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Kafipause

Ein Geständnis

Im persönlichen Blog berichten Parzival Meister, Mitglied der publizistischen Leitung und Bernhard Rentsch abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern.

Parzival Meister
  • Dossier

Liebe Leserinnen, liebe Leser, ich muss Ihnen jetzt etwas offenbaren: Ich habe noch nie eigenhändig eine Steuererklärung ausgefüllt. Noch nie in meinem Leben. Und das zweite Geständnis folgt auf dem Fuss: Wissen Sie, wer das bisher für mich gemacht hat? Es war … meine Mutter. Die Frau also, die mich grossgezogen und mich irgendwann mit gutem Rüstzeug aus ihrer Obhut als selbstständiger junger Mann in die Welt entlassen hat, nahm Jahr für Jahr das Mäppli mit meinen Unterlagen von mir entgegen und legte mir am Ende ein unterschriftsreifes Formular vor. 

Es sei ganz einfach, imfau, hat sie mir immer wieder gesagt. Doch allein der 
Gedanke an das Ausfüllen einer Steuererklärung löst bei mir ein ungutes Gefühl in der Magengegend aus. Das geht mir eigentlich immer so, wenn ich ein Formular ausfüllen muss. Ich bin wohl so etwas wie ein Formular-Phobiker. Und eine Steuererklärung ist so etwas wie die Königin aller Formulare. Mein persönlicher Formularkampf-Endgegner. So viele Seiten, so viele Behörden-Wörter, und das alles in so kleiner Schrift. Ich kriege Gänsehaut, wenn ich nur darüber schreibe.

Und dennoch: Irgendwann musste ich das doch unabhängig von Mama hinbekommen. Also habe ich letztes Jahr meiner Mutter verkündet, es sei das letzte Mal, dass sie mir meine Steuererklärung ausfüllen müsse. Als dann irgendwann dieses allseits geliebte Dokument des Kantons ins Haus flatterte, kamen die 
ersten Schweissausbrüche. Doch ich habe erfolgreich dagegen angekämpft – und die Abgabefrist so lange verlängert, wie man sie verlängern kann.

Nun ist es soweit. Die Gnadenfrist läuft aus. Und ich musste mich endlich meinen Ängsten stellen. Also habe ich mich hingesetzt, die Ärmel nach hinten gekrempelt und … habe selbstständig einen Treuhänder kontaktiert, der sich um solche Dinge kümmert. Sie dachten schon, ich hätte mich tatsächlich überwunden und selber durch diese Formular-Hölle gekämpft. NIE. IM. LEBEN. Und wissen Sie was: Sogar die Behauptung, ich hätte selber einen Treuhänder kontaktiert, war nur ein Bluff. In Tat und Wahrheit hat mich meine Frau mit zu ihrem Treuhänder genommen.

Aber immerhin, ich kam schon ein wenig ins Schwitzen, als ich am Abend vor dem Termin noch alle Unterlagen zusammensuchen musste. Und da gibt es, vor allem dem Hauskauf geschuldet, so einige. Also habe ich zur Sicherheit einfach den ganzen Berg an Papieren mitgenommen. Und dann sitze ich da leicht nervös im Büro des Treuhänders, in ängstlicher Erwartung, was da nun alles auf mich zukommen würde. Doch dieser Herr, er war die Ruhe selbst. Und führte mich freundlich und kompetent durch den ganzen Prozess. Nach einer halben Stunde war der ganze Spuk vorbei.

Merci, liebes Mami, für die jahrelange Hilfe und danke an alle Menschen da draussen, die das Ausfüllen von Steuererklärungen zu ihrem Beruf gemacht 
haben und Leuten wie mir helfen, wieder ruhig schlafen zu können.

parzival.meister@gassmann.ch

 

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