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Kafipause

Des holden Ritters Maskenleid

Im persönlichen Blog berichten Parzival Meister, stellvertretender Chefredaktor und Redaktionsleiter und BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch abwechslungsweise 
wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern, manchmal in einem Lichterrausch.

Parzival Meister, Redaktionsleiter und stv. Chefredaktor
  • Dossier

Parzival Meister

Es begab sich zu jener Zeit, als der Parzival von Meister seine täglich Arbeit von zu Hause aus erledigte. Im stillen Kämmerlein in seinem Haus zu Pieterlen, richtete er seine Werkstätte ein und folgte damit dem Gebot der Stunde: Homeoffice. Ein Wort, das die Engel aus fernen Ländern auch nach Helvetien getragen hatten. Und die hiesigen Landvögte verkündeten: Bleibet zu Hause. Gehet auf Distanz zu eurem Umfeld. Und ziehet nicht zu weit ins Lande - ausser zum Skifahren, natürlich.

Nun denn, der junge Ritter Parzival, rechtschaffen wie er war, hielt sich an die Gebote. Und wenn er mal sein Haus verliess, so verhüllte er Mund und Nase. Zum Schutz der anderen, wie ihm die weisen Medizinmänner verkündeten. Das fand er praktisch. Denn bald merkte er, dass der Mund- und Nasenschutz nicht nur sein Umfeld zu schützen vermochte, sondern auch ihm selber einen Vorteil verschaffte. Der Gestank dieser Welt, er blieb aussen vor. Keine unangenehmen Gerüche, welche die Menschen auf dem Markte absonderten, drangen mehr in seine Nase.

Doch nicht nur das: Den Menschen, denen er während seiner kurzen Ausritte begegnete, blieben auch die Gerüche verborgen, die er absonderte. Und das war zu ihrem Wohle. Denn es begab sich, dass ausgerufenen Gebote das Leben des Burschen verändert hatten. Normalerweise begann sein Tage mit dem Gang zum Dorfbrunnen, wo er sich wusch, bevor er in seine Rüstung stieg und zum Dienstantritt ins Königshaus ritt. Nun aber beschränkte sich sein Weg vom Schlafgemach ins stille Kämmerlein. Kein König, keine Königin, kein Hofstab, keine Magd, niemand, der bemerkt hätte, dass er den Weg zum Dorfbrunnen ausgelassen hatte.

Der junge Ritter gedachte dem, was die weisen Medizinmänner verkündeten: Die Gesichtsverhüllung dient dem Schutze der Mitmenschen. Wahrlich, so sei es. Geschützt seien sie vor seinem Geruche.

Und so kam der Tag, an dem der edle Herr ganz seiner Dreistigkeit verfiel. Es packte ihn der Hunger und er beschloss, sein Homeoffice für einen Ritt in die Backstube zu verlassen. Nicht nur, dass er sich nicht gewaschen hatte. Er hatte nicht einmal die Zähne geputzt. Doch weil er sowieso Mund und Nase verhüllte, würde rundherum niemand etwas davon merkten; hüllte er sich in Sicherheit. Tatsächlich verzog die Bäckersfrau keine Miene, als er mit ihr sprach. Doch ihm selber war nun plötzlich gar nicht mehr so wohl in seiner Verhüllung. Der Geruch, der aus seinem Munde kam, drang zwar nicht mehr nach draussen, dafür direkt in seine Nase. Es begab sich, dass dem jungen Herren schwindelig wurde und er ein immenses Verlangen nach frischer Luft zu entwickeln begann. Er nahm seine Backwaren entgegen und rannte nach draussen, um sich die Maske vom Gesichte zu reissen. In der Eile des Gefechts stolperte er über einen Stein, stiess sich am Brückenpfeiler den Kopf und fiel bewusstlos in den Dorfbach; wo er einsam und vor sich hinstinkend verendete.

Und die Moral von der Geschicht: Der Mundschutz schützt vor dem eigenen Mundgeruch nicht.

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