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Abgewählt

«Eine Stabübergabe, kein Drama»

Damit hat kaum jemand gerechnet: Corrado Pardini (SP) verliert seinen Sitz im Nationalrat. Der Lysser zeigte sich geschockt und gefasst zugleich.

Trozt Abwahl hat Corrado Pardini sein Lachen nicht verloren. Bild: Anne-Camille Vaucher
  • Dossier

Betretenes Schweigen im Restaurant Casa d’Italia in Bern. Wie bereits vor acht und vor vier Jahren hat sich Corrado Pardini (SP) mit Familie, Freunden sowie Wahlkampfhelferinnen und -helfern, mehrheitlich Gewerkschafter, hier getroffen. 2011 und 2015 konnten sie seine Bestätigung im Nationalrat feiern. Gestern nicht.

Überraschend früh werden die Resultate aus dem Kanton Bern verkündet. So früh, dass viele im Restaurant es gar nicht realisieren, als die Anwesenden vor dem Fernseher hektisch «Pscht» rufen. Rechtzeitig auf das SP-Resultat wird es ruhiger. Und dann fällt Pardinis Name halt nicht. Die Berner SP verliert zwei Sitze. Obwohl es die Hochrechnungen am Nachmittag angekündigt haben, wollen es viele bis zum Schluss nicht wahrhaben.

Auch Pardini zeigt sich zuversichtlich, als er kurz nach 20 Uhr im Restaurant eintrifft. Er denke, dass die SP nur einen Sitz weniger machen werde. Die noch nicht ausgezählte Stadt Bern werde die Resultate zugunsten seiner Partei beeinflussen. Und wenn, dann sei es wahrscheinlich, dass zwei Frauen und zwei Männer gewählt würden. Dass er aller Voraussicht nach den zweiten Listenrang belegen wird, davon kann der 54-jährige Lysser bereits ausgehen. Es sollte ihm dennoch nicht reichen.

Lange im Vorfeld war klar, dass es die Männerliste der SP Bern nicht einfach haben wird. Der dritte war ein sogenannter Wackelsitz; vor vier Jahren konnte er nur knapp gehalten werden. Darauf, dass die SP gleich zwei Sitze verlieren könnte, hatte aber wenig hingedeutet. Zu gut hatte die Partei bei den Grossratswahlen vor eineinhalb Jahren abgeschnitten, zu etabliert schien sie im Kanton.

Wie bitte? Was? Abgewählt? Die gut 30 Personen, die sich im Restaurant zum Feiern getroffen haben, tauschen verwirrte Blicke aus. Noch ist die Nachricht nicht zu allen durchgedrungen. Die Augenpaare ruhen nun auf Corrado Pardini, der bestätigt: «Es hat nicht gereicht.» Nun ist es plötzlich so ruhig, dass man nur noch die tröstenden Klatscher auf den Rücken hört. Pardini wirkt indessen einigermassen gefasst und versucht sogar, seine Entourage aufzumuntern: «Das kann passieren, Leute», sagt der Seeländer in die Runde, ehe er eine Kurzanalyse wagt. «Die Abwahl ist dem Parteieinbruch in Bern geschuldet. Zudem wollten die Leute mehr Frauen im Parlament, was unserer Männerliste wahrscheinlich viele Stimmen gekostet hat.»

Er sehe seine Abwahl als Stabübergabe an die neugewählte Tamara Funiciello, in die die Gewerkschaften ebenfalls viel Hoffnung setzen. Gleichzeitig gibt Pardini zu: «Ich hätte nicht gedacht, dass es so weit kommt. Aber glücklicherweise definiere ich mich nicht nur als Politiker. Es ist kein Drama.» Michael Lehmann

Stichwörter: Wahlen 19, Corrado Pardini, SP

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