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Rebberge

Ein Fungizid greift die Reben an

Ein seit 2013 zugelassenes Produkt zur Fäulnisbekämpfung soll die Rebenblüte beeinträchtigen. Das Ausmass der Schäden im Drei-Seen-Gebiet steht noch nicht fest.

Die Ernte 2015 bei den Bielerseereben ist wegen Problemen mit einem Fungizid in Gefahr. BT/a

von Stéphane Devaux / rw

Blätter ziehen sich zusammen und krümmen sich, die Blüte erfolgt nicht oder nur unvollständig: Fast in der ganzen Schweiz und sogar in anderen Teilen Europas sehen die Reben seit Mitte Mai seltsam aus. Schuld daran ist ein Fungizid, das zur Bekämpfung der Graufäule verwendet wurde (das BT berichtete). Das seit 2013 zugelassene Mittel wurde seit letztem Jahr von verschiedenen Winzern eingesetzt. Die Reben der Drei-Seen-Region inklusive Bielersee blieben nicht verschont.

Ingenieure vor Ort

Derzeit lassen sich weder die Schäden noch die Verluste genau abschätzen, die damit für die Winzer verbunden sind. Nahezu fest steht aber, dass die Schäden auf ein Produkt namens «Moon Privilege» zurückzuführen sind. Dieses wird von der deutschen Firma Bayer vertrieben.

Die Firma hat umgehend ihre Ingenieure vor Ort geschickt. Diese konnten aber ebenfalls noch nicht feststellen, welche Bestandteile im Produkt die an der Rebe beobachtete Reaktion ausgelöst haben. «Sie haben uns aber versichert, dass ihre Herstellungsmethode nicht dafür in Frage kam», betont Sébastien Cartillier, Direktor der «Station viticole neuchâteloise» in Auvernier. Dieser hat den Auftrag, im Namen der Fachleute der gesamten Drei-Seen-Region, Neuenburg, Bielersee und Vully zu informieren. Damit soll verhindert werden, dass gewisse Winzer unnötig exponiert werden. Gleichzeitig wird auf eine massvolle und beruhigende Sprache geachtet.

Reben können kompensieren

Schäden sind vorhanden, aber «man muss vorsichtig bleiben. Der Weinberg ist nicht verwüstet.» Als versierter Fachmann weist Sébastien Cartillier auf die ausgezeichnete Kompensierungsfähigkeit der Reben hin: «Wenn ein Teil der Traube nicht geblüht hat, sollten die übrigen Beeren umso grösser werden. Somit werden wohl mengenmässig keine allzu grossen Verluste entstehen.»

Noch auf einen weiteren Punkt weist der Experte hin. Die geschädigten Winzer sind nicht selber verantwortlich. Sie hatten einfach das Pech, diesen Lieferanten zu wählen anstelle vier oder fünf anderer, welche diese Marktlücke besetzen. Wie jedes andere Fungizid verwendeten sie auch dieses gemäss einem genauen Protokoll. Das Mittel wurde zwischen dem 10. und 20. Juli 2014 und somit zu einem Zeitpunkt, als sich die Traube schloss, oder zur Reifezeit zwischen dem 7. und 10. August, eingesetzt.

Derzeit steht noch nicht fest, ob alle Traubensorten gleich betroffen sind. Auf den ersten Blick macht es den Anschein, als sei der Chasselas empfindlicher als der Pinot Noir. Auch der Chardonnay und der Sauvignon Blanc scheinen betroffen zu sein. «Meinen Sauvignon Blanc brauche ich dieses Jahr nicht zu ernten», stellt einer der Winzer am Bielersee fest, der diese Woche von der Zeitung kontaktiert wurde. «Da dies das erste Mal vorkommt, tasten wir uns vorwärts», erklärt Sébastien Cartillier.

Welche Entschädigung?

Die betroffenen Winzer möchten momentan unbedingt wissen, wie sie entschädigt werden. Fachleute werden die betroffenen Gebiete unter die Lupe nehmen, um das Schadenvolumen festzustellen. Der Versicherer von Bayer möchte aber sicher sein, dass auch wirklich dieses Produkt dafür verantwortlich ist.

In der Zwischenzeit hoffen die Winzer, dass nicht noch ein heftiges Gewitter dazwischenfunkt. An den Juni 2013 denken sie nur sehr ungern zurück. Dazu kommt eine andere potenzielle Gefahr: die berühmte Drosophila Suzukii. Die Kirschessigfliege schätzt jedoch hohe Temperaturen nicht, sodass ihr die brütende Hitze den Appetit verderben könnte.

Kommentare

Biennensis

Bei so viel Fungizid von der deutschen Firma Bayer sind die Reben am Bielersee eventuell auch noch Hagelsicher geworden. Na dann mal Santé und auf unsere "Gesundheit"! Der «Moon Privilege» vom Bielersee ist so ein "edles" Tröpflein…


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