Sie sind hier

Abo

Titelgeschichte

Das Drehkreuz der Region

Ins dürfte vielen vor allem wegen einem bekannt sein: Dem berühmten Maler Albert Anker. Doch das Dorf ist weit mehr als eine schöne Kulisse. Es verbindet das Welschland mit der Deutschschweiz, ist Ausgangspunkt für Reisen und Ausflüge. Gleichzeitig bietet es seinen Bewohnern ein pulsierendes Dorfleben – und weiss auch zu überraschen.

  • 1/34
  • 2/34
  • 3/34
  • 4/34
  • 5/34
  • 6/34
  • 7/34
  • 8/34
  • 9/34
  • 10/34
  • 11/34
  • 12/34
  • 13/34
  • 14/34
  • 15/34
  • 16/34
  • 17/34
  • 18/34
  • 19/34
  • 20/34
  • 21/34
  • 22/34
  • 23/34
  • 24/34
  • 25/34
  • 26/34
  • 27/34
  • 28/34
  • 29/34
  • 30/34
  • 31/34
  • 32/34
  • 33/34
  • 34/34
zurück

Text: Jana Tálos
Bilder: Lee Knipp

Wissen Sie noch, welche Geschäfte in ihrer Gemeinde zuletzt zur Abstimmung kamen? Wie hoch der Kredit war, der für den Bau der neuen Turnhalle gesprochen wurde? Oder welcher Verein im Dorf zuletzt sein 50-Jahr-Jubiläum feierte?

Für Tildy Schmid dürfte es kein Problem sein, diese Fragen zu beantworten. Seit den 90er-Jahren berichtet die gebürtige Inserin und einstige «Lädelifrau» für das BT als Korrespondentin über ihr Dorf am Rande des Berner Seelands. Sie hat Gemeindepräsidenten kommen und gehen sehen, Projekte von der Planung bis zur Ausführung mit ihrer Berichterstattung begleitet. Aber auch mit Historischem kennt sie sich aus, rollt Geschichten auf, wie die des US-Soldaten Max Young, der während eines Urlaubs am Ende des Zweiten Weltkriegs für einen Verwandtenbesuch nach Ins kam (siehe BT vom 22. August).

Dass Tildy Schmid und ihr Mann Kurt Hunziker, ebenfalls ein gebürtiger Inser und Präsident des Dorfvereins, das perfekte Duo sind, um ihre Gemeinde einem grösseren Publikum vorzustellen, steht damit ausser Frage. Und so kommt es, dass das Team des BT an einem bitterkalten Dezembertag genau von diesen beiden im Zentrum von Ins in Empfang genommen wird, um im Rahmen der Serie «Mini Beiz, mi Verein, mis Dorf» etwas über ihre Gemeinde zu erfahren.

Einfach sei es allerdings nicht gewesen, ein geeignetes Programm auf die Beine zu stellen, warnt Tildy Schmid: «Ins hat so viel zu bieten, dass ein einziger Nachmittag gar nicht ausreicht, um sich alles anzuschauen.» Einer aber, das sei von Beginn weg klar gewesen, soll an diesem Tag für einmal nicht im Mittelpunkt stehen: der berühmte Maler Albert Anker (1831-1910), der bis heute mit seinen Bildern von Szenen aus dem Schweizer Volksleben begeistert und der Gemeinde landesweit Bekanntheit verschafft hat. «Über ihn wurde bereits so viel berichtet und geschrieben», sagt Schmid. Die Leserschaft solle das Ankerdorf auch mal von einer anderen Seite kennenlernen.

Endlose Weite

Die erste Station, die Tildy Schmid und Kurt Hunziker für ihren Rundgang mit dem BT ausgesucht haben, liegt denn auch nicht mitten im Inser Zentrum. Der Weg führt mit dem Auto aus dem Dorf hinaus, den Hügel hinab, vorbei an riesigen Feldern und ein paar vereinzelten Höfen, die hier, in den Weiten des Grossen Mooses, meilenweit voneinander entfernt zu sein scheinen.

