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Rapperswil

In den Fussstapfen der Ururgrossmutter

Es sei Freude und Bürde zugleich, der Dorfbäcker zu sein, sagt Markus Schüpbach. In der 130-jährigen Geschichte des Familienbetriebs gab es immer wieder Hochs und Tiefs. Auch jetzt gerade steht Schüpbach vor einer grossen Herausforderung.

130 Jahre Familienbetriebe: Markus Schüpbach führt die Bäckerei in der fünften Generation. Bild: Susanne Keller

Simone Lippuner

Es ist genau der richtige Ort für einen Montagmorgen. Es duftet nach Kaffee und frischem Brot, Bleche mit warmen Spitzbuben und Nussgipfeln überall, aus dem Radio klingt muntere Popmusik. Bäckerinnen in weissen Schürzen wirbeln durch die Backstube, kneten, quatschen, füllen die Öfen mit ihren Leckereien. Mittendrin: Markus Schüpbach, Dorfbäcker in der fünften Generation in Rapperswil. Mit einer Spritztülle malt er den süssen Kürbisgesichtern Augen aus Schokolade auf.

Dass Schüpbachs Bäckerei montags überhaupt geöffnet hat, war nicht immer so. «Ich musste zu dieser Massnahme greifen, um unseren Umsatz und die Jobs von zwei Angestellten zu retten», sagt er. Denn als Ende 2017 im Osten der Stadt Biel die Autobahnumfahrung A5-Ostast eröffnete, veränderte dies das Business des Bäckers in Rapperswil: Von einem Tag auf den anderen blieb er auf seinen Gipfeli sitzen. «Es kamen täglich 60 bis 80 Kunden weniger in den Laden, der Umsatz brach um 20 Prozent ein», erinnert sich der 41-Jährige. Nach einer Zeit, in der er etwas kleinere Brötchen backen musste, schaffte es Schüpbach, den Betrieb zu stabilisieren. «Heute zählen wir mit rund 400 Kunden pro Tag aber immer noch gut 10 Prozent weniger als vorher.»

Drohende Konkurrenz

Sich laufend neuen Herausforderungen zu stellen, innovativ und flexibel zu bleiben, das gehört in Zeiten des Lädelisterbens zum Überleben des traditionsreichen Familienunternehmens. Diese Woche feiert der «Rapperswiler Beck» seinen 130. Geburtstag mit verschiedenen Aktionen, beispielsweise Pizza aus dem Holzofen. Kaum sind drinnen die Nussgipfel fertig, macht sich Markus Schüpbach draussen ans Werk. Noch vor dem Mittag stehen die Leute beim Zelt vor der Bäckerei Schlange, Schüpbach ist mit den meisten per Du.

Dorfbäcker zu sein, sagt er, das sei Freude und Bürde zugleich. «Ich mache meine Arbeit gerne, wäre aber auch in einem anderen Beruf glücklich geworden.» Er fühle sich wohl im Ort, gut integriert, und doch, «allein von der Dorfkundschaft kann ich nicht leben». Auch fühle er sich von der Gemeinde nicht wirklich unterstützt: Diese plant den Umbau des Gemeindehauses und die Ansiedlung eines Grossverteilers im Dorf. «Das würde unseren Betrieb ernsthaft gefährden», sagt Schüpbach. Er und andere Mitstreiter wehren sich gegen das Vorhaben, die Abstimmung findet im November an der Gemeindeversammlung statt.

Die Konkurrenz: Eine der grössten Veränderungen in der Bäckereibranche. «Heute kann man überall Brot kaufen, in jedem Shop, an jeder Tankstelle», sagt Schüpbach. Das war noch anders vor 130 Jahren, als Schüpbachs Ururgrossmutter die Bäckerei mit Bauernbetrieb kaufte. Während Jahren wurde dort der Ofen mit Holz eingefeuert, zwischendurch wurden die Kühe gemolken, in der kleinen Werkstatt nebenan verrichtete der Schuhmacher sein Handwerk. 1971 bauten Schüpbachs den Stall und die Tenne zu einem Lebensmittelladen aus.

Stetiger Ausbau

Seit Markus Schüpbach den Betrieb in der fünften Generation übernommen hat, ist dieser stetig gewachsen. 2011 sanierte er den Laden und baute ein Café ein. 2014 kam der Neubau der Konditorei hinzu. Heute zählt die Bäckerei 24 Angestellte – «das ist die richtige Grösse, ich möchte sie beibehalten können», sagt Markus Schüpbach. Er betont, dass alle Backwaren handgefertigt und aus regionalen Produkten hergestellt seien. Das Mehl aus dem Kanton Bern, die Eier aus Ammerzwil, die Milch aus Wengi. «Wir machen sogar die Gipfeli selber, das macht heute kaum eine Bäckerei.» In diesem Sommer habe es aber wegen der Hitze Probleme gegeben beim Gipfelibacken, erzählt Schüpbach, das habe wohl an der Butter gelegen. «Aber wir haben trotzdem weitergemacht. Wie immer.»

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