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Altersheime

«Besuche zu verbieten, wäre 
der allerletzte Schritt»

Externe Anlässe Nein – Besuche Ja, aber mit Vorbehalten. Betagtenheime in der Region setzen bei Massnahmen gegen 
das Coronavirus auf Eigenverantwortung.

Altersheime in der Region mahnen Besucher zur Vorsicht. Bild: Raphael Schaefer
  • Dossier

Brigitte Jeckelmann

Älteren Menschen kann das Coronavirus gefährlich werden. Zusammen mit Personen mit Vorerkrankungen gehören Betagte zu der Risikogruppe, die besonders guten Schutz benötigt. Altersinstitutionen in der Region sind mit den Vorsichtsmassnahmen auf Kurs. Sie sind durch die alljährlichen Heimsuchungen des hochansteckenden, Durchfall erregenden Norovirus den Umgang mit Viren gewohnt. Im Ruferheim Nidau sind wegen des Coronavirus’ derzeit noch keine drastischen Massnahmen geplant. Heimleiterin Christine Bart kommt soeben von einer Sitzung des Krisenstabs. «Besuche zu verbieten, wäre der allerletzte Schritt», sagt sie. Denn soziale Kontakte seien für die Betagten extrem wichtig. «Wir beobachten die Situation von Tag zu Tag.» Momentan müssten sich Besucher auf einer Liste eintragen und bereits im Eingangsbereich die Hände desinfizieren, sagt die Heimleiterin. Die Bewohner selbst seien ebenfalls mit Desinfektionsmittel ausgerüstet. Interne Anlässe führe man nach wie vor durch.

Kein Singen im Ruferheim

Eine Einschränkung gebe es aber beim öffentlichen Singen, das einmal pro Woche stattfindet und an dem auch Externe teilnehmen: Der Anlass ist vorerst bis Mitte März abgesagt. Ansonsten befolge man im Ruferheim die Anweisungen des Bundesamts für Gesundheit und des kantonalen Gesundheitsamts. Die Heimleitung halte die Mitarbeitenden täglich auf dem Laufenden über neue Entwicklungen, sagt Christine Bart. Wer huste oder Fieber habe, der bleibe zuhause, bei leichten Erkältungen würden Pflegende eine Atemschutzmaske tragen. Zudem weise man die Pflegenden an, in der Freizeit auf Reisen und Aktivitäten in grossen Gruppen zu verzichten. Rückkehrende aus den Risikogebieten müssten zwei Wochen zuhause bleiben.

Auch die Residenz Au Lac in Biel ist noch nicht so weit, Besuche zu verbieten. Dennoch habe man Angehörige und Freunde von Bewohnerinnen und Bewohnern darauf hingewiesen, ihre Besuche aus Rücksicht auf das Nötigste einzuschränken, sagt Direktor Marc Kaufmann. Wie im Ruferheim müssen sich Besucher auf einer Liste eintragen. Darauf bestätigen sie mit Unterschrift, dass sie keine Grippesymptome haben und in den letzten zwei Wochen nicht in einem Risikogebiet waren. Als weitere Vorsichtsmassnahmen sind laut Kaufmann sämtliche Aktivitäten wie Singen, Yoga, Clownbesuche sowie öffentliche Anlässe bis auf Weiteres abgesagt. Stand heute seien das Restaurant und der Seminarbereich noch geöffnet, da sie vom Heim räumlich getrennt sind. Doch auch hier würden gemäss Vorgaben von Bund und Kanton alle Anlässe auf mögliche Risiken geprüft und sämtliche Gäste analog der Besucherliste erfasst, um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.

Mitarbeitende würden Stuhllehnen, Handläufe, Esstische und andere Flächen viel öfter desinfizieren als üblich, sagt Marc Kaufmann weiter. Pflegepersonal mit Symptomen müsse sich von zuhause aus bei der Pflegedienstleitung melden.

Neue Freundlichkeit in Lyss

«Wir versuchen, ohne Nervosität und der Situation angepasst zu arbeiten», sagt René Müller, Leiter des Altersheims Lyss-Busswil. Auch er hat Veranstaltungen abgesagt, will aber Besuchern den Zutritt nicht generell untersagen. Vielmehr appelliert Müller an die Eigenverantwortung. Auf Plakaten im Eingangsbereich steht ein Verbot für Personen, die in Risikogebieten waren oder Erkältungssymptome haben. Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt unter anderem, Abstand zu anderen Personen zu halten. Auf Händeschütteln, Küsschen geben und Körperkontakt sei zu verzichten. Müller und sein Team haben dazu extra ein Plakat entworfen, auf dem sie von der «neuen Freundlichkeit im Zeitalter des Coronavirus» sprechen: Mit Worten statt mit Berührung trösten, um ein Beispiel zu nennen.

Jasscup fällt aus

Aus dem Schlössliheim Pieterlen tönt es ähnlich. Heimleiter Thomas Trösch hat für alle Anlässe mit Externen einen Stopp verfügt. Das gilt auch für den traditionellen Jasscup, der heute hätte stattfinden sollen. Den Entscheid habe man allen Teilnehmern persönlich am Telefon mitgeteilt, sagt Trösch.

In den vier Betagtenheimen der Stadt Biel hat das Coronavirus nicht viel am täglichen Leben verändert. Laut Co-Leiter Daniel Stäheli hat man sich aber auf drohende Notsituationen wie etwa Personal- oder Materialmangel vorbereitet. Falls in der nächsten zeit überdurchschnittlich viele Pflegende ausfielen, würde man sich mit Zivildienstleistenden behelfen können, sagt er. Beim Material sehe er weniger Probleme; die Heime verfügten in der Regel über genügend Reserven, da Virusinfektionen keine Seltenheit seien. Stäheli: «Wir sind uns stets bewusst, dass wir Risikogruppen in unserer Obhut haben.» Dennoch stünden auch die städtischen Heime vor der grossen Frage «zumachen oder nicht?» Sollte sich die Lage weiter zuspitzen, könnte es sein, dass sich dies nicht vermeiden lasse, sagt Stäheli.

Besuche zu verbieten, könne in manchen Fällen schwer vertretbar sein, zum Beispiel bei Bewohnern in der Sterbephase. «Dann müssten wir situativ entscheiden.»

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