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Ligerz

Auf den Spuren von Dürrenmatt bergab wandern

In Prêles ist der Themenweg zu Ehren von Friedrich Dürrenmatt eingeweiht worden. Er führt via Schernelz, wo der Schriftsteller vier Jahre wohnte, entlang von 13 Posten nach Ligerz hinunter.

Die Berner Kulturdirektorin Christine Häsler persönlich hat den Themenweg in Prêles eröffnet. Werner Könitzer (links), Präsident von Tourismus Biel Seeland, und Serge Rohrer, Präsident von Jura bernois Tourisme, assistierten ihr dabei. Matthias Käser

Beat Kuhn

Dass ein Regierungsratsmitglied in offizieller Mission in die Region kommt, ist ein seltenes Ereignis. Gestern Nachmittag war es wieder einmal soweit: Regierungsrätin Christine Häsler, die Bildungs- und Kulturdirektorin des Kantons Bern, liess es sich nicht nehmen, selbst nach Prêles zu kommen, um den Dürrenmatt-Themenweg einzuweihen. Dieser führt von der Bergstation des Vinifuni zur Talstation in Ligerz hinunter. Von 1948 bis 1952 hatte der Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt, der dieses Jahr seinen 100. Geburtstag hätte feiern können, mit seiner Familie im Weiler Schernelz der Gemeinde Ligerz gewohnt.

Erstellt haben den Weg die beiden regionalen Tourismusorganisationen, vertreten durch Werner Könitzer, Präsident von Tourismus Biel Seeland, und Serge Rohrer, Präsident von Jura bernois Tourisme. Könitzer dankte allen beteiligten Behörden, Organisationen, Firmen und Sponsoren, deren Repräsentantinnen und Repräsentanten das Publikum des Anlasses bildeten. Sein besonderer Dank galt jedoch Sabine Gasser, die das Projekt während drei Jahren mit grossem Einsatz allen Widrigkeiten zum Trotz zum Ziel geführt habe.

Kakadu Lulu weist den Weg
Dürrenmatt hatte einen Vogel – ein Kakaduweibchen namens Lulu. Sie führt einen, denn die Wegweiser dieser neuen Route auf bestehenden Wegen haben einen Kakadukopf als Logo. Und alle paar hundert Meter taucht Lulu auch auf den 13 weissen Texttafeln auf, die an Bäumen befestigt sind. Jede beleuchtet eine andere Facette im Leben und Werk des bedeutenden Dramatikers, der auch hintergründige Kriminalromane und philosophische Schriften verfasst hat. Und ein QR-Code zaubert vertieft Interessierten zusätzliche Informationen aufs Handy. Wer es nicht so technisch mag, kann die QR-Code-Texte – die auf Deutsch und Französisch angeboten werden – auch in einer Begleitbroschüre lesen.

Gleich an der ersten Lulu-Station erfährt man zum Beispiel, dass der Schriftsteller die Kakadudame 1964 für 1000 Franken gekauft hat. Da wohnte Dürrenmatt allerdings längst nicht mehr oberhalb des Bielersees, sondern hoch über Neuchâtel am Neuenburgersee. Dank den Welterfolgen «Der Besuch der alten Dame» und «Die Physiker» wohlhabend geworden, blieb er dort bis zu seinem Tod im Dezember 1990, an die vier Jahrzehnte.
Aus Armut hingezogen

Während seiner vier Jahre in Schernelz war Dürrenmatt dagegen ein armer Poet, von dem man sich bis heute erzählt, dass er so manche Flasche Wein zwar getrunken, aber nie bezahlt habe. Vom Bielerseewein inspiriert, hat er hier seine ersten grossen Werke geschrieben: den Krimi «Der Richter und sein Henker» sowie die beiden Komödien «Romulus der Grosse» und «Die Ehe des Herrn Mississippi».

An den Stationen sechs und sieben erfährt man, wie der in Konolfingen und Bern aufgewachsene Pfarrerssohn nach Ligerz kam: 1946, im Alter von 25 Jahren, brach er sein Studium der Philosophie, Naturwissenschaften und Germanistik ab, um sich der Schriftstellerei zuzuwenden. Mit seiner im selben Jahr geheirateten Frau Lotti lebte er zunächst in Basel. 1948 zog das Ehepaar mit dem 1947 geborenen Sohn Peter zunächst ins Dorf Ligerz selbst, dann nach Schernelz hinauf, in das Haus von Lottis Mutter an der Obergasse. Als 1949 Tochter Barbara hinzukam, wechselte die junge Familie in eine grössere Wohnung in die «Festi» hinüber, jener Häusergruppe, die nach einer einstigen Festung benannt ist und ebenfalls zu Schernelz gehört. Als 1951 Tochter Ruth die Familie komplettierte, wurde der Wohnraum jedoch auch dort zu klein. Das war der Grund, warum Dürrenmatts nach Neuenburg wegzogen, wo sie günstig ein passendes Haus fanden.

Verweilzeit bestimmt Dauer
Diese wechselnde Wohnsituation bestimmt denn auch den Verlauf des Weges im unteren Teil – nachdem Lulu einen im oberen Teil auf einer Waldstrasse mit mehreren Haarnadelkurven nach Schernelz geführt hat. Über die Obergasse führt der Weg den Hang entlang zur «Festi». Danach geht es am beliebten Hochzeitskirchlein, in dem auch Friedrich und Lotti den Bund der Ehe geschlossen haben, steil zur Talstation des Vinifuni hinunter. Je nach dem angeschlagenen Tempo und der Verweildauer an den einzelnen Stationen dauert die fünf Kilometer lange Wanderung, bei der 400 Höhenmeter überwunden werden, zwischen zwei und drei Stunden.
Lulu als Wegbegleiterin zu wählen, war auch insofern clever, als auf diese Weise selbst Kinder Freude an der Wanderung haben, die noch keine Ahnung haben, wer Dürrenmatt überhaupt war.

 

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