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Schifffahrt

Das Ferienschiff darf nicht nach Hause

Die MS Jura sitzt auf dem Neuenburgersee fest. Wann sie wieder in ihren Heimathafen in Erlach zurückkehren darf, ist ungewiss. Für die Crew heisst das: lesen, kochen, spielen – abwarten.

Schiffsführerin Helena Nidecker (links) und Matrosin Lisette Wyss sind etwas ratlos. Wann sie wohl wieder nach Hause dürfen?

Hannah Frei

Schiffsführerin Helena Nidecker und Matrosin Lisette Wyss sind ein wenig ratlos. Wohin mit der MS Jura, wenn sie nicht nach Hause darf? Seit Dienstag sitzt das Schiff auf dem Neuenburgersee fest, mit Gästen, die sich nun eigentlich gerne in der Sonne baden und im See planschen möchten. Stattdessen müssen sich die fünf Erwachsenen und vier Kinder mit Kartenspielen und Kochen vergnügen. Zurzeit befindet sich die MS Jura nicht einmal in einem geschützten Hafen, sondern an einer Aussenländte in Chevroux am rechten Ufer des Neuenburgersees. Am Dienstagabend konnte die MS Jura die Nacht noch in Auvernier verbringen, seither tuckert sie von einer sicheren Aussenländte zur anderen – immer dann, wenn es der Wellengang zulässt.

Ein Abenteuer für die Gäste

Die MS Jura bietet bis zu 26 Schlafplätze für Seeschulwochen, Familienferien oder Wochenendfahrten im Drei-Seen-Land und gehört einer Genossenschaft. Die Stimmung auf dem Schiff sei gut, sagt Nidecker. «Für unsere Gäste ist der Aufenthalt ein Abenteuer.» Das Schiffsteam habe längst in einen Lagermodus gewechselt. «Das Unwetter hat uns zusammengeschweisst.» Solange sie auf dem Schiff an einer Ländte sind, sei das Hochwasser für sie wenig bedrohlich. Wenn, dann eher das Schwemmholz, das sich rund um das Schiff sammelt. Das Hauptproblem sei jedoch ein anderes: «Wir würden gerne bald unseren Fäkalientank leeren und die Batterien aufladen», sagt Wyss. Zu Strom kommt die MS Jura zwar auch an manchen Ländten im Neuenburgersee, den Fäkalientank können Nidecker und Wyss jedoch nur in Erlach und Biel leeren. Die Pumpanlagen am Neuenburgersee seien nicht kompatibel, so Nidecker.

Überleben werde die Schiffs-
crew aber auch so noch einige Zeit. Auf dem Schiff befindet sich ein Notstromgenerator und fürs grosse Geschäft könnte man allenfalls auf die Toiletten an Land ausweichen. Heute werden die Gäste gehen, von einer der Ländten am Neuenburgersee aus. Den Transport nach Erlach mit Taxi, Zug oder Velo organisieren Nidecker und Wyss.

Am Montag werden neue Gäste auf das Schiff kommen, zwölf Kinder zwischen acht und zwölf Jahren, ein Piratenferienlager des WWF. Absagen sei keine Option, sagt Nidecker. Die Wetterprognosen für die nächste Woche stimmen das Team zuversichtlich. Auch wenn man es kaum glauben mag: Es sind sommerliche Temperaturen zu erwarten – ohne Regen. Schade sei aber, dass die St. Petersinsel wahrscheinlich auch nächste Woche nicht zugänglich sein wird. Dort liege normalerweise der Schatz begraben. Nun müsse sie sich einen neuen Ort einfallen lassen, sagt Nidecker. Auf Programmanpassungen müsse man auf dem Wasser ohnehin immer vorbereitet sein, schon nur wegen des Windes.

Was, wenn das Wasser steigt?

Eine gewisse Anspannung ist bei den beiden Schiffsfrauen trotzdem zu spüren. Die Ungewissheit, wann sie wieder zurück nach Erlach fahren können, belaste sie. Sollte das Wasser, wie prognostiziert, in den nächsten Tagen weiter steigen, würde sich die Situation auch für das Team der MS Jura zuspitzen. Auf dem Neuenburgersee sei der Wellengang um einiges höher als auf dem Bielersee, sagt Nidecker. Man sei zwar sicher geseilt, jedoch immer in Alarmbereitschaft. «Und die Frage ist: Wohin gehen wir, falls der Neuenburgersee auch noch gesperrt wird?», so die Schiffsführerin.

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