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Asylzentrum

Die Regierung bleibt standhaft

Trotz breiter Kritik hält der Berner Regierungsrat an den Plänen für ein Rückkehrzentrum für abgewiesene Asylsuchende in Prêles fest. Und legt erstmals offen, wie viel der Betrieb kosten soll.

Streitobjekt: Das ehemalige Jugendheim in Prêles steht politisch im Fokus. Bild: Beat Mathys

Philippe Müller

Der Regierungsrat muss sich vorkommen wie ein Prügelknabe. Zumindest, wenn es um das geplante Rückkehrzentrum für abgewiesene Asylbewerber in Prêles geht. Auf dem bernjurassischen Tessenberg will der Kanton das ehemalige Jugendheim umnutzen und ab Sommer 350 bis 450 Personen mit negativem Asylentscheid unterbringen. Menschen also, die die Schweiz verlassen müssen. Gegen das Zentrum hat sich längst lokaler Widerstand formiert. Rund 1000 Bewohner der Region um den Tessenberg bekämpfen das Projekt mittels Petition. Aber auch in der kantonalen Politik ist die Protestwelle angekommen: Die Regierung musste in diesen Tagen gleich vier kritische Vorstösse zu Prêles beantworten.

Auffällig: Vertreter fast aller Parteien haben die Motionen und Interpellationen unterzeichnet. Grossräte von SVP, SP, FDP, EVP, BDP, GLP, Grünen und Alternativer Linke haben Vorbehalte gegen das Rückkehrzentrum, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

8 Millionen Franken pro Jahr
Bürgerliche Parlamentarier greifen die Ängste der lokalen Bevölkerung auf: Sie verlangen von der Regierung ein «tadelloses Sicherheitskonzept», damit die Einwohnerinnen und Einwohner keine «Übergriffe auf Leib und Leben» fürchten müssen. Und die Politiker verlangen, dass der Kanton Bern für Investitionen ins Rückkehrzentrum nicht mehr als eine Million Franken ausgibt. Schliesslich habe der Kanton vor einigen Jahren das damalige Jugendheim bereits für fast 40 Millionen Franken saniert.

Der Regierungsrat ist gewillt, diesen Forderungen nachzukommen, wie er in seiner Antwort erklärt. Auch die Angst, es könne bei 350 bis 450 zusätzlichen Personen ein Problem mit der lokalen Trinkwasserversorgung am Tessenberg geben, entkräftet die Regierung: Die Wasserplanung sehe auch bei Vollbelegung des Zentrums genügend Wasser vor.

Ein zweiter Vorstoss wirft die Frage auf, wie viel der Betrieb des Rückkehrzentrums die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler koste. Hierzu gibt die Regierung erstmals Zahlen preis: Sie geht davon aus, dass bei einer Vollbelegung von 450 Personen die jährlichen Bruttokosten inklusive Personalkosten und Ausgaben für die Nothilfe bei 8,3 Millionen Franken liegen. Bei 350 Personen würden sie sich auf 6,5 Millionen Franken belaufen.

Regierung will es karg
Die Parlamentarier von Mitte-links konzentrieren sich in ihren Vorstössen derweil eher auf humanitäre Fragen. Sie fordern etwa, ganz auf das Rückkehrzentrum in Prêles zu verzichten. Darauf reagiert der Regierungsrat gelassen und macht klar: Er hält an den Plänen fest.

Nüchtern fallen seitens der Verwaltung die Antworten auf emotionale Fragen aus. Ob es denn im Zentrum eine Schule für die Kinder von abgewiesenen Asylsuchenden gebe? Ja. Ob bei der Zubereitung der Mahlzeiten den kulturellen Eigenarten Rechnung getragen werde? Im Rahmen der organisatorischen Möglichkeiten. Gibt es im Rückkehrzentrum für die Bewohner Beschäftigungsmöglichkeiten? Es werden keine Sprachkurse oder gemeinnützige Beschäftigungsprogramme angeboten.

Der Regierungsrat macht zwischen den Zeilen klar, weshalb er das ehemalige Jugendheim in Prêles als besten Standort für das geplante Rückkehrzentrum hält: weil es abgelegen ist, nicht gerade viel Charme versprüht und den Bewohnern die Lust nimmt, in der Schweiz bleiben zu wollen. In der Behördensprache klingt das dann so: «Es sind Infrastrukturen zu nutzen, deren Betrieb keine Fehlanreize für einen weiteren Verbleib in der Schweiz setzt.» Die emotional-kühle Auseinandersetzung wird im März fortgeführt: Dann debattiert das Kantonsparlament über die Prêles-Vorstösse.

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