Wie auch einige andere Gemeinden im Seeland verfügt Ins seit den beiden Juragewässerkorrektionen über riesige Flächen an fruchtbaren Torfböden, auf denen jährlich tonnenweise Gemüse gedeiht. «Wegen der Erosion und dem Klimawandel sind viele dieser Böden bedroht», sagt Tildy Schmid. Trotzdem liegen hier draussen immer noch einige der grössten Bauernhöfe der Schweiz, so beispielsweise der Lindenhof der Strafanstalt Witz-wil oder auch das Lindergut in der Nähe des Broyekanals.

Entgegen allen Erwartungen führt der erste Stopp aber nicht etwa in einen Gemüsebetrieb. Stattdessen hält der Caravan im Staatswald direkt hinter dem Lindergut, wo wenige Sekunden später auch Gemeinderat Thomas Wenk eintrifft. Gemeinsam mit Tildy Schmid und Kurt Hunziker will der SP-Mann, der für das Ressort «Gemeindebetriebe» verantwortlich ist, dem BT einen Ort zeigen, der quasi sinnbildlich dafür steht, welche Rolle Ins für die Region spielt: «Unser Dorf ist das Drehkreuz der Region», sagt Wenk. Hier würden die Grenzen zwischen Deutsch und Welsch überwunden und Routen und Wege sich kreuzen, und das eigentlich schon seit Jahrhunderten.

Die Brücke

Was damit gemeint ist, zeigt sich, als die Gruppe nach ein paar Minuten Fussmarsch aus dem Wald um die Ecke biegt: Wie aus dem Nichts taucht eine Brücke auf, eine kunstvoll geschwungene Holzkonstruktion, die über das Wasser ans andere Ufer gleitet. Darunter fliesst die Broye, die den Murtensee mit dem Neuenburgersee verbindet. Neben dem Hauptkanal, einem kleinen Zufluss, der parallel zur Brücke in den Fluss mündet, sind die kleinen Bauten des Campingplatzes Les Trois Lacs von Sugiez zu sehen, das, wie auch das Land auf der anderen Kanalseite zur Gemeinde Mont-Vully gehört.

Die Pont Rotary, wie sie wegen ihren Stiftern – diversen Rotary-Clubs der Schweiz – genannt wird, steht nicht nur an der Grenze zu einem anderen Gemeindegebiet. Sie liegt auch direkt an der Grenze zwischen den Kantonen Bern und Freiburg und damit mitten im Röstigraben – der Sprachbarriere zwischen Deutsch und Französisch.

Das Ziel der Brücke, die im Hinblick auf die Expo.02 gebaut wurde, sei es denn auch gewesen, die Sprachgrenzen zu überwinden und die Mentalitäten von Welschland und Deutschschweiz zu verbinden, sagt Thomas Wenk. Über die nationale Veloroute 5, die nun über die Rotary-Brücke führt, wurde es den Besucherinnen und Besuchern der Expo.02 möglich gemacht, einfach und sicher zwischen den verschiedenen Arteplages in Murten, Yverdon-les-Bains, Neuenburg und Biel hin- und herzufahren.

«Bis heute werden diese Wege intensiv genutzt», sagt Wenk. Tildy Schmid und Kurt Hunziker nickend zustimmend. Besonders im Sommer sei hier «ziemlich etwas los», Spaziergänger, Velofahrerinnen, Hündeler und Skaterinnen passierten im Minutentakt die autofreie Brücke. An diesem kalten und bewölkten Dezembertag hingegen lassen sich nur einige wenige, gut eingepackte Einheimische auf dem Velo blicken. Die drei Inser grüssen jeden, der vorbeifährt, mit Namen.

Ein Verkehrsknoten

Der Ort am Fusse des Mont Vully, oder auch «Wistenlacher», wie er auf Deutsch und von den Insern genannt wird, ist jedoch nicht erst seit dem Bau der Brücke Dreh- und Angelpunkt der Region. Hier soll etwa 60 vor Christus auch die Auswanderung der Helvetier nach Gallien gestartet sein, wie Thomas Wenk weiss. Der Hauptkanal sei zudem ein Überbleibsel des sogenannten Aarbergergrabens, den die Aarberger zur Erschliessung des Warenverkehrs zwischen dem Raum Genf und Bern erbaut hatten, jedoch nur etwa zehn Jahre nutzten.

