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Wahlen 2014

Die Partei der Individuen

Die GLP Biel-Seeland ist jung und offen. Mit ihren Kernthemen steht sie zwar in direkter Konkurrenz zu den Grünen und der FDP. Bisher war die GLP mit ihrem Themenmix aber erfolgreich.

Die Grafik zeigtt ein politisches Profil anhand der Zustimmung zu acht Themenbereichen. Ein Wert von 100 steht für eine starke Zustimmung, ein Wert von 0 für eine Ablehnung der formulierten Ziele (z.B. wirtschaftliche Liberalisierung). Bild: smartvote/zvg

Fabian Maienfisch

Sie sind urban, gut ausgebildet und setzen sich für eine Wirtschaft und eine Gesellschaft ohne unnötige Zwänge ein. Nichtsdestotrotz haben die Grünliberalen eindeutig ökologische Wurzeln. Im Jahr 2004 spaltete sich die erste Sektion nach parteiinternen Querelen von den Grünen Kanton Zürich ab. 2007 wurde die GLP Kanton Bern gegründet und 2010 nahm die junge Partei das erste Mal an Grossratswahlen teil. Und das mit Erfolg. Im Seeland gewann die GLP auf Anhieb einen Sitz. Der Wähleranteil betrug 4,3 Prozent. Interessant dabei ist, dass sich die GLP vorwiegend in den Zentren Biel, Nidau und Lyss sowie in der Agglomeration behauptet hat.
Auch im aktuellen Rennen um den Einzug ins Berner Parlament sind die meisten der 23 Kandidaten (Liste 1) aus Biel (17 Personen) oder der Agglomeration (3 Personen). «Unsere Kandidaten widerspiegeln im Grossen und Ganzen unsere Mitgliederbasis und Wählerschaft», sagt Urs Gurtner-Oesch aus Biel, Präsident der GLP Biel-Seeland. Mit dieser Truppe will er am 30. März nun einen zweiten Sitz holen.

Alles öko, oder nicht?
Wie die GLP dies anstellen will, erklärt Gurtner-Oesch folgendermassen: «Die Grünliberalen positionieren sich klar in der Mitte, mit einer linksliberalen Ausrichtung.» Neben dem Kernthema Ökologie setze sich seine Partei für eine liberale Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung sowie eine gesunde Finanzlage der öffentlichen Hand ein, fügt er an. Ein Blick auf den Smartspider der GLP Biel-Seeland bestätig die erste Aussage des Regionalpräsidenten indes nicht ganz (siehe Grafik). Bei Fragen wie «sollen für den Bau von Wind-, Solar- und Wasserkraftwerken die Vorschriften des Umweltschutzes gelockert werden», haben die Kandidaten teils grosse Differenzen.
Beim Smartspider liegt die gesamte Partei bei knapp 75 Prozent Zustimmung zu Umweltschutzanliegen. Dieser Wert wird einzig von Sandra Gurtner-Oesch (Biel) übertroffen, sie erreicht 90 Prozent. Andere Kandidaten setzen ihre Schwerpunkte nicht zwingend beim Umweltschutz. Etwa Nathan Güntensperger (Biel). Der Geschäftsleiter der Lago Lodge und Stadtrat weist die tiefste Zustimmung zu diesem Thema auf (knapp 60 Prozent Zustimmung). Hingegen befürwortet er eine restriktive Migrationspolitik (65 Prozent) – anders als die grosse Mehrheit seiner Parteikollegen.
Was die ökologische Ausrichtung der GLP betrifft, gibt es also grosse Unterschiede zwischen den Kandidaten. Zwar erreicht die Partei als Ganzes einen recht hohen Wert bei Umweltschutzthemen. Im Vergleich mit den Grünen Biel-Seeland hat die GLP aber einen deutlich tieferen Wert.

