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Regierungsratswahlen

Der Aarberger Jan Gnägi unterliegt

Es gibt doch eine Frau auf dem bürgerlichen Ticket für die Regierungsratswahlen 2022: Die Mitte nominiert Astrid Bärtschi. Sie soll den Sitz von Finanzdirektorin Beatrice Simon verteidigen.

Finanzdirektorin Beatrice Simon misst kurz vor dem Verkünden der Wahlresultate den Puls von Strid Bärtschi und Jan Gnägi. Bild: Raphael Moser

Sandra Rutschi

Zum ersten Mal überhaupt hat sich Die Mitte Kanton Bern am gestrigen Abend auf dem Messegelände in Thun getroffen – fast auf den Tag genau 13 Jahre, nachdem die BDP Kanton Bern gegründet wurde. Seit März gibt es die Berner «Mitte», die aus ebendieser BDP und der CVP hervorgegangen ist.

Die beiden Berner Parteien wollten bei dieser Fusion Gas geben – weil sie gemeinsam zu den Regierungsratswahlen 2022 antreten und den Sitz der zurücktretenden Finanzdirektorin Beatrice Simon verteidigen wollen.

Just darum geht es an diesem Mittwochabend in der luftigen Halle, begleitet von Regenrauschen und Donnergrollen: die Nomination für die Wahlen. Über 100 Parteimitglieder sitzen auf dunkelroten Stühlen mit Maske und je anderthalb Metern Abstand vor dem Podium, auf dem Kantonalpräsident Jan Gnägi die Versammlung eröffnet. Zur Wahl stehen der 29-jährige Gnägi selbst und die ehemalige BDP-Schweiz-Generalsekretärin Astrid Bärtschi (48).

Ursprünglich hatte die Findungskommission der Parteiversammlung auch Reto Nause zur Auswahl gestellt. Der langjährige Stadtberner Sicherheits- und Energiedirektor ist weitherum bekannt und hätte gute Chancen gehabt, nominiert zu werden. Er zog sich jedoch zurück, nachdem das Schweizer Stimmvolk Mitte Juni Nein zum CO-Gesetz gesagt hatte. In einer solchen Situation dürfe der städtische Energiekapitän das Schiff nicht verlassen, sagte er am Tag nach dieser Abstimmung. Zeitgleich auch noch Wahlkampf zu machen, liege nicht drin. Und so sitzt Nause an diesem Abend lediglich im Publikum.

Die Vor- und die Nachteile

Den 116 Parteimitgliedern in der Halle in Thun bleibt also die Wahl zwischen dem Aarberger Gnägi und der Ostermundigerin Bärtschi. Beide bringen Vor- und Nachteile mit sich: Jan Gnägi hat als langjähriger Grossrat und Kantonalpräsident viel Erfahrung, ist bekannt, vernetzt und würde die junge Generation in der Regierung vertreten. Doch er ist ein Mann. Astrid Bärtschi zog in der BDP als graue Eminenz die Fäden, hat Führungserfahrung, eine juristische Ausbildung und ist eine Frau. Doch sie ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt.

Die Frauenfrage

Der Druck auf die Mitte, eine Frau zur Wahl zu stellen, ist relativ gross. Denn die Partei weiss aus Erfahrung, dass ihre Kandidatur die besten Chancen hat, wenn sie zusammen mit der SVP und der FDP ein bürgerliches Ticket bildet.

Doch mit den bisherigen Regierungsräten Philippe Müller (FDP), Christoph Neuhaus und Pierre Alain Schnegg (beide SVP) besteht dieses Ticket bislang lediglich aus Männern.

Entsprechend steht die Frauenfrage sofort im Zentrum, als Michelle Renaud sich als «Gotte» für Jan Gnägi ins Zeug legt. Sie betont, dass viele bürgerliche Frauen nicht von einem Frauenbonus profitieren möchten. «Wir müssen das Alter und das Geschlecht ausblenden und rein den Leistungsausweis betrachten», sagt sie.

Für Astrid Bärtschi weibelt «Gotte» Ursula Haller. Sie gibt sich wesentlich weniger angriffig als Renaud und betont, dass ihr Votum für Bärtschi keines gegen Gnägi sei. Doch es brauche bürgerliche Frauen, und Bärtschi habe einen guten Leistungsausweis. «Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir den Sitz einer Frau nicht mit einer Frau ersetzen sollten.»

Die Entscheidung

Bei der Diskussion legen sich Votantinnen und Votanten für beide Kandidierende ins Zeug. Zwei Votanten erhalten Applaus: Grossrats-Fraktionspräsident Peter Gerber, der sich vehement für Gnägi einsetzt. Und BDP-Gründungspräsident Hans Grunder, der findet: «Wenn wir in dieser Konstellation des bürgerlichen Tickets zwei Kandidierende haben, die gleich gut sind, müssen wir die Frau ins Rennen schicken.»

Kurz vor der Verkündigung des Resultats geht Finanzdirektorin Beatrice Simon zu Astrid Bärtschi und Jan Gnägi und misst ihnen den Puls. Schliesslich ist klar: Die Mehrheit der Anwesenden sieht es gleich wie Grunder: 77 Leute stimmen für Astrid Bärtschi, 36 für Jan Gnägi. Bärtschi steigt ins Rennen.

Stichwörter: Regierungsrat, Wahlen

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