Dass Ins ein wichtiger Punkt auf der Landkarte ist, zeigt sich auch dadurch, dass 1847 beim einstigen «Schwarzen Bären» mitten im Dorf eine Pferdewechselstelle der Poststrecke zwischen Neuenburg und Bern installiert wurde. «Dank den anfangs des 20. Jahrhundert erbauten Eisenbahnlinien und dem Bahnhof ist Ins bis heute ein Knotenpunkt in der Region geblieben», sagt Thomas Wenk. So kreuzen sich am Bahnhof Ins die Strecken der Züge, die zwischen den Städten Neuenburg, Biel, Bern und Murten verkehren, was dem Ankerdorf eine gewisse Zentrumsfunktion verleiht.

Nicht zuletzt sei der Standort zwischen Broyekanal, Staatswald, Seen und Hügel aber auch ein beliebtes Naherholungsgebiet, in dem sich sowohl Menschen als auch Tiere wohlfühlen, so Wenk. Wie auf Kommando erklingt aus der näheren Umgebung ein Pfiff. «Ein Eisvogel!», ruft Thomas Wenk wie aus der Pistole geschossen. Sofort blicken sich alle um, das blau-orange Gefieder suchend, für das der kleine Vogel so bekannt ist. Nach ein paar Minuten erklingt ein zweiter Pfiff. Nun hat ihn Thomas Wenk entdeckt: Der Vogel sitzt auf einem Ast oberhalb des Hauptkanals, den strahlend blauen Rücken der Gruppe auf der Brücke zugewandt.

Obwohl die Gruppe den Vogel einige Zeit beobachten kann: Eine Nahaufnahme will er dem BT-Fotografen nicht gewähren und stürzt sich kopfüber in den Kanal, als sich ihm dieser nähert, und verschwindet einige Sekunden später in der Ferne.

Auf zum Strand

Die Gruppe macht sich nun auf den Rückweg zum Parkplatz, wo sich Thomas Wenk wieder verabschiedet. «Jetzt geht es an den Strand und an die Wärme», sagt Tildy Schmid.

Das klingt gut, zumal die Finger vom Schreiben und Fotografieren in der kalten Luft ziemlich klamm geworden sind. Bloss: Wo sollen dieser «Strand» und diese Wärme sein? Ins verfügt über keinen direkten Seeanstoss, und nach einem Temperaturumschwung sieht es aktuell auch nicht aus.

Aufklärung gibt es schon wenige Minuten später, als der Caravan unterhalb des Dorfes im Industriegebiet auf einen Parkplatz eintrifft. Bereits die Plastikpalme neben der rechteckigen Halle lässt erahnen, worin dieser «Strand» bestehen könnte: Die Inserinnen und Inser haben sich ihr Sommerparadies ganz einfach selbst gebaut – und dass erst noch «Indoor» und damit zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter geniessbar.

Im Eingang der Halle wird die Gruppe bereits vom Mitinhaber dieses Sommerparadieses erwartet: Mike Abegglen, Geschäftsleiter einer Kommunikationsagentur namens Web-ID, der das Beach-In, wie das Sommerparadies offiziell heisst, 2015 initiiert hat. «Ursprünglich war ich bloss auf der Suche nach grösseren Büroräumen», sagt der Tschugger, dessen Firma in Ins stationiert ist und wegen der Nähe zu den Kunden auch dort bleiben sollte. Da Bürogebäude in der Gegend rar sind, habe er sich dazu entschieden, selbst zu bauen, und zwar hier unten auf der «Rämismatte».

Weil die Fläche allein für Büros aber zu gross war, habe er die Idee gehabt, dass man das noch mit etwas anderem kombinieren könnte. Das Resultat dieser Idee zeigt sich, als das BT-Team Abegglen in einen Raum folgt, der sich als eine Art Bistro entpuppt: Von hier aus blickt man durch eine Fensterfront direkt in eine riesige Halle voller Sand, in der zwei Beachvolleyballfelder abgesteckt sind. Die Wände der Halle sind bedeckt mit dem riesigen Panoramabild einer Insel inmitten von türkisblauem Wasser, mit Palmen und weissem Sand, «eine einzigartige Kulisse beim Indoorbeachen», wie Abegglen versichert.

