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Jubiläum

Beim Festkalender bestimmen die Grafen noch heute mit

Die 800-Jahr-Jubiläen von Aarberg, Tschugg und Finsterhennen liegen zeitlich so nah beieinander, weil sie einen gemeinsamen Ursprung haben. Die Bieler Historikerin Margrit Wick-Werder kennt ihn.

Das Schloss Aarberg stammt in seiner heutigen Form nicht aus dem 13., sondern aus dem 16. Jahrhundert. Peter Samuel Jaggi
Beat Kuhn
 
Aarberg, Tschugg und Finsterhennen sind nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Und sie feiern praktisch gleichzeitig ihr 800-Jahr-Jubiläum (das BT berichtete). Das kann doch kein Zufall sein – und in der Tat ist es keiner: Laut der Bieler Historikerin Margrit Wick-Werder bauten die Grafen von Fenis-Neuenburg damals Siedlungen aus, «um ihr Herrschaftsgebiet im Seeland zu festigen». 
 
Vor diesem Hintergrund geht sie davon aus, dass in den kommenden 20, 30 Jahren noch viele Dörfer in der Region ihr 800-Jahr-Jubiläum feiern können. Allerdings betont sie, dass sich die Jahreszahlen dieser Jubiläen lediglich auf die erste urkundliche Erwähnung beziehen, «und die sagt gar nichts über das Alter der Siedlung aus».
 
Aarberg: Stadt auf Aare-Insel
Eine besondere Rolle bei der Ausweitung des Siedlungsraums im Seeland spielte damals Aarberg, weil es als Stadt mit einer Burg erbaut wurde. Laut Wick-Werder gründeten die Grafen von Fenis-Neuenburg sie auf einer Insel inmitten der damals noch ungebändigten Aare, die bereits zuvor besiedelt gewesen war. In welchem Jahr Aarberg gegründet worden ist, lässt sich laut der Historikerin nicht sagen. Man wisse lediglich, dass es nicht vor 1220 gewesen sein könne. 
 
Ab 1358 verpachteten die Grafen von Neuenburg das Schloss an Bern, und dieses wurde Sitz der bernischen Landvögte. 1419 brannte das Gebäude wie die übrige Stadt bis auf die Grundmauern ab, 1477 kam es erneut zu einem Brand im Schloss. Anfang des 16. Jahrhunderts baute der Kanton das Amthaus als neuen Landvogtsitz. Dieses beherbergt heute das Regierungsstatthalteramt, das Betreibungs- und Konkursamt, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Seeland sowie die Kantonspolizei.
 
Tschugg: Rundgang statt Fest
Die erste überlieferte Erwähnung von Tschugg stammt von 1221. In einer Urkunde aus jenem Jahr kommt der Ort in der Schreibweise Shuc vor. 1420 erscheint dann die Form Shugg, 1578 Dschuck. Das für letztes Jahr geplante Dorffest wurde durch die Pandemie verhindert. Statt es zu verschieben, hat man die Form des Jubiläums geändert: Am 1. August fand ein dreistündiger Rundgang durch das Dorf statt, bei dem es an sechs Posten Interessantes zum Dorf zu hören gab. Am Abend folgte das Fest zum Nationalfeiertag. Sowohl am Rundgang als auch an der Bundesfeier nahmen sehr viele Leute teil, wie Gemeindeschreiber Martin Schneider festhält.
 
In Aarberg hat nicht Corona das 2020 geplante Feiern des 800-Jahr-Jubiläums verhindert. Vielmehr lehnte der Gemeinderat das erste Feier-Konzept als zu wenig lokal ab. Nun wird ein zweites Projekt, «Aarberg 800», realisiert, das an der Gemeindeversammlung im Dezember gutgeheissen wurde. Den Auftakt bildet ein eintägiges Fest im Frühsommer 2023. Danach finden ein Jahr lang zahlreiche Anlässe statt, die in die Jahresprogramme der Vereine integriert sind. Den Schlusspunkt setzt ein dreitägiger Anlass im Sommer 2024. «Wir werden die Vereine spätestens Ende Februar, Anfang März dieses Jahres informieren und zu einem Kick-off-Treffen einladen», sagt Gemeinderat Hans Käser (FDP), unter dessen Leitung die Wirtschaftskommission das Projekt erarbeitet hat. 
 
Finsterhennen: von 800 zu 810
An der Gemeindeversammlung im Dezember hat Finsterhennen bereits zum dritten Mal 43 000 Franken für seine Jubiläumsfeier bewilligt. 2020 und 2021 waren die Kredite im Budget verfallen, weil sie wegen der verhängten Coronamassnahmen in beiden Jahren nicht durchgeführt werden konnten. 2020 hatte das 800-Jahr-Jubiläum gewürdigt werden sollen. Doch als man die Feier 2021 noch einmal verschob, wechselte man vom Jahr 1220 auf das Jahr 1212, um dann neu das 810-Jahr-Jubiläum zu begehen. Das war möglich, weil es für die erstmalige Erwähnung des Ortes nicht eine bestimmte Jahreszahl gibt, sondern den Zeitraum zwischen 1212 und 1220. 
Als zweiten Verschiebungstermin für das entsprechende Dorffest hat der Gemeinderat das Wochenende vom 2./3. Juli dieses Jahres festgelegt. Falls die Durchführung auch dann nicht möglich ist, wird der Anlass definitiv und ersatzlos abgesagt werden.
 
Nichts mit Dunkelheit zu tun 
Überraschenderweise gar nichts mit Dunkelheit zu tun hat der Name dieses Dorfes: Zwischen 1212 und 1220 schenkte Graf Ulrich III. von Fenis-Neuenburg der Abtei Erlach ein Gut in «Freineshun», wie Finsterhennen in der Urkunde genannt wird – die Schreibweise der Ortsnamen war teils noch bis ins 19. Jahrhundert nicht einheitlich. Gemäss einer Quelle von 1453 lautete der Dorfname damals dann «zu den veisten hennen» sowie 1526 «feissen hennen». Diese alten Namen des Ortes gehen wohl auf die Form des Zehnten zurück, wie die üblichen Steuern mit dem einheitlichen Steuerfuss von zehn Prozent genannt wurden. 
 
Der Zehnte wurde generell in Naturalien entrichtet. Und in diesem Fall geschah dies offenbar in Form von Masthennen, sprich «veisten» Hennen – «veist» ist das altdeutsche Wort für «feiss» oder «fett». Auf diese Weise ist das Dorf zum Namen «Veiste Hennen» gekommen. In seiner heutigen Form Finsterhennen taucht der Ortsname 1782 erstmals auf. Da kann einer etymologisch leicht auf «Finsternis» kommen – und damit im Dunkeln tappen. In der schweizerdeutschen Bezeichnung «Feisterhennen» ist die sprachliche Herkunft hingegen bis heute hörbar. 
 

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