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Landwirtschaft

Bauern bekennen Farbe

Wer auf dem Nebensträsschen von Studen Richtung Scheuren unterwegs ist, sieht beim Hof mit den Mutterkühen einen grossen Stapel farbiger Siloballen. Mit dem bunt eingepackten Futtervorrat unterstützt Landwirt Stefan Christen einen wohltätigen Zweck.

"Kaum jemand kennt den Hintergrund der farbigen Siloballen": Landwirt Stefan Christen. Bild: Peter Samuel Jaggi

Denise Gaudy

Was dieser Bauer wohl für einen Spleen hat, denkt sich manch einer, der zu Fuss oder mit dem Velo die Ebene südlich von Schwadernau durchquert. Tatsächlich bietet die landwirtschaftliche Siedlung der Familie Christen einen ungewohnten Anblick: Vor dem Hof türmen sich 140 Siloballen – neben weissen auch rosarote, blaue und gelbe, farblich systematisch assortiert. «Von Passanten werden wir immer wieder gefragt, was das soll. Und von Berufskollegen werde ich manchmal belächelt. Kaum jemand kennt den Hintergrund der farbigen Siloballen», erzählt der Schwadernauer Landwirt Stefan Christen.

 

Für Krebs sensibilisieren

Was lustig und originell aussieht, hat einen ernsten Hintergrund: Mit dem Einwickeln des Futtervorrats für seine Mutterkuh-Herde in bunte Folie leistet Stefan Christen nämlich einen kleinen Beitrag zu Gunsten Krebskranker: Für das farbige Plastik bezahlt er einen etwas höheren Preis und unterstützt damit die Organisation Pink Ribbon Schweiz (siehe Infobox). Mit den pinkfarbenen Siloballen wird die Früherkennung von Brustkrebs gefördert, mit den Blauen die Prävention von Prostatakrebs und mit den dieses Jahr neuen Gelben wird auf Krebs bei Kindern aufmerksam gemacht. «Eine gute Sache», ist der gelernte Landwirt und studierte Agraringenieur überzeugt.

Nachdem Christen die pinkfarbenen Siloballen beim Landwirt Donat Schneider in Diessbach zum ersten Mal gesehen hatte, fing er letztes Jahr selber an, das Winterfutter für sein Rindvieh bunt einzupacken: «Rein optisch sind Siloballen nun wirklich nichts Schönes in der Landschaft. Aber als Farbkleckse sind sie doch immerhin etwas ansehnlicher.»

Abgesehen davon stehe er voll und ganz dahinter, öffentlich ein Zeichen der Solidarität zu setzen für krebsbetroffene Menschen. Eigentlich habe seine Frau Claudia ihn ermuntert, sich an der Promotion zur Krebsvorsorge zu beteiligen, ergänzt der vierfache Familienvater mit einem Augenzwinkern.

Dabei handle es sich um einen absolut verkraftbaren finanziellen Aufwand, koste eine Rolle farbiger Folie doch nur minim mehr als eine Rolle weisser Folie. Mit einer Rolle wickelt Stefan Christen etwa 23 Ballen ein. Hinter der Aktion stehen der schwedische Agrarfolienhersteller Trioplast sowie die Firma Aemisegger-Agro in Lutzenberg als Folien-Generalimporteur.

Vreni Aemisegger rechnet vor: «Pro Rolle des farbigen Plastiks gehen drei Euro in die Krebsforschung und -prävention. Dieser Betrag wird zu je einem Drittel getragen vom Hersteller, von uns als Importeur und vom Kunden, der die Folie für die Ballen verwendet.» Umso erstaunlicher ist, dass die Farbtupfer im Seeland nicht häufiger vorkommen – bis auf Diessbach, wo derzeit gelbe Ballen auf den Feldern liegen.

Aemisegger sagt, dass die Nachfrage nach bunter Folie im zweiten Jahr der Aktion 2016 bislang am grössten war. Die Solidarität sei zwar nach wie vor deutlich spürbar jedenfalls in der Ostschweiz und im Graubünden, wo die Landwirte relativ viele farbige Siloballen herstellten.

Allerdings hätten ihre Wiederverkäufer im Bernbiet dieses Jahr zwar pinkfarbene und blaue aber keine der neuen gelben Folie bestellt.

2017 kamen mit der Folienaktion knapp 6500 Franken zusammen für den wohltätigen Zweck. Im ersten Jahr der Kampagne waren es rund 10 000 Franken.

 

Beteiligung rückläufig

Trotz tendenziell rückläufiger Beteiligung an der Siloballen-Aktion begrüsst Pink Ribbon Schweiz-Gründerin Nicole Zindel insbesondere die Solidarität mit krebsbetroffenen Menschen in ländlichen Gebieten: «Mit unseren Events und Kampagnen unterschiedlichster Art haben wir bislang eher ein städtisches Publikum angesprochen. Umso erfreuter waren wir 2015, dass die Siloballen-Aktion richtig hohe Wellen geschlagen hat. Als wohltätige Organisation ist es jedoch nicht jedes Jahr möglich, Propaganda im gleich grossen Stil zu machen. Zudem zeichnet sich leider ab, dass es gebietsweise zunehmend Probleme mit dem Landschaftsschutz gibt.»

 

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Solidarität mit Krebskranken

2014 hat der schwedische Agrarfolienhersteller Trioplast die pinkfarbenen Siloballen-Folien in Neuseeland lanciert mit dem Ziel, ein Zeichen der Solidarität mit Brustkrebs-Patientinnen zu setzen und Spendengelder für Forschung und Prävention zu generieren. Ein Jahr später wurde die Aktion erfolgreich auch in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich durchgeführt. 2016 gesellten sich blaue Siloballen dazu, um das Tabu-Thema Prostatakrebs in den Fokus zu rücken. Dieses Jahr neu sind Siloballen auch gelb eingewickelt zur Sensibilisierung für Krebs bei Kindern. In der Schweiz fliesst das Spendengeld aus den Siloballen in die Organisation Pink Ribbon Schweiz, die verschiedenste Kampagnen und Events durchführt zur Solidarität mit Krebsbetroffenen sowie zur Unterstützung von Krebsforschungs- und Präventionsprojekten. Mit den blauen Ballen wird eine Prostatakrebs-Studie der Uni Basel unterstützt, mit den Gelben ein Ferienlager für krebskranke Kinder mitfinanziert – ein Projekt der Krebsliga Zürich. gy

 

Direkt ab Hof

Stefan und Claudia Christens Hof in Schwadernau umfasst 20 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche. Rund die Hälfte davon ist Weide- und Grasland sowie Land für den Anbau von Futtermais. Der andere Teil der Fläche wird für den Ackerbau genutzt. Hauptbetriebszweig ist die 25 Tiere zählende Mutterkuh-Herde für die Produktion von Naturabeef-Fleisch. Mutterkühe und Muni bekommen ausschliesslich hofeigenes Futter – im Winter unter anderem Gras-Silage. Das rote Kalbfleisch ist auf Christens Hof im Direktverkauf erhältlich. gy

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