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Gericht

Die Tötung der Mutter 
wiegt besonders schwer

Der junge Mann, der vor drei Jahren in Suberg seine Eltern getötet hat, muss 18 Jahre ins Gefängnis. Das Gericht sieht 
es zwar als erwiesen an, dass die Tat nicht geplant war. Trotzdem habe er seine Mutter und seinen Vater vorsätzlich getötet.

Täter hat nicht im Affekt gehandelt: Das Regionalgericht at eine Gefängnisstrafe von 18 Jahren verhängt. Illustration: Res Zinniker

Deborah Balmer

Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland hat einen 27 Jahre alten Suberger gestern der zweifachen vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen. Am 14. November vor drei Jahren hat er zuerst seinen Vater und dann seine Mutter mit einer 9,5 Kilo schweren Hantel erschlagen. Für das Gericht ist klar: Der junge Mann ist schuldfähig und er ist nicht psychisch krank. Die grausame Tat hat er auch nicht klassisch im Affekt begangen, sondern er hat laut Gericht vorsätzlich getötet. «Wenn jemand mit einer so schweren Hantel einem Menschen auf den Kopf schlägt, dann will er ihn töten», sagte Gerichtspräsident Markus Gross gestern in seiner Urteilsbegründung.

Nur während eines ganz kurzen Zeitraums während der Tat sei die Steuerungsfähigkeit wohl leicht eingeschränkt gewesen. 18 Jahre soll der Mann deshalb für die Tötung seiner Eltern ins Gefängnis. Leicht strafmildernd wirkt, dass er die Tat bereut.

Die Richter gehen davon aus, dass diese nicht geplant war. Am Tag der Tat hat der damals 24-Jährige zuerst seinen Vater mit grosser Brutalität erschlagen. Es sei wahrscheinlich, dass dies aus einem eskalierenden Streit heraus geschehen sei. «Er schlug wohl in einer Spirale aus überraschenden und schockierenden Ereignissen zu», sagte Gross weiter. Mindestens 14 Mal hat der Täter im Keller des Einfamilienhauses in Suberg auf den Vater eingeschlagen, mit direktem Vorsatz ihn zu töten. «Es ist eine massive Form von Übertötung.» Für diese Tat alleine würde das Gericht ihn zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren verurteilen.

Etwas stärker ins Gewicht fällt aber noch die Tötung der Mutter. Hier ist durch die Gerichtsmedizin erwiesen, dass er mindestens 15 Mal mit der Hantel zuschlug, und zwar als die Frau bereits am Boden lag. Die Beweggründe, weshalb er nach dem Vater auch noch die Mutter tötete, waren selbst für den Psychiater in einem Gutachten nicht nachvollziehbar, wie es gestern hiess.

So sei von der Mutter, anders als dies eventuell beim Vater der Fall war, keine Provokation ausgegangen. «Sie war physisch auch nicht bedrohlich, als sie nach der Tötung des Vaters völlig ausser sich war und den Sohn zur Rede stellte und ihn am Hals packte. Er hätte sie überwältigen können», sagte Gross. Wollte er also einfach eine Augenzeugin auslöschen, wie der Psychiater mutmasste? Allein für dieses Delikt würde ihm das Gericht aufgrund der «besonderen Grausamkeit» leicht straferhöhend eine Freiheitsstrafe von 18 Jahren erteilen. Mord, wie dies die Staatsanwältin verlangte, ist laut Gericht aber bei beiden nicht gegeben.

 

Er stellte sich als Opfer dar

Zwei Tage lang hatte der gelernte Fachmann Information und Dokumentation damals die Straftat verheimlicht und sich als Opfer dargestellt. Bei mehreren, auch längeren Einvernahmen, sagte er, die Eltern hätten noch gelebt, als er am Abend des 14. November 2017 nach einem gemeinsamen Pizzaessen das Haus verlassen habe, um mit seiner Freundin in den Ausgang ins «Westside» in Bern zu fahren. Der Aufenthalt dort konnte später durch Kameraaufnahmen auch zeitlich genau dokumentiert werden. Später gestand er die Tat zuerst in einem Brief und dann in einer langen Befragung ein. Er gab zu, auch den Einbruch nur vorgetäuscht zu haben. Dabei konnte er sich sehr präzis an viele Details erinnern. Erst zu einem späteren Zeitpunkt sagte der Verurteilte, er wolle nicht mehr über die Tat reden und könne sich an vieles auch nicht mehr erinnern.

«Ich bin ein sehr ehrlicher und sensibler Mensch, auch wenn ich vielleicht äusserlich nicht so wirke.» Das ist einer der ersten Sätze im Brief, in dem er zwei Tage nach der Tat ein Geständnis ablegte und die Ereignisse beschrieb: An diesem Abend hätten die Eltern mal wieder Streit gehabt, schrieb er. Das Gericht geht im Urteil von dieser Version aus. Im Ehestreit soll es zu einem Handgemenge zwischen den Eltern gekommen sein, bei dem die Mutter aus dem Obergeschoss auf einen Treppen-Zwischenboden gestürzt sei und danach am Kopf geblutet habe. Offen ist, ob der Vater sie absichtlich schubste oder nicht. Gerichtsmedizinisch nachgewiesen werden konnte aber klar, dass es diese Verletzung am Kopf der Mutter gab, auch wenn erst später die Hantelschläge zum Tod führten.

Er sei in Panik geraten, als er seine Mutter bluten sah und habe die Ambulanz und sogar die Polizei alarmieren wollen, sagte der Sohn. Die Eltern hätten sich zwar oft gestritten, der Vater habe die Mutter auch schon geohrfeigt. Aber noch nie habe er die Mutter bluten sehen. Er habe ihr, die nun im Wohnzimmer auf dem Sofa sass, helfen wollen, habe ein Kissen geholt und später auch Eis aus dem Keller. Als er die Stube wieder betreten wollte, habe der Vater ihm aggressiv den Weg versperrt. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem der Vater den Sohn schubste. Nun fiel aber der Vater die Treppe hinunter, blieb unten im Eingangsbereich liegen und schrie.

Der Sohn schaut nach, das Handgemenge geht weiter, die Garderobe fällt um, der Vater stürzt aus dem Eingangsbereich die Treppe in den Keller hinunter. Auch jetzt schaut der Sohn nach: Der Vater packt ihn am Bein und lässt ihn nicht mehr los. Auch hier sagt das Gericht, habe man kleine Verletzungen am Bein des Verurteilten finden können. «Ich habe nicht gewusst, wie ich mir helfen soll und zum ersten gegriffen, was rumlag», gibt der Sohn später an. Mit der gleichen Hantel hat er kurz später auch die Mutter erschlagen, der er zuvor erklären wollte, dass er es nicht absichtlich getan habe, der Vater aber nicht aufhören wollte.

 

Drei Mal an Leichen vorbei

Mehrere Tage lang hatten die Spurensicherung und die Polizei am Tatort gefilmt und Spuren aufgenommen. «Auch wenn es zum Teil ungeklärte Fragen und widersprüchliche Angaben gibt, stimmen die Spuren zum grössten Teil mit den Aussagen des Beschuldigten überein», sagte Gross gestern.

Drei Mal sei der Täter nach der Tat an den beiden Leichen vorbeigelaufen. Zuletzt, als er durch die Garage das Haus verlassen habe. Als er nach dem Ausgang heimkam, alarmierte er die Polizei mit dem Satz: Bei uns ist eingebrochen worden. Die toten Eltern erwähnte er erst später.

Ob das Urteil von der Verteidigung weitergezogen wird, ist noch offen.

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