auch eine Droge, aber eben eine gesellschaftlich akzeptierte. Ich bin ein Typ, der gerne einmal masslos ist. Also, seit ich Vater bin, natürlich viel seltener. Da gibt es kaum mehr masslose Abende. Und ich weiss auch, dass auf das Masslose wieder das Geregelte folgen muss. Das ist vielleicht auch bünzlihaft. Aber ich sehe einfach zu viele Menschen im Musik-Business, die mit Alkohol nicht umgehen können.
 
Wie machen Sie das mit dem Alkohol denn an Konzerten?
Vor den Konzerten trinke ich selten. Beim Auftritt muss ich fit sein, da hat Alkohol keinen Platz. Aber vor der Zugabe, die ein langes Intro hat, gehe ich hinter die Bühne und trinke ein Bierchen. Das gibt mir einen Kick für die letzten Songs. Unter der Woche trinke ich hingegen eigentlich nie.
 
Gibt es etwas im musikalischen Bereich, das Sie in den nächsten Jahren lernen möchten?
Ja, sehr gerne: Alphorn, Tuba und Örgeli. Zurzeit bin ich auf der Suche nach Occasion-Instrumenten. Falls also jemand jemanden kennt: Ich wäre ein dankbarer Abnehmer.
 
Info: Kunz, Freitag, 20 Uhr, Kufa Lyss, Werdtstrasse 17. Weitere Infos und Tickets unter www.kufa.ch

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