Dass es eine Indoor-Beachanlage werden würde, sei übrigens ebenfalls nicht von Anfang klar gewesen. «Eigentlich wollte ich neben dem Bürogebäude eine Aussenanlage installieren», sagt Abegglen, der selbst eine Zeit lang auf höherer Stufe Beachvolleyball gespielt hat. Dann aber sei ihm aufgefallen, dass es in der Schweiz gerade mal drei Indoor-Beachvolleyball-Anlagen gibt, und dass sich diese im Winter vor Buchungen kaum retten können. «Ich sah die Möglichkeit, hier in eine Marktlücke einzusteigen.»

Im Sommer überrannt

Ganz gratis war der Einstieg in dieses Geschäft jedoch nicht: Rund fünf Millionen Franken kostete der Bau der Halle, des Bistros mit kleiner Küche, den daneben angesiedelten Büro- und Seminarräumen sowie den sieben Hotelzimmern und dem noch nach nicht ganz fertiggestellten Spa, das ebenfalls in dem Komplex untergebracht ist.

Trotzdem scheint sich die Investition bereits jetzt, knapp zwei Jahre nach der Eröffnung gelohnt zu haben: Mit Martin Laciga, dem ehemaligen und international erfolgreichen Beachvolleyballspieler aus Kerzers, hat Abegglen einen Partner und Mitinhaber an seiner Seite, der in der Szene gut vernetzt ist. Und so gaben sich hier nebst kleineren Vereinen aus der Region bereits nach kurzer Zeit die Beachvolley-Profis die Klinke in die Hand.

An den Wochenenden ist die Halle für Veranstaltungen reserviert, was neben Turnieren und Kursen von Swissvolley auch mal eine Strandparty einer Hochzeitsgesellschaft oder ein Firmenevent sein kann. «Wir haben die Halle so eingerichtet, dass wir alles relativ leicht umbauen können und für die verschiedensten Veranstaltungen bereit sind», sagt Abegglen.

Und das scheint sich herumgesprochen zu haben: 2020, dem zweiten Geschäftsjahr, hat Abegglen wegen der Coronakrise und dem Veranstaltungsverbot über 30 Veranstaltungen absagen müssen. «Den guten Umsatz vom letzten Jahr werden wir natürlich nicht wiederholen können», sagt er. Trotzdem hat er keinen Grund, Trübsal zu blasen: Im Sommer sei er von Hotelgästen, insbesondere von Familien, die in der Region Ferien machten, überrannt worden, «Ich hätte jedes Zimmer wohl mehrfach belegen können», sagt Abegglen.

Wo Chutzenfeuer brannten

Dass den Inserinnen und Insern mit dem «Beach-In» ein Coup gelungen ist, scheint ausser Zweifel, als das BT-Team, Tildy Schmid und Kurt Hunziker den Komplex auf der «Rämismatte» wieder verlassen. Aufgewärmt und ein bisschen in Ferienstimmung geht es nun auf zur nächsten Station des Rundgangs: dem St. Jodel, einem Aussichtspunkt, für den Ins weit über das Seeland hinaus bekannt ist.

Dafür geht es erst einmal wieder hoch ins Dorf und danach weiter zu einer Anhöhe gegenüber des Jolimont, der zwischen Bieler und Neuenburgersee thront. Auf dem kleinen Parkplatz angekommen, übernimmt nun Kurt Hunziker das Zepter. Als Präsident des Dorfvereins – übrigens nur einer von über 40 im Dorf ansässigen Vereinen – weiss er einiges über den Ort hier zu erzählen.

So sei in vorreformatorischer Zeit eine Kapelle auf dem St. Jodel gestanden, die dem heiligen Jododus geweiht war. Später dann, im 17. Jahrhundert, errichtete man hier eine Hochwacht, auch Chutz genannt, über die mithilfe von Feuer Signale an Hochwachten auf anderen Hügelzügen weitergegeben wurden. 1973 und 1974 wurde hier oben schliesslich ein Gemeindepavillon mit Grillstelle und einem Spielplatz gebaut. Die Innenwand des Pavillons ziert – wer hätte es gedacht – ein Anker-Bild. Ganz aus dem Weg gehen können wir dem Inser Maler also doch nicht.

