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«Das ist wie Weihnachten»

Grossverteiler: Fluch oder Segen für das lokale Gewerbe? Diese Frage wurde am neu lancierten BT-Lokaltermin in Lyss lebhaft diskutiert.

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Lino Schaeren

Es scheint ein unaufhaltsamer Trend: das Lädelisterben. Die Quartierläden verschwinden aus den Ortsbildern, unter Druck geraten durch die Grossverteiler und den Onlinehandel, verschlafene Innenstädte sind die Folge. Das BT hat das an der ersten Ausgabe des neu lancierten Lokaltermins zum Thema gemacht und in Lyss gefragt: Sind Grossverteiler Fluch oder Segen für das lokale Gewerbe? Darüber haben am Mittwochabend in der Kulturfabrik (Kufa) Barbara Hess (FDP), Mitglied des Lysser Parlaments, Christine Gerber (SVP), Grossrätin und Gemeindepräsidentin von Radelfingen, die Aarberger Gemeinderätin Christine Bourquin (FDP) und Stefano Alberucci, Leiter der Verkaufsregion Bern bei Coop, animiert diskutiert. Geleitet wurde das Gespräch von BT-Redaktorin Hannah Frei.

Christine Bourquin ist Präsidentin der Aarberger Wirtschaftskommission. Und: Sie führt im Stedtli die Apotheke Top Pharm. Bourquin sagt: Seit der Grossverteiler Coop an die Stedtli-Grenze umgezogen sei, verkehrten deutlich weniger Leute im Ortskern. Christine Gerber bestätigt dies an ihrem eigenen Beispiel: Früher sei sie oft im Aarberger Stedtli verkehrt, sagt sie, seit sie aber ausserhalb einkaufen könne, sei sie kaum je wieder im eigentlichen Zentrum der Gemeinde gewesen. Für Coop, sagt Stefano Alberucci, sei der Standortwechsel aber der richtige Entscheid gewesen: «Wir konnten die Kundenfrequenz massig steigern, weil nun auch Auswärtige bei uns einkaufen.»

Doch Bourquin freut sich trotzdem: Aarberg erhält mit der Migros voraussichtlich bald wieder einen «lokalen» Grossverteiler. Diese plant, auf dem Post-Areal beim Bahnhof eine Filiale zu eröffnen – der Haupteingang soll aber auf Seite Stedtli liegen, «dafür habe ich hart gekämpft», sagt die Gemeinderätin. Weil in dem Gebäude zudem auch die Post erhalten bleiben soll, sei das «wie Weihnachten für uns». Die Gemeinde hatte im Fall der Migros zudem Massnahmen ergriffen, um das lokale Gewerbe zu schützen: So wurde in der Planung festgehalten, dass Migros Fleisch, Käse oder Blumen nicht offen verkaufen wird.

Grundsätzlich ist sich das Podium einig: So eindeutig lässt sich ein Grossverteiler nicht als Segen oder Fluch deklarieren. Denn: Stimme die Zusammenarbeit, würden beide Seiten profitieren, sagt Barbara Hess, die Präsidentin der Ladengruppe Lyss ist und im Ort selber das Orthopädiegeschäft Hermes führt. Die Kleinen seien die Würze für die Grossen. «Die Kunden lassen sich heute nicht mehr eindeutig segmentieren», sagt Hess, «es gibt nicht mehr den typischen Migros- oder Coop-Kunden.»

Alberucci bestätigt das: Die harte Stammkundschaft von früher habe sich aufgelöst, heute seien die Kunden viel flexibler. Unterschiedliche Angebote am selben Ort könnten sich also gegenseitig Kundschaft zuspielen. Christine Gerber hält dem entgegen, dass sie den Franken aber nur an einem Ort ausgeben könne, «entweder beim Grossverteiler oder im Stedtli».

Einig sind sich die Teilnehmer aber: Es findet ein Verdrängungskampf statt. Und da geht es dann nicht immer nur um Gross oder Klein, sondern auch mal um Aarberg oder Lyss: Komme das neue Migros in Aarberg, sagt Bourquin mit einem Lächeln, könne man Lyss wieder etwas wegnehmen – und zwar die auswärtige Kundschaft. Bis es soweit ist, muss das Projekt im Mai aber noch eine Volksabstimmung überstehen.

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