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Beziehungen

Eine Freundschaft für das Leben

Seit 43 Jahren sind Jsa Biber und Claudia Kollbrunner befreundet. Sie besuchten die gleiche Klasse, erlebten zusammen Hoch und Tiefs und wollen später im Altersheim in einem Doppelzimmer wohnen.

Die Freundinnen (links Jsa Biber) teilen auch ihre Liebe zu Hunden. Bild: Stephanie Matti
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Stephanie Matti

Wer bei Jsa Biber in Lobsigen zu Besuch kommt, wird als erstes von ihren drei grossen Hunden begrüsst. Auf der Terrasse hinter dem Bauernhaus sitzt sie bereits mit ihrer langjährigen Freundin Claudia Kollbrunner an einem Holztisch und trinkt ein Glas Wasser.

Seit 43 Jahren sind die beiden 46-Jährigen nun schon befreundet und haben so einiges zusammen erlebt. Jsa Biber beginnt zu erzählen: In ihrer Kindheit seien Claudia Kollbrunner und sie Nachbarskinder in der Ortschaft Bümpliz gewesen. Mit drei Jahren begannen sie miteinander zu spielen.

Die beiden wussten sich immer zu beschäftigen. Sie spielten draussen im Garten mit Puppen, bauten Hütten oder frisierten sich gegenseitig die Haare. Da es im Quartier nicht viele Kinder hatte, seien sie stets zu zweit gewesen. Claudia Kollbrunner sagt: «Wir wollten immer alles zusammen machen und waren unzertrennlich.» Das sei manchmal sogar den Eltern zu viel geworden.

Durch dick und dünn

Als die Freundinnen in die Schule kamen, haben sie zusammen den Schulweg zurückgelegt und auch am Pult sassen sie nebeneinander. Natürlich hätten sie auch andere Freundinnen gehabt, aber es sei nie dasselbe gewesen, wie wenn sie zusammen waren.

Bis in die vierte Klasse waren die zwei unzertrennlich. Jsa Biber zeigt Fotos von ihrer Kindheit. Auf einem Bild tragen die Mädchen dasselbe «Röckli» und auf einem anderen frisiert Claudia Kollbrunner ihre Freundin. Kollbrunner sagt lachend, dass sie bereits damals Coiffeuse werden wollte. Auf den Fotos fällt auf: Die beiden haben immer einen ähnlichen Haarschnitt. Sie hätten immer gleich aussehen wollten – und was die eine hatte, wollte auch die andere haben.

Nach der vierten Klasse trennten sich ihre Wege zum ersten Mal. Jsa Biber wechselte in die Sekundarschule und ihre beste Freundin zog mit der Familie in ein anderes Quartier und musste in eine andere Schule gehen. Für beide sei dies schlimm gewesen. Sie mussten lernen, alleine zurechtzukommen, was vor allem für Claudia Kollbrunner schwierig gewesen sei. Sie sagt, bis zur vierten Klasse habe ihre Freundin sie beschützt – sei es vor den Jungs, oder wenn es mit anderen Gspändli Streit gab. Auch wenn es damals für sie schwierig war, weiss sie heute, dass es ihr gutgetan hat und sie durch diese Herausforderung selbstbewusster geworden ist.

Der erste grössere Streit

Da die Mädchen nun nicht mehr Nachbarinnen waren, mussten sie eine Weile mit dem Bus fahren, um sich zu sehen. Das habe ihnen jedoch nichts ausgemacht. Claudia Kollbrunner sagt: «Wir hätten alles getan, um einander zu sehen.» In dieser Zeit ist es jedoch auch zu ihrem ersten grösseren Streit gekommen.

Jsa Biber kann sich noch genau erinnern: Da ihre Freundin wegzog, musste sie eine neue Sitznachbarin finden. So kam es, dass sie sich mit einem Mädchen anfreundete, das Claudia Kollbrunner und sie eigentlich nicht mochten. Als Claudia Kollbrunner erfuhr, neben wem ihre beste Freundin in der Schule sitzt, sei sie wütend geworden. Nach einer kurzen Diskussion versprach Jsa Biber, sich eine neue Sitznachbarin zu suchen – und die zwei vertrugen sich wieder.