Blick bis ins Val de Travers

Auf dem St. Jodel wird auch die traditionelle 1.-August-Feier der Gemeinde abgehalten. Bei Einheimischen wie Auswärtigen ist es zudem ein beliebter Platz, um die Freizeit zu geniessen. Selbst jetzt, im Dezember, ist eine Mutter mit ihren Kindern im Veloanhänger hierhergekommen und macht eine Pause auf dem Spielplatz.

Verwundern tut es einem nicht. Hier oben geniesst man eine einmalige Aussicht: Lässt man den Blick nach rechts schweifen, erblickt man den Bielersee und die St. Petersinsel. Geradeaus erstreckt sich beinahe endlos der Neuenburgersee, zur Linken ist der Murtensee zu erkennen.

Hinter dem Neuenburgersee öffnet sich zudem eine Schlucht, das Val de Travers, wie Kurt Hunziker aufklärt. «Das ist unser Wetterloch», sagt Tildy Schmid. Wenn sie das Val de Travers nicht mehr sähen, dann sei klar, dass bald schon ein Unwetter über Ins hinwegfegt.

Der Grossanlass

Mittlerweile ist es Abend geworden. Die Dämmerung hat eingesetzt und es wird höchste Zeit, die letzte Station des Rundgangs anzupeilen: das Restaurant Rössli im Dorfzentrum. Nach einer kurzen Fahrt wird die Gruppe dort von Wirtin Barbara Osmola in Empfang genommen. Die gebürtige Polin ist seit neun Jahren Pächterin des Rössli und «die beste Wirtin von Ins», wie Tildy Schmid zu Protokoll gibt.

Doch die aktuelle Pandemie macht auch Osmola zu schaffen. «Wir sind eine Beiz, in der sich Alte und Junge treffen, zum Feierabendbier zum Beispiel», sagt sie, die in ihrer Küche vor allem gutbürgerliche und traditionelle Schweizer Speisen zubereitet. Diese Leute kämen nicht, wenn sie nur zu viert an einen Tisch sitzen könnten. «Wenn das so weitergeht, weiss ich nicht, wie lange wir noch offen haben können.»

Von der Coronapandemie betroffen ist auch ein Inser Grossanlass, der die Gassen normalerweise vom Dorfplatz bis hinauf zum Rathausplatz füllt: der Inser Märit, der einmal im Mai und einmal im Oktober vom Dorfverein Ins ausgerichtet wird. Eine seiner Organisatorinnen, Kathrin Bandi, ist ebenfalls im Rössli eingetroffen. Sie will dem BT-Team vom «grössten Anlass des Jahres» in Ins erzählen.

Was 1985 mit einer Handvoll Stände auf dem Dorfplatz angefangen hatte, lockt jährlich rund 150 Marktfahrende und 1000 bis 20000 Besuchende ins Ankerdorf, «man könnte jeweils fast auf den Köpfen herumlaufen», sagt Bandi. Verkauft werden hauptsächlich Kunsthandwerk, kulinarische Spezialitäten und Brocante-Artikel.

«Wir haben sogar Besucherinnen und Besucher, die aus dem Graubünden und dem Tessin anreisen, um am Markt dabei zu sein», sagt Bandi. Aber auch aus der Westschweiz strömten jeweils viele Märitfreudige ins Dorf. «Ins ist halt von überall her gut zugänglich.» Und da ist er wieder, der Hinweis auf die Bedeutung von Ins als Drehkreuz der Region.

Alles, was es braucht

Mittlerweile hat sich ein weiterer Einheimischer zur Gruppe dazugesellt: Kurt Stucki, seit sechs Jahren Gemeindepräsident von Ins und seit zehn Jahren im Gemeinderat. Als Besitzer des «Rössli», des Hauses, in dem er geboren und aufgewachsen ist, hat er sein Treuhandbüro gleich oberhalb des Restaurants eingerichtet. Der Weg zur Plauderstunde war also nicht weit, und so setzt er sich kurz hin, um ebenfalls von seiner Gemeinde zu erzählen.

