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Text und Bilder: Matthias Käser
Die Uros haben das Schicksal ursprünglich nicht selbst gewählt. Die ethnische Minderheit wurde vor über 500 Jahren vom sich ausbreitenden Inkareich auf den See vertrieben. Zur Not wurden aus Totora-Schilf Inseln gebaut und darauf aus demselben Material Häuschen erstellt. Natürlich sind die Inseln verankert, aber sie können auch gezügelt werden, falls es beispielsweise zu Streitigkeiten mit dem Nachbarn kommt. Das indigene Volk lebt bis heute auf diesen Inseln. Übrig geblieben sind 49 Inseln und einige hundert Einwohner.
Nach der Begrüssung erfahren wir, wie die Inseln gebaut werden und was auf dem Speiseplan der Uros steht, zum Glück ohne Kostprobe. Stolz präsentieren sie uns selbst gefangene und getrocknete Fische und Vögel. In einer Schüssel stehen lebende Frösche bereit, die sie später zu Saft verarbeiten. Ein junges Mädchen zeigt uns ihr Häuschen und ihre Webarbeiten. Sie erzählt uns: «Das ist eben mein Leben». Der Grossvater Eustacho hat auch schon Zeit in der nahegelegenen Stadt Puno verbracht. Doch sei er hier aufgewachsen und wolle auch hier sterben, dieses Leben sei Tradition.
Aber offensichtlich ist an diesem Lebensstil nicht mehr viel Echtes. Wir vermuten, dass die meisten wohl nur tagsüber auf den Inseln verweilen und uns Touristen das rustikale Leben vorgaukeln. Natürlich ist dies eine gute Einnahmequelle, denn auch wir geben am Ende etwas Trinkgeld. Doch vom Volk der Ureinwohner vom Titicacasee ist wohl nur noch der romantische Gedanke übrig. Dennoch war es für uns sehr interessant, diese Inseln und ihre Bewohner zu besuchen.
Viel spannender wird es jedoch, nachdem wir den See überquert haben und die Halbinsel Llachon besuchen. Hier wird kein Urvolk angepriesen, das Leben ist vom Tourismus noch viel unberührter. Ohnehin machen etwa 47 Prozent der Bevölkerung in Peru indigene Völker aus und zusätzlich sind etwa 37 Prozent aus einer Mischherkunft. Am kleinen Hafen begegnet uns Dora, die uns zu unserer Unterkunft begleitet. Sie trägt traditionelle Kleidung. Hier ist dies jedoch nichts Besonderes. Die traditionelle Kleidung wird tatsächlich oft im Alltag getragen.
Beim Marsch zum Häuschen der Familie, die wir besuchen wollen, begegnen wir weidenden Schafen und kleinen Terrassen, auf denen Mais angepflanzt wird. Auch hier werden wir herzlich empfangen und mit Fisch aus dem Titicacasee verköstigt. Bei dieser Familie erleben wir, wie man wirklich rustikal lebt. Die Mutter Majna präsentiert uns stolz ihre aktuelle Webarbeit, ein buntes Tuch mit vielen eingewebten Mustern. Sie erklärt uns auch, wie sie die Schafwolle spinnt und nimmt sich die Zeit, es uns pantomimisch zu erklären, da die Bewohner der Insel Llachon sich in der Sprache Aymarà verständigen. Obwohl ihre Tochter Dora mit ihrem Kleinkind beschäftigt ist, zeigt sie uns, wie Schafwolle mithilfe einer selbsthergestellten Seife aus Chucho, einer hier wachsenden Pflanze, gereinigt wird. Natürlich wissen wir, dass wir nicht die ersten Touristen sind, die dies zu sehen bekommen. Trotzdem wirkt alles sehr authentisch.
Später kommt auch der Vater Calixto dazu und erzählt, dass er gerade Ziegelsteine zum Trocknen aufschichtet. Er hat vor, einen kleinen Stall zu bauen. Viele der Häuser hier sind aus selbst gemachten Lehmziegeln gebaut. Auch wir werden später in einer solchen Behausung schlafen. Glücklicherweise sind die Dächer mit Wellblech gedeckt, denn die Ziegel sind nicht wasserresistent und die Häuser müssen jedes Jahr nach der Regenzeit wieder repariert werden.
Das Beeindruckende am Titicacasee sind die Sonnenuntergänge. Nach einer anstrengenden Wanderung – man darf nicht vergessen, dass der See auf über 3800 Metern über Meer liegt – erreichen wir einen tollen Aussichtspunkt, wo wir den riesigen See überblicken können. Diese Aussicht ist Luxus genug, da stört später selbst das Bett aus selber gemachten Ziegelsteinen und Wolldecken nicht mehr.
Info: BT-Fotograf Matthias Käser und seine Frau Annika Käser reisen während eines halben Jahres um die Welt.