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Moutier

Diese Abstimmung ist ein Abenteuer

Kann Moutier bei einem Kantonswechsel das Regionalspital behalten? Steigt das politische Gewicht der Gemeinde? Zwei Politiker unterschiedlicher Meinung aus dem Berner Jura haben sich mit diesen Fragen befasst.

Rathaus von Moutier: Hat die Gemeinde im Kanton Bern oder im Kanton Jura mehr politisches Gewicht? Daniel Müller
  • Dossier

Lotti Teuscher

Wenn Moutier nächsten Juni über den Kantonswechsel abstimmt, soll dies für die Stimmbürger kein Abenteuer mit ungewissem Ausgang werden. Die Universität Lausanne hat in einem Gutachten untersucht, welche Auswirkungen der Übertritt in den Kanton Jura auf das Akutspital in Moutier haben würde. Dieses bildet heute zusammen mit dem Spital in St.-Immer die Hôpital du Jura Bernois SA. Aber auch in Delémont gibt es ein Akutspital, nur 13 Kilometer Luftlinie von Moutier entfernt. Ein Spital zu viel für den kleinen Kanton Jura?

Das Gutachten führt im Fall eines Kantonswechsels zwei Varianten auf: Die Gemeinde Moutier wird der Spitalplanungshoheit des Kantons Jura unterstellt, während die Gemeinde St.-Immer unverändert dem Kanton Bern unterstellt bleibt. Variante zwei: Die Kantone Bern und Jura führen für den Berner Jura eine gemeinsame Spitalplanung durch. Sie schliessen zu diesem Zweck eine Vereinbarung ab und übertragen die Planungsbefugnisse für den heutigen Berner Jura einer Organisation.

Risiko für das Spital?

Beide Varianten lassen jedoch eines offen: Wird es bei einem Kantonswechsel auch langfristig ein Spital in Moutier geben? Und falls Ja: In welcher Form wird das Spital überleben? Trotz der Studie bleibt die Abstimmung somit ein Abenteuer.

SVP-Nationalrat Manfred Bühler sagt: «Der Kanton Jura konzentriert vieles in seiner Hauptstadt Delémont. Deshalb glaube ich nicht, dass ein Kantonswechsel positiv für das Spital in Moutier wäre.» Kurz, das Spital habe bessere Chancen im Kanton Bern.

Anders sieht dies naturgemäss Separatist und PSA-Grossrat Peter Gasser. Er verweist auf die Hôpital du Jura Bernois SA, die finanziell sehr gesund sei: «Die SA hat nicht nur, anders als viele Spitäler, keine Schulden. Sie hat auch Geld zum Investieren.»

Ein Punkt, der jeden Einwohner von Moutier persönlich betrifft, sind die Steuern. Der Kanton Jura sei, anders als oft kolportiert, keine Steuerhölle, sagt Gasser: «Wer alleinstehend ist, würde im Kanton Jura mehr bezahlen. Für Familien wäre der Übertritt hingegen interessant.» Bühler argumentiert, dass die Steuerunterschiede für natürliche Personen gering sind. Allerdings mit dem Hinweis, dass die Motorfahrzeugsteuer im Kanton Bern ein Drittel billiger ist.

Mehr politisches Gewicht?

Eine grosse Frage ist, ob Moutier im Kanton Bern oder im Kanton Jura mehr politisches Gewicht hat. Auf den ersten Blick scheint die Antwort simpel: Das Städtchen hat 7600 Einwohner, der Kanton Jura knapp 73 000. Moutier würde somit zehn Prozent der Bevölkerung stellen – um ein Vielfaches mehr als im Kanton Bern mit einer guten Million Einwohnern. «Doch Moutier hat auch im Berner Jura eine sehr wichtige Funktion», sagt Bühler: «Zehn Prozent der Bernjurassier leben in dieser Gemeinde.»

Welchen Einfluss die Bewohner des Städtchens im Kanton Bern angesichts des Sonderstatuts haben, erklärt Bühler am eigenen Beispiel. Der SVP-Nationalrat erinnert an die Regierungsratswahlen 2014, als er als Regierungsratskandidat antrat. Damals gewann der amtierende Regierungsrat Philippe Perrenoud (SP) die Wahl. «Dabei spielte Moutier das Zünglein an der Waage», sagt Bühler. Offen ist für den SVP-Politiker, ob Moutier bei einem Kantonswechsel tatsächlich mehr Parlamentarier stellen könnte.

Für Gasser hingegen gibt es keine Zweifel, dass Moutier bei einem Übertritt in den Kanton Jura politisch an Gewicht gewinnen würde. Er ist überzeugt, dass die Gemeinde im viel kleineren Kanton Jura das politische Gewicht verdoppeln könnte: «Im Kanton Bern sind wir Jurassier und Frankophonen trotz Sonderstatut eine Minderheit.»

Im Grossen Rat spricht Gasser immer Französisch – obwohl er sehr gut Deutsch kann und weiss, dass die meisten Räte das Französische nicht gut verstehen. Einziger Grund dafür: «Ich will das Frankophone stärken.»

Eine Frage der Kultur?

Da ist es wieder, das Argument der frankophonen Kultur. Bei jedem Gespräch mit pro-Jurassiern taucht es auf. Gasser erklärt dies so: «Die Deutschschweizer sind eher misstrauisch gegenüber dem Staat. Wir Romands denken, dass der Staat uns hilft.»

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Die Abstimmung

  • 2013 haben die Bernjurassier den Übertritt in den Kanton Jura mit 70 Prozent Stimmen ab abgelehnt – einzig in Moutier fand sich eine Mehrheit.
  • Am 18. Juni wird Moutier deshalb entscheiden, ob die Gemeinde in den Kanton Jura übertritt. Falls die Bevölkerung die Vorlage annimmt, werden die Dörfer Belprahon, Crémines, Grandval und Sorvilier ebenfalls über einen Wechsel entscheiden. Denn die Gemeinden sind stark mit Moutier vernetzt. Bei einem Nein bleibt diese zweite Abstimmung vermutlich aus. LT

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