Dabei bestätigt Stucki, was das BT-Team nun in den unterschiedlichsten Zusammenhängen erfahren hat: Ins hat in der Region eine Zentrumsfunktion, verbindet Verkehrswege, lockt mit attraktiven Märkten, berühmten Malern, einer schönen Aussicht. «Das Dorf verfügt zudem über alles, was es zum Leben braucht», sagt Stucki: eine Bäckerei, einen Metzger, eine Käserei, einen Gemüseladen, ein Modegeschäft, eine Drogerie, eine Bank, und das erst noch alles direkt am Dorfplatz versammelt, als wäre es ein kleines Einkaufszentrum.

Entsprechend wachse auch die Bevölkerung stetig, innerhalb nur weniger Jahrzehnte habe sich die Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner auf fast 3600 verdoppelt. Und so schnell ist kein Ende in Sicht: «Aktuell entstehen hier bei uns zwischen 80 und 100 neue Wohnungen pro Jahr», sagt Stucki. Allein Anfang des nächsten Jahres würden wieder rund 35 Wohnungen im Bereich des Bahnhofes bezogen.

Es gibt aber auch etwas, was Ins als Zentrum der Region fehlt: Das Dorf bietet seinen Einwohnerinnen und Einwohnern kaum Arbeitsplätze, die meisten arbeiten auswärts, in Bern, Biel, Neuenburg oder Freiburg. «Wir müssen daher auch aufpassen, dass wir nicht zu einem Schlafdorf verkommen», sagt Stucki, und meint damit eine Gemeinde, in die die Menschen nur noch zum Schlafen zurückkehren.

Gleichzeitig seien auch nicht alle einverstanden damit, wie schnell das Dorf wächst. «Wir werden sehen, in welche Richtung sich Ins noch entwickelt», so Stucki. Die nächsten Jahre dürften wegweisend dafür sein.

Noch so viel zu entdecken

Unterdessen haben sich die Tische rund um die Gruppe gefüllt. Der Tag neigt sich dem Ende zu, und entgegen der Befürchtungen von Barbara Osmola haben sich doch noch einige Leute im «Rössli» eingefunden, um ein Feierabendbier zu geniessen.

Auch der Rundgang mit Tildy Schmid und Kurt Hunziker steht vor dem Abschluss, obwohl es noch so viel über Ins zu erzählen gäbe: über den Eisserweg, einer Erlebnisroute durch Ins (siehe Infobox), über die Eisser Chronik oder das Projekt Alt-Eiss-Neu-Ins, bei dem altes Wissen aus dem Dorf gesammelt wird.

Zum Abschied bleibt deshalb nur eins: das Versprechen abzugeben, bald wieder einmal hierher zurückzukehren und auch den Rest des Dorfes kennenzulernen. Tildy Schmid und Kurt Hunziker würden sich garantiert bereit erklären, die Fremdenführer zu spielen. 

Info: Dies ist der letzte Teil der Serie «Mini Beiz, mi Verein, mis Dorf». Alle Beiträge der Serie finden Sie im Dossier unter www.bielertagblatt.ch/minibeiz-misdorf

********************************************

Rundgang auf dem Eisserweg

Wer Ins selbst erleben möchte, tut dies am besten, indem er dem Eisserweg folgt. Dabei handelt es sich um vier Routen in und um Ins, die Besucherinnen und Besucher auf den Spuren Dürrenmatts Alter Dame, des Minnesängers Rudolf von Neuenburg oder des Malers Albert Anker wandeln lassen. Sie führen entlang von Tafeln mit Hintergrundinformationen über das Dorf Ins, seine Brauchtümer, das Land und die Leute. Der Eisserweg («Eiss» heisst Ins im Dialekt») kann selbstständig zu Fuss oder mit dem Fahrrad absolviert werden. Auch geführte Touren inklusive Degustationen von Inser Spezialitäten sind möglich. Für eine Route sind (je nach Fortbewegungsmittel) zwischen einer und drei Stunden einzuplanen. Alle Wege sind Rollstuhl- und Kinderwagengängig.  tsi/jat

Info: Tourismus Ins, Bahnhostrasse 151a, 058 327 24 32, tourismus@ins.ch, www.ins.ch

Stichwörter: Mis Dorf, Ins, Serie

Nachrichten zu Seeland »