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Abwahl

Berner Jura nicht mehr vertreten

SVP-Nationalrat Manfred Bühler, der einzige bernjurassische Volksvertreter in Bundesbern, wurde nicht wiedergewählt. Anhänger der Volkspartei bevorzugen Kandidaten aus ihrer Region. Im schwach besiedelten Jura reichten die Stimmen nicht.

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  • Dossier

Pierre-Alain Brenzikofer/pl

Am Tag nach seiner Abwahl ist Manfred Bühler ein gefragter Mann. Gestern Abend hatte der SVP-Politiker sogar einen Auftritt in der «Arena» des Schweizer Fernsehens. «Hätte ich so viel Medieninteresse während des Wahlkampfes erfahren, stünde ich heute nicht da, wo ich bin», kommentiert Bühler nüchtern. Er stellt fest, dass es für SVP-Vertreter aus der Berner Romandie seit jeher schwierig sei, einen Sitz im Bundesparlament zu halten: «Es handelt sich um ein Zahlenproblem. Selbst wenn man auf regionaler Ebene viele Stimmen vereint, hat man gegen Mitbewerber aus bevölkerungsstarken Gebieten das Nachsehen.»

Es fühle sich an, als ob man einen Zug erreichen möchte, an dem die zwei letzten Wagen fehlten: «Am Ende bleibt man auf dem Bahnsteig zurück.» Solange die Parteileitung keine wirksamen Massnahmen ergreife, werde sich die Lage der bernjurassischen Volksvertretung nicht bessern, befürchtet Bühler. Das Kumulieren des Kandidaten auf dem Wahlzettel wäre eine gute Möglichkeit, die Chancen der Bernjurassier zu erhöhen.

Fehler gemacht?
«Ich glaube nicht»

Dennoch muss man sich fragen, ob der scheidende Nationalrat während seiner Kampagne Fehler gemacht hat. «Ehrlich, ich glaube nicht», so der Anwalt aus Corgémont. «Was hätte ich mehr tun können? So oder so hätte ich die fehlenden 3000 Stimmen beim besten Willen nicht zusammengebracht.» Klar wäre der Ausgang mit einem teuren Wahlkampf aussichtsreicher gewesen, «aber dafür fehlen mir die Mittel». Jedenfalls habe er 2019 das gleiche Rezept wie 2015 angewendet, und damals habe er damit Erfolg gehabt.

Hat Bühler womöglich wegen seiner Angriffe auf politische Gegner Stimmen verloren? Auch hier ist sich der Politiker sicher: Er habe zwar gewisse Positionen der Grünen bekämpft, «aber stets in angemessener Weise und ohne aggressive Rhetorik». Tatsächlich wurde ihm in der Romandie gelegentlich ein rauer Stil vorgeworfen.

Im deutschsprachigen Kantons- teil hatte er praktisch keinen Kontakt zu den Medien. Immerhin sei ihm die Wählerschaft im Berner Jura treu geblieben: «Wenn ich auf die grüne Welle aufgesprungen wäre, hätte ich nicht 300 Stimmen mehr als bei der letzten Wahl geholt.» Abermals bekräftigt er: «Ich war nie aggressiv oder unfair.»

«Wir haben
ein Zahlenproblem»

Der Eindruck bleibt: Die Parteileitung der Berner SVP hat sich für den Romand nicht besonders ins Zeug gelegt. So streng geht der gescheiterte Kandidat mit seiner SVP aber nicht ins Gericht. Immerhin sei etliches getan worden, um seinen Bekanntheitsgrad zu fördern: Es gab Auftritte an Veranstaltungen, Werbung in den Zeitungen und vieles mehr.

Aber diese Anstrengungen haben nicht ausgereicht: «SVP-Politiker wurden diesmal ganz besonders von ihrer regionalen Anhängerschaft berücksichtigt; sobald man nicht in einem wählerstarken Umfeld steht, reichen die Stimmen nicht aus. Damit haben wir wieder das genannte Zahlenproblem.»

Und dann gab es noch einen Erich Hess, der sich den Luxus leistete, Prospekte an alle Haushalte – auch im Berner Jura – zu verteilen. Dazu meint Bühler: «Dieser Aufwand setzt beträchtliche finanzielle Mittel voraus. So eine Kampagne kostet mehr als 100 000 Franken, denke ich.»

Aber Hess sei nicht nur deswegen gewählt worden: Der Berner falle immer wieder durch Provokationen und pointierte Meinungen auf. «Damit sichert er sich viel Medienpräsenz.» Allerdings könne diese Haltung auch Ablehnung erzeugen, aber in diesem Fall habe sich Hess’ Strategie ausgezahlt.

Manfred Bühler hatte bei der SVP Interesse für einen Sitz im Ständerat angemeldet. Dann stieg aber Parteipräsident Werner Salzmann ins Rennen, wohl auch, um sein Nationalratsmandat zu retten. «Eine solche Kandidatur hätte meinen Bekanntheitsgrad erhöht und gleichzeitig das Resultat am Wochenende entscheidend verbessert», glaubt Bühler. Immerhin hat Werner Salzmann mit seiner Kandidatur für beide Kammern 10 000 Stimmen für den Nationalratswahl hinzugewonnen. «Natürlich hätte ich nicht dasselbe Glanzergebnis für den Ständerat wie mein Parteikollege erzielt», so Bühler.

«Ich lasse mich nicht auf solche Gedankenspiele ein»

Bleibt abzuwarten, ob Salzmann, der ganz knapp hinter Hans Stöckli und Regula Rytz an dritter Stelle im Rennen steht, in die Kleine Kammer einziehen wird. Manfred Bühler ist zuversichtlich: «Der zweite Wahlgang ist völlig offen. Aber mir wird das alles nichts nützen.»

Nun liegen vor dem Gemeindepräsidenten von Cortébert vier Jahre ohne Bundespolitik. Über eine Rückkehr will er heute nicht spekulieren; das liegt ihm nicht. Dennoch meint er: «Die Türen stehen weiterhin offen.»

Grosser Rat, Nationalrat, Regierungsrat? Bühler bleibt dabei: «Wie gesagt, ich lasse mich nicht auf solche Gedankenspiele ein. Dennoch interessiert mich die Politik nach wie vor. Aber jetzt ist es viel zu früh, um über meine Zukunft zu befinden.»

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