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Nez Rouge

Die roten Nasen machen blau

Dieses Jahr fahren die Freiwilligen von Nez Rouge keine angeheiterten Seeländer nach Hause. Dies, weil die Fahrerinnen ein Covid-Zertifikat hätten vorweisen müssen. Das ist aber nicht der einzige Grund.

Symbolbild: Keystone

Sarah Grandjean

Wer bei einer Familien- oder Firmenfeier gerne mal ein Gläschen über den Durst trinkt und sich dann nach Hause fahren lassen möchte, kann in diesem Winter nicht auf die Stiftung Nez Rouge zählen. Diese wurde 1990 von Jean-Luc Baierlé gegründet, der letzten Freitag mit 71 Jahren verstorben ist. Die Stiftung engagiert sich dafür, dass während der Festtage weniger Verkehrsunfälle passieren. Autofahrer aus 23 Sektionen in der ganzen Schweiz chauffieren alkoholisierte Menschen in deren Auto nach Hause.

Nun hat das Coronavirus unter anderem den Sektionen Biel und Berner Jura einen Strich durch die Rechnung gemacht – bereits zum zweiten Mal. Der Entscheid, den Fahrdienst heuer abzublasen, sei «schweren Herzens» gefallen, sagt Jean Hauswirth, Medienverantwortlicher von Nez Rouge Biel, gegenüber «Canal 3». Es ist nun aber so, dass die Fahrerinnen und deren Begleiter ein Covid-Zertifikat hätten vorweisen müssen. Man habe befürchtet, deswegen nicht genügend Freiwillige zu finden, zumal ein Grossteil der bisherigen nicht geimpft sei.

Selbst wenn sich genügend zertifizierte Personen gemeldet hätten, so wäre es laut Hauswirth kompliziert gewesen, die nötigen Hygienemassnahmen umzusetzen. Vor und nach der Fahrt hätten die Freiwilligen das Auto desinfizieren müssen, während der Fahrt hätten sie Handschuhe und Maske tragen müssen. «Wenn man die ganze Nacht unterwegs ist, wird man schon so müde genug», sagt er. Der Vorstand war der Meinung, dass die Verantwortung der Freiwilligen zu gross geworden wäre. Dass der Fahrdienst ausfällt, ist nicht nur für die Kundinnen ein Verlust, sondern auch für die Fahrer. «Viele Freiwillige sind über die Festtage zu uns gekommen, weil sie sonst allein zu Hause gewesen wären», sagt Hauswirth. «Sie haben diesen Dienst gern gemacht.»

Nun versuche man, die Leute «bei Stange zu halten». Zum Beispiel betreibt die Sektion Biel eine Website, auf der man schauen kann, was das Jahr über bei Nez Rouge so läuft. «Es wird aber schwierig sein, fürs Jahr 2022 genügend Freiwillige zu finden», ist Hauswirth überzeugt.

Auch die Sektion Berner Jura hat den Fahrdienst abgesagt. Man habe Personen ohne gültiges Zertifikat nicht diskriminieren wollen, sagt die Medienverantwortliche Nathalie Wälti. Der Entscheid sei aber schon vor der Zertifikatsfrage gefallen, weil das Desinfizieren mit sehr grossem Aufwand verbunden gewesen wäre. Ferner pflege man einen familiären Umgang unter den Freiwilligen und esse vor den Fahrten jeweils gemeinsam. Da der Sektion keine grossen Lokale zur Verfügung stünden, wäre es laut Wälti schwierig geworden, die Distanzregeln einzuhalten.

Wer sich bisher auf Nez Rouge verlassen hat, muss sich heuer also anders organisieren. In Städten und grösseren Ortschaften könne man auf den öffentlichen Verkehr ausweichen, sagt Hauswirth. Wer auf dem Land fernab von ÖV-Verbindungen feiert, solle vor Ort übernachten oder im Voraus bestimmen, wer keinen Alkohol trinkt und nach Hause fährt. Schliesslich verderbe es allen den Abend, «wenn einem nach einem schönen Fest die Polizei gute Nacht sagt». 

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