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Ligerz

Der Weg zur Autonomie ist lang

Der frühere Ligerzer Gemeinderat Daniel Ryhiner wünscht sich für sein Dorf eine autonome Energieversorgung. Letzte Woche hat er deshalb einen Vortrag zur Solarenergie organisiert. Mit dieser könnte ein Drittel des Jahresstrombedarfs der Gemeinde gedeckt werden.

Geht es nach dem früheren Gemeinderat Daniel Ryhiner, werden in der Gemeinde Ligerz künftig Solarpanels einen Drittel der Stromversorgung decken. Das Potenzial wäre jedenfalls vorhanden (Symbolbild). zvg/Solvatec

von Carmen Stalder

Weltweit verbrauchen die Menschen mehr, als ihnen bei gerechter Verteilung zur Verfügung stehen würde. Politik und Wirtschaft weltweit ringen um limitierte Rohstoffe, Nahrung und Energie. «Das sind die gegenwärtigen globalen Herausforderungen», eröffnete Daniel Ryhiner diese Woche die Vortragsreihe zum Thema «Zukunftsfähiges Ligerz».

Ryhiner (parteilos) war von 2008 bis 2014 Gemeinderat in Ligerz. Schon damals setzte er sich in seinem Ressort Bau und Planung für nachhaltige Energien ein – konnte aber nicht verwirklichen, was ihm vorschwebte: eine autonome Gesamtenergieversorgung der Gemeinde.

Nun, da der frühere Automobilingenieur, der stets in den Bereichen Umweltenergie und Mobilität tätig war, seit fünf Jahren pensioniert ist, kann er sich wieder seinem Anliegen widmen. Als Mitglied des Vereins Dorfläbe Ligerz-Schafis, den er mitgegründet hat, hat er die Vortragsreihe zum Thema der lokalen Energieversorgung lanciert. Den Anfang machte diese Woche die Solarenergie.


Energiewende von unten

Es sei nicht so, dass man als Individuum keinen Einfluss auf die globalen Herausforderungen nehmen könne, sagt Ryhiner. «Kleine Dorfgemeinschaften können die Energiewende selbst verwirklichen.» Mittels Solarenergie und anderen eigenverantwortlich und dezentral erzeugten Quellen seien diese in der Lage, einen respektablen Anteil am täglichen Strombedarf abzudecken, ohne auf die immer knapper werdenden endlichen Ressourcen zurückgreifen zu müssen.

Der vom Ligerzer Bioweinbauer Bruno Martin erstellte Wärmeverbund (das BT berichtete) sieht Ryhiner als bedeutenden ersten Schritt in Richtung einer autonomen Energieversorgung.
2014 hat der Gemeinderat – damals noch mit Ryhiner – eine Studie bei der Firma Solvatec in Auftrag gegeben, einem Fotovoltaik-Anlagenbauer aus Basel. Zwar ist im alten Dorfkern die Anbringung von Solaranlagen auf den denkmalgeschützten Häusern praktisch unmöglich. Die Studie kam aber zum Schluss, dass sich die meisten Dächer im Neubaugebiet von Schernelz «hervorragend» für die Gewinnung von Solarenergie eignen.

Würde man auf den 70 Häusern in Schernelz, die Solarpotenzial aufweisen, Solaranlagen installieren, ergäbe dies eine Stromproduktion, die rund einem Drittel des Jahresstrombedarfs der ganzen Gemeinde entspricht – so das Resultat der Studie, das Pascal Städeli von Solvatec am Vortragsabend vorstellte.


Unattraktive Bedingungen

Das Ganze hat allerdings einen Haken. Das Stromnetz in Ligerz ist zwar im Besitz der Gemeinde, seit 2009 ist es jedoch an die BKW verpachtet. Wenn nun jemand auf seinem Dach Solarstrom produziert und diesen zu der Zeit nicht benötigt, wird der Strom ins Netz der BKW eingespeist. Dafür erhält er vier Rappen pro Kilowattstunde – eine gemäss Ryhiner unattraktive Rücknahmebedingung. «In Basel beispielsweise gibt es einen Stromversorger, der 20 Rappen pro Kilowattstunde bezahlt», so Ryhiner. Dieser schlechte Tarif halte derzeit die meisten Hausbesitzer vom Bau einer Solaranlage ab.

Es stelle sich deshalb die Frage, ob für die zügige Realisierung von Solarprojekten in Ligerz der Pachtvertrag mit der BKW gekündigt werden sollte, was auf 2019 möglich wäre. «Dann könnte die Gemeinde das Netz wieder selbst betreiben und für eine energiepolitisch korrektere zukunftsfähigere Tarifpolitik sorgen», sagt Ryhiner.


Gemeinderat wartet ab

Das sind allerdings erst Visionen. Denn der Ligerzer Gemeinderat Manuel Bourquin (BDP) sieht derzeit keinen Grund, um zur Tat zu schreiten. «Das Thema Energie wird bei uns im Gemeinderat immer wieder diskutiert und hat seinen Stellenwert. Aktuell wollen wir allerdings abwarten, was energiepolitisch läuft», sagt er. Ihm scheine es, also ob das Interesse der Ligerzer bezüglich Solarenergie nicht allzu gross sei – bei diesen Rückvergütungszahlen.

Davon wird sich Ryhiner kaum abschrecken lassen. Die Zuhörer am Vortrag seien sehr interessiert gewesen. Jetzt müsse man die Idee erstmal setzen lassen. Er sieht jedenfalls grosses Potenzial in der Solarenergie. Gerade auch deshalb, weil sich die Technik stetig verbessere. So sprach am Vortrag auch Dominik Müller, der Gründer von Solvatec, von den rasanten Fortschritten in der Speicherbatterietechnik, die in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen würde.

Jetzt fehlt nur noch der Investor, der sich des Solarprojekts in Ligerz annehmen will. Nach Abzug der zu erwartenden Fördergelder des Bundes müsste dieser gemäss Solvatec etwa 1,6 Millionen Franken in die Hände nehmen.

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