Sie sind hier

Abo

Büren

Die Leute standen noch auf der Galerie

Es kamen viel mehr Menschen als erwartet: Die Bürener Gemeindeversammlung musste darum verschoben und gezügelt werden.

Symbolbild: bt/a

«So etwas habe ich noch nie erlebt», sagt Laura Mühlheim. Sie war selber 16 Jahre lang Vize- und Gemeindepräsidentin in Scheuren und ist heute Berichterstatterin des «Bieler Tagblatts» an Gemeindeversammlungen. In dieser Funktion fand sie sich am Dienstagabend in der Bürener Mehrzweckhalle ein. Sie war nicht die einzige Besucherin – alle Stühle waren schon besetzt, als weiterhin Interessierte in die Halle strömten. Mühlheim: «Schliesslich waren sicherlich 300 Personen da, die Halle war komplett voll, die Leute standen an den Wänden, auf der Galerie, manche gingen wieder, weil sie gar nicht mehr in die Halle gelangen konnten.»

An eine ordentliche Durchführung der Gemeindeversammlung war nicht zu denken. Hermann Käser, Leiter der Gemeindeversammlung, spricht gar von gegen 400 Personen, die teilnehmen wollten. Er hat diese Funktion nun acht Jahre lang ausgeübt, die Versammlung vom Dienstag wäre seine letzte gewesen, und er sagt: «Schon aus feuerpolizeilichen Gründen – also wegen der Sicherheit – kam nur der Abbruch und eine Wiederholung der Gemeindeversammlung in Frage.» Ganz zu schweigen davon, dass es äusserst schwierig gewesen wäre, die korrekten Stimmenverhältnisse zu eruieren: «Es wäre allein schon heikel gewesen zu erkennen, wer überhaupt stimmberechtigt ist.» Und weil ein Teil der Stimmberechtigten gar nicht anders konnte, als noch vor Beginn der Versammlung wieder nach Hause zu gehen, wären Beschwerden gegen die Rechtsgültigkeit der Beschlüsse höchst wahrscheinlich gewesen.

 

Pfiffe gegen Gemeinderat
Käser orientierte also die Versammlung über die Notwendigkeit der Verschiebung. Laut BT-Berichterstatterin Mühlheim kam es darauf zu heftigen Diskussionen. Anwesende meldeten sich zu Wort und verlangten, man möge doch wenigstens einen Teil der Traktanden behandeln. Der Gemeinderat beriet sich, kam aber zum Schluss, dass die Verschiebung und die Verlegung in die Turnhalle der einzig sinnvolle Weg sei. Einzelne Anwesende wären bereit gewesen, sogleich die Stühle mitzunehmen und in die Turnhalle zu dislozieren, «aber das wäre allein schon deswegen nicht möglich gewesen, weil in der Turnhalle an diesem Abend geturnt wurde», sagt Käser. Als die Absage definitiv war, gab es Pfiffe gegen den Gemeinderat.

 

«Es tut mir leid»
Gemeindepräsidentin Claudia Witschi (SP) hat Verständnis für den Unmut. «Es tut mir gegenüber allen, die gekommen sind, ausserordentlich leid, dass wir die Versammlung nicht ordnungsgemäss durchführen konnten», sagt sie, «wir waren im Voraus überzeugt, dass der Platz ausreichen würde.» Normalerweise sind an einer Bürener Gemeindeversammlung höchstens um die 150 Personen anwesend, sagt Hermann Käser. In der Mehrzweckhalle standen laut Witschi 250 Stühle zur Verfügung. Diese boten also doppelt so vielen Personen Platz, als im Voraus an die Informationsveranstaltung gekommen waren.

Denn dass mit grossem Interesse gerechnet werden musste, lag an der Traktandenliste, die nicht nur reich, sondern auch mit teils äusserst kontroversen Traktanden befrachtet war (das BT berichtete): Das Darlehen der Gemeinde an ein Praxiszentrum, die Sanierung des Kocher-Büetiger-Hauses, die deutliche Erhöhung der Entschädigungen für Gemeinderäte sowie Gemeindepräsidenten und -vizepräsidenten – das Budget und die übrigen Traktanden sind dabei noch nicht einmal erwähnt. «Dass wir aber derart überrannt werden würden», sagt Claudia Witschi, «damit haben wir nicht gerechnet.»

 

Neues Datum, neuer Ort
Übergeordnete Regeln, wie eine Verschiebung genau zu handhaben ist, gibt es laut Stefanie Feller aus der Rechtsabteilung des kantonalen Amtes für Gemeinden und Raumordnung nicht. Grundsätzlich gelten darum die üblichen Regelungen: Die Versammlung muss rechtzeitig angekündigt werden, ordentlich durchführbar sein und der freie Abstimmungswille muss klar eruierbar sein. «In diesem Sinne ist die Verschiebung sicherlich der richtige Entscheid», sagt Feller.

Die Gemeindeversammlung wird nun am 5. Dezember in der Turnhalle wiederholt. Für die Gemeinde ist es wichtig, dass sie noch in diesem Jahr stattfinden kann, denn per Anfang 2018 ist nicht nur der Gemeinderat samt Präsident neu besetzt, sondern auch der Posten des Versammlungsleiters. Nutzniesser des Hin und Hers ist die Gärtnerei, welche die Blumen zur Verabschiedung der Abtretenden ein zweites Mal liefern kann. Die Getränke fürs Apéro können laut Käser auch am 5. Dezember noch verwendet werden. Und für den Ansturm ist Büren gerüstet, sagt Claudia Witschi: «Wir werden uns für 500 Personen vorbereiten.» Tobias Graden

Nachrichten zu Seeland »