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Die FDP zählt auf den «Gössi-Effekt»

Zum ersten Mal tritt die FDP/PRR mit vier Listen an. Sie hat ein erklärtes Ziel:Mit der Kandidaten-Auswahl will man Sitze gewinnen. Peter Bohnenblust und Eveline Gugger Bruckdorfer wollen den Kanton in eine fortschrittliche Zukunft führen.

copyright:matthiaskäser/bieler tagblatt
  • Dossier

Deborah Balmer


Die FDP ist die Partei, die an den letzten Grossratswahlen sowohl im Wahlkreis Biel-Seeland wie auch kantonsweit stagnierte. Man hatte im Kantonsparlament weder Sitze gewonnen, noch hatte man welche verloren. Vier Jahre danach steigt die freisinnige Partei mit grossen Ambitionen in die Wahlen: Der Bieler Stadtrat Peter Bohnenblust spricht vom «Gössi-Effekt», welcher der ehemals krisengeplagten Partei helfen soll, kantonsweit fünf Sitze und im Wahlkreis Biel-Seeland mindestens einen Sitz dazuzugewinnen.


Dank Parteipräsidentin Petra Gössi und dem sehr motivierenden Kantonalpräsidenten Pierre Yves Grivel habe die FDP neuen Schwung bekommen, ist der frühere Staatsanwalt überzeugt, ein Schwung, der jetzt also bis ins Seeland wirken soll. Sowieso sei man heute wieder klarer positioniert und stehe für eine unabhängige, bürgerliche Partei, die sich für die Wirtschaft, Bildung und Forschung stark mache. Die FDP will den Kanton entsprechend in eine fortschrittliche und innovative Zukunft führen.


Bereits klar ist, dass sich im Wahlkreis Biel-Seeland etwas ändern wird. Denn Grossrat Hubert Klopfenstein kandidiert nicht mehr. Erstmals tritt die FDP neben der Liste des Parti Radical Romand (PRR) und der Liste der Jungfreisinnigen mit einer Stadt- und einer Landliste an.

Auf Letzteren hat sich die Erlacher Ökonomin Eveline Gugger Bruckdorfer aufstellen lassen. Gugger Bruckdorfer arbeitet in der Bundesverwaltung in Bern und beschäftigt sich als Geschäftsleitungsmitglied mit Fragen rund um die Digitalisierung. In Erlach ist sie Präsidentin der lokalen FDP und Mitglied der Kommission für Tourismus, Kultur und Freizeit. Ihr lokales Engagement bezeichnet sie als ihr grösstes Hobby. Derzeit organisiert sie gemeinsam mit anderen ein Musikfestival und zieht dafür auch schon mal von Restaurant zu Restaurant um freiwillige Helfer zu finden.


Mit welcher Botschaft?
Peter Bohnenblust ist in der Region ebenso ein bekannter Kopf. Der Begriff Unruhestand, den viele Rentner für sich verwenden, trifft bei ihm den Nagel so ziemlich auf den Kopf: Neben seinen politischen Ämtern (siehe Infobox) sitzt er im Verwaltungsrat des Touring Club Schweiz und er ist Sektionspräsident des TCS Biel/Bienne-Seeland. Seit über 20 Jahren kennt man ihn zudem als OK-Präsident des Bieler Schachfestivals.


Wer ihn gut kennt, sagt über ihn, dass er unglaublich vernetzt sei und wisse, welche Fäden man ziehen könne, um etwas zu bewirken. Und wenn ihm etwas am Herzen liege, lasse er nicht so schnell locker. Sehr hartnäckig sei er.


Doch welche Botschaft haben die beiden freisinnigen Politiker? Bohnenblust ist um keine Antwort verlegen: «Bei dieser Frage sage ich immer, dass ich für Lösungen einstehe, die ich dank meiner Erfahrung aus Politik, Beruf und Hobby einbringen kann.»
Auch mit dem geplanten Westast in Biel ist er eng verbunden. Im Komitee Pro A5-Westast sitzt er im Präsidium, somit ist es naheliegend, dass er «das Vorantreiben des Baus dieses Autobahnabschnitts» als eines seiner Ziele bezeichnet, wenn er denn in den Grossen Rat gewählt würde.


«Frauenthemen sind wichtig»
«Bildung, gute Rahmenbedingungen für Unternehmen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind mir wichtig», sagt Gugger Bruckdorfer. Frauenthemen seien ihr ein grosses Anliegen, sagt sie und betont, dass die FDP hier eine fortschrittliche Haltung habe. Man habe sich da auch dank der verstärkten Zusammenarbeit mit den Jungfreisinnen wichtige Impulse geben lassen und sei etwa auch für die Förderung von Teilzeitarbeit bei Männern.


Kitas und Tagesschulen seien wichtig, damit die Frauen nicht zu lange vom Arbeitsmarkt wegbleiben und Kompetenzen und Ausbildungen verschwendet würden, sagt Gugger Bruckdorfer.


Sie sieht sich aber auch als eine klare Vertreterin des ländlichen Seelands: «Als Erlacherin lebe ich aus Kantonsicht in einer Randregion, befinde mich aber eigentlich mitten in einem wichtigen Gebiet an der Grenze zu den Kantonen Freiburg und Neuenburg.» Genau für diese Gegend möchte sie als Grossrätin einstehen und dafür sorgen, dass auch diese Region einen Anspruch auf Entwicklung und gute Infrastruktur hat. Ganz konkret denkt sie da etwa an einen Ausbau der touristischen Zusammenarbeit zwischen den Kantonen, etwas, was man ansatzweise während der Expo.02 getan habe. Sie sei engagiert im Kleinen, versuche aber Grosses zu bewirken, heisst es über sie.   


Sparen in der Sozialhilfe?
Sparen ist etwas, was den Kanton stark beschäftigt. Ihm wird auch vorgeworfen, er tue das zulasten der Schwächsten. Wie stehen die beiden dazu? «Sparen ist eine Daueraufgabe eines Gemeinwesens. Gerade in der Verwaltung gibt es immer Sparpotenzial, weil es nicht immer alle Dienstleistungen braucht», sagt Bohnenblust. Was der härtere Kurs in der Sozialhilfe angehe, sei der Kanton seiner Meinung nach weitgehend auf dem richtigen Weg. Auch für Gugger Bruckdorfer ist klar, dass man nicht ums Sparen herumkommt: «Damit sich Firmen ansiedeln, braucht es für sie tiefe Steuern. Im Gegenzug gilt es die Ausgabeseite zu überprüfen.» Was die Sozialhilfe angeht, sollte man laut ihr vor allem versuchen «das Problem zu beheben, indem man Jobs schafft».


Zum ersten Mal tritt die freisinnige Partei mit vier Listen an. Mit der grösseren Abdeckung und der hohen Zahl an Kandidaten will man zusätzliche Wähler mobilisieren. Zudem sucht die FDP die Nähe zum Volk, etwa mit Standaktionen auf der Strasse, etwas, was die Wirtschaftspartei früher nie getan hätte. Aber auch Wahlplakate, Inserate und Werbung auf den Sozialen Medien sollen helfen, das hohe Ziel zu erreichen:Im Wahlkreis einen Sitz für den PRR und drei Sitze für die FDP zu machen. Bohnenblust und Gugger Bruckdorfer sind überzeugt: «Die FDP hat an Glaubwürdigkeit gewonnen, weil sie lösungsorientiert ist und nicht auf Positionen beharrt.» Das sei auch bei den Leuten angekommen.

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