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Den Jungen im Rat eine Stimme geben

Mit dem Schwung aus den Stadtratswahlen in Biel wollen die Grünen im Wahlkreis Biel-Seeland auch an den Grossratswahlen punkten. Ein dritter Sitz ist das Ziel. Damit das gelingt, ist die Partei auf die Stimmen der Jungen angewiesen.

Sie für Gesundheitspolitik, er für nachhaltige Landwirtschaft: Während sich Lena Frank im Rat für das Personal in der Pflege einsetzen möchte, will Kilian Baumann grüne Themen auf dem Land populär machen. Copyright: Matthias Käser/Bieler Tagblatt

von Jana Tálos

Zulegen, zulegen. Nach dem Sitzverlust an den Grossratswahlen  von 2014 scheint es für die Grünen Kanton Bern ein Muss, die verlorenen Stimmen an den diesjährigen Wahlen zurückzugewinnen. Heute wie damals setzt man die Hoffnungen auch in denWahlkreis Biel-Seeland, wo der Wähleranteil beim letzten Mal von 8,4 auf 9,4 Prozent gesteigert werden konnte. Für einen dritten Sitz hat es damals zwar nicht gereicht – doch heute ist die Ausgangslage eine andere.

 

Spardruck eindämmen
Bei den Bieler Stadtratswahlen 2016 konnte die Partei bei der Bevölkerung an Beliebtheit zulegen und einen Sitz dazugewinnen. Und auch auf dem Land scheinen grüne Themen unterdessen vermehrt Gehör zu finden. Das zeigte sich nicht zuletzt bei der Lancierung der Kulturlandinitiative, bei der die Grünen im Grossen Rat auch viel Unterstützung von Rechts und vom Berner Bauernverband erhielten.

Entsprechend der Ausgangslage ist das Ziel für die linke Partei im Wahlkreis Biel-Seeland für den 25.März klar: «Wir möchten einen dritten Sitz», sagt Lena Frank, Bieler Stadträtin und Vize-Präsidentin der Grünen Kantonalpartei. Und sie selbst wäre durchaus eine Kandidatin für einen solchen, zumal sie in Biel durch ihr Engagement im Stadtrat einen gewissen Bekanntheitsgrad hat. «Es ist sicher ein Vorteil», sagt sie. Aber auch andere, wie etwa Myriam Roth, die hinter Frank an dritter Stelle auf der Liste der Grünen Biel steht, hätten intakte Chancen.

Sollte der Sitz jedoch an sie gehen, würde die gelernte Pflegefachfrau sich vor allem für gesundheitspolitische Themen einsetzen. «Die Pflege braucht Stimmen im Grossen Rat», sagt sie. Und davon gebe es im Moment viel zu wenige, was ihrer Meinung nach auch das letzte Sparpaket im Kanton zeigte. Gerade im Pflegebereich wurden dort massive Einsparungen vorgenommen.

«Ich kenne das aus der Praxis, es hat viel zu wenig Personal in den Spitälern und Heimen», sagt Frank. Dagegen möchte sie ankämpfen, auch wenn sie weiss, dass das gerade in konservativen Kreisen auf viel Widerstand stossen wird. «Mehr Personal bedeutet in ihrer Logik einfach mehr Kosten. Dabei ist es essentiell, dass der Spardruck vom Personal weggenommen wird, damit man wieder pflegen kann, wie man es gelernt hat.» Und davon gelte es den Rat zu überzeugen.

 

Der Wind dreht langsam
Wie schwierig es sein kann, mit grünen und sozialpolitischen Themen im GrossenRat Mehrheiten zu finden, weiss Kilian Baumann. Neben Daphné Rüfenacht, die letzten Herbst dem Bieler Stadtrat Christoph Grupp Platz machte, war er der zweite Grüne, der 2014 im Wahlkreis Biel-Seeland den Sprung ins Kantonsparlament schaffte – und damit überraschend die Bisherige Silvia Lüthi verdrängte.

Wie sein Vater Ruedi Baumann, der in den 90er-Jahren für die Grünen im Nationalrat sass, setzt sich auch der Biobauer aus Suberg für eine nachhaltige Landwirtschaft ein – wenn auch nicht immer mit Erfolg.

«Gerade in der Diskussion rund um den Einsatz von Pestiziden stösst man bei konventionellen Bauern immer wieder auf Widerstand», sagt er. Im Grossen Rat sind diese stark vertreten und können sich entsprechend gegen Baumanns Forderungen wehren. «In letzter Zeit hat der Wind allerdings etwas gedreht», sagt er. Man spüre, dass Umweltthemen stärker wahrgenommen würden als früher. «Es ist oft so, dass wir Grünen mit unseren Anliegen zuerst belächelt werden – und dann gibt es plötzlich eine Wende und alle sind dafür.» Das sei national bei der Forderung zum Atomausstieg so gewesen. Und auch bei der Kulturlandinitiative habe man das gespürt, so Baumann.

Sollte er wiedergewählt werden, möchte sich Baumann weiter dafür einsetzen, dass grüne Themen auf dem Land mehr Anklang finden. Insbesondere bei den Bauern. «Dass es heute im Kanton viel mehr Biobetriebe gibt, ist sicher auch ein Verdienst, der auf das Konto der Grünen geht», sagt er. Daran möchte er weiter arbeiten.

 

Dialog per «Frank au Phone»
Mit dem Bisherigen Kilian Baumann sowie mit Lena Frank und Myriam Roth wollen die Grünen vor allem auch junge Wähler ansprechen. «Meiner Meinung nach ist der Rat überaltert. Es braucht mehr junge Menschen im Parlament», sagt Baumann. Gerade berufstätige Mütter seien zu wenig vertreten, was damit zusammenhängt, dass ein solches Amt oft den Rahmen ihrer Möglichkeiten sprengt. «Wir hoffen, dass diese Frauen zumindest an die Urne gehen und uns unterstützen, damit wir uns für ihre Anliegen einsetzen können.»

Ob es gelingt, die jungen Menschen am 25. März an die Urne zu locken, ist fraglich. Die Wahlbeteiligung an kantonalen Wahlen ist bekanntlich relativ tief. Zudem finden am 4. März bereits Abstimmungen statt, was eine erneute Mobilisierung drei Wochen später erschweren dürfte.

Wie viele ihrer Parteikollegen sind deshalb auch Baumann und Frank in den nächsten Wochen auf den Strassen und an Märkten anzutreffen, um zusätzliche Wähler zu gewinnen. Für den Endspurt hat sich Frank zudem eine persönliche Aktion ausgedacht. «Ich werde mir jeden Freitagnachmittag eine Stunde Zeit nehmen und übers Telefon Fragen von Wählern beantworten», sagt sie. Das Ganze nennt sie «Frank au Phone» und soll den Leuten die Möglichkeit geben, mit ihr in Dialog zu treten. «Ob das ein Erfolg ist, wird sich zeigen», sagt Frank. Vielleicht kann sie damit sogar den einen oder anderen Wähler mehr an die Urne bringen.

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