Liberal und liberal
Das zweite Wort im Parteinamen der GLP ist «liberal». Die meisten Kandidaten sind tatsächlich sehr gesellschaftsliberal – dieser Wert liegt laut Smartspider bei hohen 90 Prozent Zustimmung. Sogar 100 Prozent Zustimmung erreicht Denis Briechle aus Biel. Der Präsident der GLP Stadt Biel und Stadtrat befürwortet beispielsweise Straffreiheit beim Konsum weicher Drogen oder bei direkter aktiver Sterbehilfe. Das sehen auch viele Parteikollegen so. Mit einer ähnlich hohen Zustimmung setzen sich auch Sandra Gurtner-Oesch (Biel) oder Max Wiher (Biel) für eine liberale Gesellschaft ein.
Bei der Interpretation einer liberalen Wirtschaftsordnung sind sich aber erneut nicht alle GLPler einig. Während sich etwa Fritz Schär (Tschugg) gegen eine vollständige Liberalisierung der Geschäftsöffnungszeiten ausspricht, befürworten das die meisten seiner Kollegen. Der diplomierte Ingenieur Schär weist mit 45 Prozent denn auch die tiefste Zustimmung aller Kandidaten seiner Partei aus.
Ganz anders der Parteipräsident: Urs Gurtner-Oesch hat zusammen mit dem Lysser Michel Rudin die wirtschaftslieberalste Einstellung (fast 100 Prozent Zustimmung). Beide sehen unter anderem in der Liberalisierung staatlicher Betriebe einen guten Weg. So befürworten sie etwa, dass der Kanton Bern seine Aktienmehrheit an der Berner Kantonalbank abgibt.
Auf die lokale Wirtschaftspolitik seiner Partei angesprochen sagt Gurtner-Oesch: «In der Uhren- und Präzisionsindustrie ist der Standort Biel an der Weltspitze, dieses Potential wollen wir nutzen.» Grundsätzlich engagiere sich die GLP für eine Wirtschaftspolitik, die sich nicht nur auf Steuergeschenke beschränke, ergänzt er.

Die Spitze, die Frauen, der Jüngste
Diese Inhalte sollen die drei Aushängeschilder der Seeländer Sektion portieren. An der Spitze der GLP-Liste steht die bisherige Sabine Kronenberg aus Biel. Bei den letzten Wahlen wurde die Historikerin mit einem guten Resultat gewählt. Die weiteren Zugpferde sind Michel Rudin und Nathan Güntensperger. «Mit unseren drei Spitzenkandidaten haben wir drei politerfahrene Personen im Rennen», ist Gurtner-Oesch überzeugt. Schliesslich finden sich auf der GLP-Liste auch sechs Frauen, und mit Jahrgang 1986 ist Dennis Briechle der Jüngste auf der Liste.

Etwas FDP und Grüne, und trotzdem anders
Wie es der Name der Grünliberalen Biel-Seeland erahnen lässt, setzt die Partei zwei Schwerpunkte: Laut Smartspider stehen die Kandidaten für eine intakte Umwelt und für eine offene Wirtschaft und Gesellschaft ein. Zwei Themenbereiche, die sich aber bereits früher zwei andere Parteien auf die Fahnen geschrieben haben – die FDP und die Grünen. Urs Gurtner-Oesch, Präsident der GLP Biel-Seeland, kennt jedoch die Differenzen zu den genannten Parteien: «Im Gegensatz zu den Grünen, welche sich für die Subventionierung von Viehschauen aussprachen oder der FDP, die staatlich festgelegte Notariatstarife unterstützt, schneiden wir alte Zöpfe ab und schauen vorwärts.» Dank der Smartspider der Seeländer Sektionen lässt sich ein Vergleich anstellen. Tatsächlich sind die Grünen die grünsten im Seeland. Mit einem rund fünf Prozent höheren Wert als die erste Verfolgerin, die SP, stehen die Grünen an der Spitze was den Umweltschutz anbelangt. Die GLP folgt knapp an dritter Stelle hinter der SP, weist aber immer noch einen deutlich höheren Wert auf als alle weiteren bürgerlichen Parteien. In Fragen der wirtschaftlichen Liberalisierung findet sich die GLP zwar weit vorne im Parteienvergleich. Mit einer Zustimmung von rund 70 Prozent zur Liberalisierung liegen sie aber hinter der FDP, die unangefochten den ersten Platz innehat. Die GLP steht auch für eine liberale Gesellschaft. Hier gibt sich die Partei etwas offener als die FDP, aber doch verschlossener als die Grünen und die SP, die für die liberalste Gesellschaftsordnung stehen. Für einen Ausbau beim Sozialstaat kann man die GLP indes nicht gewinnen. Einen offenen Kurs fährt die GLP hingegen in der Migrationspolitik. In diesem Bereich sind aber erneut die SP, und in erster Linie die Grünen, noch offener – sprich gegen eine restriktive Politik. Die GLP weist somit nirgends einen Extremwert auf.

Die Serie zu den Grossratswahlen 2014
• Mit der GLP Biel-Seeland beendet das BT seine Wahlserie zu den Grossratswahlen vom 30. März.
• Sämtliche Parteien wurden in den letzten Wochen in loser Folge abgehandelt. Die Reihenfolge wurde von der Redaktion bestimmt.
• Begonnen hat die Serie mit der SP (14. Februar). Danach folgten BDP (17. Februar); FDP (22. Februar); Grüne (26. Februar); SVP (5. März); SD (12. März); EVP/EDU (17. März). Alle Parteienportraits finden sich online.

Stichwörter: Grossratswahlen, GLP, Smartvote

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