Heute lachen sie über die Auseinandersetzung. Ausser diesem Streit können sich die Freundinnen an keinen anderen erinnern. Jsa Biber sagt: «Wir sind beide sehr friedfertige Menschen, ich glaube, wir können gar nicht miteinander streiten.»

Partys und Jungs

Als die beiden älter wurden, gingen sie in den Ausgang, begannen sich zu schminken und interessierten sich für Jungs. Auch in dieser Zeit verbrachten die Freundinnen viel Zeit zusammen. Ihr Lieblingslokal war der Club «Castello» in Lyss. Das Tanzen hat die beiden sehr verbunden. Da Claudia Kollbrunner eine Lehre als Coiffeuse machte, schminkte und frisierte sie ihre Freundin immer vor dem Ausgang.

Die beiden haben aber auch eine schlimme Erfahrung gemacht: Claudia Kollbrunner hatte auf dem Heimweg nach dem Ausgang einen Autounfall. Jsa Biber erzählt, sie habe nichts ahnend an der Unfallstelle gestoppt. Als sie gesehen habe, dass ihre Freundin im Auto feststeckte, bekam sie Panik. Sie sei zu Claudia Kollbrunner ins Auto gesessen und habe mit ihr auf den Rettungswagen gewartet. Dabei habe sie ihr versprochen, sie würde sie nicht alleine lassen und alles werde gut. Claudia Kollbrunner sagt, sie sei in diesem Moment sehr froh gewesen, dass ihre Freundin bei ihr war und ihr Mut machte. Nach einigen Wochen war sie wieder fit und die Freundinnen konnten endlich wieder zusammen ausgehen.

Als beide ihren ersten Freund hatten, hätten sie sich ein wenig auseinandergelebt. Das sei aber auch normal, finden beide und keine hätte es der anderen übel genommen, wenn diese etwas mehr Zeit mit dem Freund verbringen wollte. Wenn es Liebeskummer gab, haben sie sich getröstet und aufgemuntert. Auch Ehrlichkeit sei in ihrer Freundschaft immer wichtig gewesen. Claudia Kollbrunner sagt: «Auch heute gibt es keine Geheimnisse zwischen uns, wir sind offen und ehrlich zueinander.»

Noch nie gemeinsame Ferien

Heute sehen sich die Freundinnen zwei bis dreimal im Monat. Schreiben würden sie sich jedoch täglich per Whatsapp. Da Claudia Kollbrunner wieder in Bern wohnt und alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern ist, sei es oft schwierig, einen gemeinsamen Termin zu finden. Wenn sich die beiden dann treffen, gehen sie am liebsten zusammen essen und plaudern stundenlang. Themen, über die sie nicht sprechen, gibt es bei den Freundinnen nicht. Jsa Biber sagt: «Wir sprechen über alles, auch über Dinge, die man sonst niemandem erzählen kann.»

Jsa Biber schätzt an ihrer Freundin, dass sie sie so akzeptiert, wie sie ist. Sie sagt, sie höre oft fiese Sprüche, da sie drei Hunde und keine Kinder habe. Ihre beste Freundin habe dies jedoch nie hinterfragt und sei der Meinung, dass man sich gegenseitig weniger verurteilen sollte. Für Claudia Kollbrunner ist Jsa Biber ihr «Fels in der Brandung».

Was die Freundinnen unbedingt noch zusammen erleben möchten, ist gemeinsam in die Ferien zu fahren. Dies hätten sie in den 43 Jahren tatsächlich noch nie geschafft. Auch wenn sie einmal ins Altersheim gehen, steht für beide fest: Sie werden ein Doppelzimmer nehmen. Egal was kommt, die beiden sind sich einig, dass nichts sie auseinanderbringen kann.

Stichwörter: Beziehungen, Freundschaft

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