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Fasnacht

Einsame Runden durch Grenchens Strassen

Die Fasnachtsclique «The Crazy Beasts» hat der Pandemie getrotzt und einen Mini-Corona-Umzug durch Grenchen veranstaltet. Ohne Publikum.

Fasnacht: Die «Crazy Beasts» haben sie zu Grabe getragen. Anne Camille Vaucher

von Margrit Renfer
Ein trauriges Gefährt zieht am Samstagabend durch Grenchens Strassen. Auf dem Wagen liegt eine Puppe in einem halb offenen Sarg, den fünf schwarz gekleidete Gestalten begleiten. Schwarz die Kleider, schwarz der Mundschutz, schwarz die Nacht.
Was ein Fasnachtsumzug sein soll, gleicht eher einem Trauerzug. Und das an dem Abend im Jahr, an dem die Fasnächtler normalerweise ausgelassen feiern. Der Grenchner Fasnachtsverein «The Crazy Beasts» wollte sich trotz Corona die Fasnacht nicht ganz vermiesen lassen. Für Fabian Affolter, Sprecher der Gruppe, war «einfach nichts machen» keine Option. Und so entschlossen sich die «Beasts» zu diesem Corona-tauglichen Umzug, ganz ohne Publikum.


Hier und da ein Lächeln
Trotzdem: So traurig das Gefährt ist - es zaubert all jenen ein Lächeln ins Gesicht, die vorbeifahrend im Auto realisieren: Nicht alle Fasnächtler geben auf. Dabei bleibt es denn auch. Nur der kleine Fasnachtswagen mit dem Sarg und seine Begleiter sind da, sonst sind die Strassen und der Marktplatz weitgehend leer, fast ausgestorben. Nur eine Rentnerin begegnet dem Tross an diesem eiskalten Abend. Sie besieht sich die Szenerie und meint: «Fasnacht, ah ja, das müsste schon sein.»
Ein Grüppchen Menschen steht beim Take-Away, ein Fussgänger eilt dick vermummt vorbei. Kaum ein kurzes «Hallo», kein Applaus, kein Lachen. Nichts. Die Truppe zieht durch die Strassen, macht eine Runde um den Marktplatz. Schweigend.


Letzte Ruhe unter dem Dach
«Ruhe in Frieden, Fasnacht 2021» steht auf dem Grabstein auf dem Fasnachtswagen.  Als die Kirchenglocke sieben Uhr abends schlägt, hieven die «Crazy Beasts» den Sarg vom Wagen. Dann nageln sie die Kiste zu und stellen sie unter das Stadtdach auf dem Marktplatz, den Konfettikranz dazu. Die Truppe versammelt sich rundherum zu einer Schweigeminute.
Mit Sehnsucht schweifen ihre Gedanken zurück zur letzten Fasnacht. Es war eine Zeit des Lachens, der Lichter und der Freude. Wer hätte damals gedacht, dass ein Virus die Fasnacht vertreiben könnte. Aber nichtsdestotrotz. Hadern ist nicht das Ding der «Beasts». Tatsachen kann man nicht ändern, man kann aber trotzdem kreativ sein.
«Wir wollen uns die Fasnacht nicht kaputtmachen lassen», sagt Fabian Affolter. Nicht von einem Virus. «Mit dieser Aktion wollen wir zeigen, dass wir jungen Fasnächtler auch unter schwierigen Umständen da sind.» Dennoch. Auch wenn kein Publikum vorgesehen war, eine derart leere Stadt habe er doch nicht erwartet.  


Kurzfristiger Entscheid
2021 wäre die vierte Fasnacht des noch jungen Vereins gewesen. Beflügelt durch die gute Zeit mit dem Wagen vor dem Restaurant Krebs im letzten Jahr, habe sich der Verein richtige Grundlagen gegeben, sagt Affolter. Vor einer Woche haben sich die «Beasts» spontan und kurzfristig zu dieser Aktion entschieden.
Fabian Affolter: «Wir sind ein gemischter Haufen von Leuten aus der Umgebung.» Das Sujet - Sarg, «Leiche» und Grabstein -  war unter den gegebenen Umständen schnell klar. Das meiste Material für Wagen, Puppe und Sarg, holten sich die Fasnächtler aus dem Abfall.
Die Woche, die sie dafür benötigt haben, sei eine gute Zeit gewesen, darüber sind sich die «Crazy Beasts» einig.
Doch sie hoffen, dass der Umzug mit den einsamen Runden durch die Stadt eine einmalige Erfahrung bleiben wird.

Stichwörter: Fasnacht, Grenchen, Verein

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