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Pieterlen

Der zweite Blick ist entscheidend

Der Gemeinderat will nicht vier Millionen für den Bau von vier Schulzimmern ausgeben. Auch wenn die Abstimmungsbotschaft diesen Eindruck erwecken könnte.

Die Aula an der Moosstrasse soll umgebaut werden: Ueli Hofer, Beat Rüfli und Heinrich Sgier auf einem Rundgang (von links). copyright: tanja lander/bieler tagblatt

von Hanspeter Flückiger

Pieterlens Wohnbevölkerung wächst stetig. Namentlich seit dem Jahr 2010 hat sich ein wahrer Boom entwickelt. Hatte Pieterlen 1981 3200 Einwohner, stieg deren Zahl bis 2010 moderat um 400, und seither um weitere 600 auf 4100 an. Entsprechend entwickelte sich auch die Schülerzahl, was – wie die Einführung neuer Lernformen – zusätzlichen Schulraum erforderte, und auch künftig erfordern wird.

2014 nahm eine Spezialkommission eine Analyse vor, und kam unter anderem zum Schluss, dass – wenn man die bestehende Aula an der Moosstrasse den neuen Bedürfnissen entsprechend umbaut – Pieterlen sich kurzfristig weder mit Provisorien behelfen, noch ein weiteres Schulhaus bauen muss. Unter dem Aspekt, vor dem Erstellen provisorischer oder definitiver Neubauten, die bestehenden einer optimalen Nutzung zuzuführen, stimmte der Gemeinderat der Empfehlung zu und liess ein entsprechendes Projekt ausarbeiten. Dieses liegt nun auf dem Tisch. Am Abstimmungswochenende vom 28. Februar haben nun die Stimmberechtigten das letzte Wort.

Das Ganze ist vielschichtig

Wer nur einen oberflächlichen Blick auf die Botschaft wirft, kann zum Schluss kommen: «Da sollen für den Bau von vier Schulzimmern vier Millionen Franken ausgegeben werden.» Wie ein Augenschein an einem ersten Informationsabend der Gemeinde zeigte, geht diese «Milchbüchleinrechnung», ein Schulzimmer für eine Million Franken, nicht auf. Die Angelegenheit ist vielschichtiger.

Dessen wurde sich bewusst, wer sich mit Gemeindepräsident Beat Rüfli, dem für das Projekt zuständigen Gemeinderat Heinrich Sgier, oder Ueli Hofer, dem Leiter Bau und Energie, auf einen Rundgang durch den vor 50 Jahren errichteten Gebäudekomplex von Sekundarschule und Aula machte. Die Räume entsprechen nicht mehr den Anforderungen von 2015. Etwa dort nicht, wo heute Informatik-, Werk- und Geografieunterricht erteilt wird. Das Lehrerzimmer muss auch als Aufenthalts-, Pausen- und Arbeitsraum dienen. Hofer sagt: «Diesbezüglich sind Optimierungen, Erweiterungen und Anpassungen dingend und möglich.» Dann, die Aula selbst: Im grossen Raum soll ein Boden eingezogen und vier Unterrichtszimmer und die notwendigen Nebenräume eingebaut werden.

«Die gute, alte Zeit»

Betritt man den – heute kaum genutzten und dadurch etwas in Mitleidenschaft gezogenen Raum – ist er immer noch ein architektonisches Bijou (siehe Zweittext). Die nicht mehr betriebstüchtige Bühneninfrastruktur zeugt noch von der «guten, alten Zeit», als noch Konzerte stattfanden und Theater gespielt wurde.

Seit dem Bau und der Inbetriebnahme der Mehrzweckhalle im Jahre 1995 dämmert die Lokalität je länger je mehr ungenutzt vor sich hin. 13 Lektionen Musikschulunterricht werden pro Woche darin erteilt. Viel mehr ist auch kaum mehr zu verantworten. Hofer sagt: «In vielen Punkten – Sicherheit, Brandschutz, Energiestandards – entspricht der Bau nicht mehr den heutigen Erfordernissen.» Ein Rückbau des denkmalgeschützten Baus ist ausgeschlossen.

Dieser Sachverhalt relativiert die jetzt zur Debatte stehenden Baukosten. Will man das bestehende Gebäude den heute geltenden Anforderungen entsprechend betriebssicher machen, schlägt dies gemäss einer Kostenschätzung mit 1.5 bis zwei Millionen Franken zu Buche. «Geld, welches wir so oder so in die Finger nehmen müssen», so Hofer. Ohne aber den notwendigen Schulraum zu haben, welcher dann andernorts bereitgestellt werden muss. Und auch die Raumoptimierungen im gegenüberliegenden Sekundarschulhaus müssen vorgenommen werden.

Rüfli sagt dazu: «Szenarien, welche gesamthaft gesehen, wohl nicht kostengünstiger ausfallen würden.» Gemäss Gemeindeordnung haben die Stimmberechtigten einmalige Investitionen ab 1.5 Millionen an der Urne zu bewilligen. In diesem Sinne geht es nicht nur um einen Verpflichtungskredit von 3.98 Millionen Franken, sondern um ein Plebiszit über die Schulpolitik der Gemeinde.

Am 24. Februar findet eine weitere Info-Veranstaltung statt. Interessierte können einen Augenschein nehmen und den Fachleuten und Behördenmitgliedern Fragen stellen. Aula, Moosgasse 32, zwischen 17 und 19.30 Uhr.

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Am Ende des Brutalismus gebaut

Das gesamte Ensemble mit Schulhaus und Aula ist am Ende der Hochblüte des Brutalismus, in den Jahren 1965/66, entstanden (Architekt Felix Wyler). Es ist ein Baustil der Nachkriegsmoderne, der im Jurabogen vielerorts seine Spuren hinterlassen hat. Etwa mit der St. Klemenzkirche in Bettlach (Walter Förderer), dem Primarschulhaus Cornol (Rudolf Baumann und Alain-G. Tschumi) oder dem Kongresshaus Biel (Max Schlup). Allesamt markante Sichtbetonbauten. Der Begriff Brutalismus leitet sich denn auch vom französischen Begriff «béton brut» für Sichtbeton ab. flü

 

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