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Titelgeschichte

Er tüfftelt für das schöne Leben

Treppen, Pflastersteine, erhöhte Zugeinstiege, verwinkelte Restaurants oder zu enge Toiletten: Für Rollstuhlfahrende lauern überall Hindernisse.

  • 1/5 Daniel Peter (links) bespricht mit Eric Müller, Betriebsleiter der Abteilung Metallbearbeitung der Stiftung Dammweg, lette Details für das «Fussbrett F1». In wenigen Monaten soll dieses auf den Markt kommen. Copyright Rolf Neeser / Bieler Tagblatt
  • 2/5 Seine Leidenschaft für hochwertige Schuhe hat Daniel Peter zur Erfindung der «One Hand Lace» inspiriert - Schnürsenkel, die sich mit einer Hand binden lassen. Copyright Rolf Neeser / Bieler Tagblatt
  • 3/5 Ein gutes Glas Wein zusammen geniessen: Damit Manuel Arn (links), der Arme und Hände kaum bewegen kann, dies stilvoll tun kann, hat Daniel Peter ein spezielles Weinglas erfunden. Copyright Rolf Neeser / Bieler Tagblatt
  • 4/5 Dank Fussbrett und des daran befestigten Freewheels stellen Pflastersteine wie hier in der Bieler Altstadt für Daniel Peter im Rollstuhl kein Hindernis mehr dar. Copyright Rolf Neeser / Bieler Tagblatt
  • 5/5 Beim Einkaufen trifft Daniel Peter, Hier auf «Genny», eine Bekannte. Copyright Rolf Neeser / Bieler Tagblatt
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Text: Andrea Butorin Bilder: Rolf Neeser

Der stark gehbehinderte und zeitweise auf den Rollstuhl angewiesene Seeländer Daniel Peter mag sich von diesen nicht abhalten lassen. Lieber erfindet er Hilfsmittel, um sie aus dem Weg zu räumen. Selbstständig zu sein ist Daniel Peters wichtigstes Gut.

Nach vielen Jahren in der IT- und Werbebranche setzt der 58-Jährige ganz auf seine Firma Petertools.Life. «Missing Links for an easier life», lautet deren Slogan, «fehlende Bindeglieder für ein einfacheres Leben.» Mit der Vermarktung seiner Erfindungen will er auch anderen zu einem selbstständigeren Leben verhelfen.

Daniel Peters Gehbehinderung ist auf eine Hirnquetschung zurückzuführen, die er als Kleinkind bei einem Autounfall erlitt. Erinnerungen daran hat er keine. Als Kind und in jüngeren Jahren fiel ihm das Gehen noch leichter. Heute kann er kurze Strecken am Stock gehen, doch meist bewegt er sich im Rollstuhl fort. «Meiner Meinung nach lassen viele Menschen mit Einschränkung zu spät Hilfsmittel zu», sagt er. Dabei bleibe später agiler, wer sich früher schone. Und: «Den Umgang mit neuen Technologien oder Hilfsmitteln soll man so früh wie möglich lernen, bevor man zu unsicher ist, um die Bedienung noch zu erlernen.»

Die WG war ein Pionierprojekt

Bereits in jungen Jahren erkämpfte sich Daniel Peter Autonomie – für sich und für andere. Der gebürtige Basler absolvierte in Biel bei der Stiftung Battenberg das KV. Nach der Lehre stellte sich für ihn und für drei seiner Kollegen, die stark pflegebedürftig waren, die Frage, wie es weitergehen soll. Damals, Anfang der 80er-Jahre, gab es für Behinderte noch keine Möglichkeiten, selbstständig zu leben. Nicht zuletzt deshalb, weil die IV-Leistungen nicht selber verwaltet werden konnten, sondern ausschliesslich an Heime abgegeben wurden. «Zurück zu den Eltern oder in ein Altersheim ziehen – das waren keine prickelnden Aussichten für meine schwerbehinderten Freunde», sagt Daniel Peter.

Und so stellten die vier eine Wohngemeinschaft auf die Beine, unterstützt von zwei Studenten der damaligen Sozialen Schule Solothurn und der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, die ein passendes Haus in Orpund kaufte und über die die IV-Gelder flossen. Ab 1984 lebten fünf Behinderte zusammen mit drei Frauen, die im Anstellungsverhältnis als Pflegerinnen oder auch Chauffeusen amteten, im Haus. Das Projekt hatte damals Pioniercharakter im Seeland und genoss relativ breite mediale Aufmerksamkeit.

Zehn Jahre lang lebte Daniel Peter in dieser WG. Heute wohnt er mit seiner Frau Angela, mit der er seit 35 Jahren zusammen ist, in Bellmund. Als Kaufmann arbeitete er bloss ein halbes Jahr. «Dann bin ich in die Telekommunikation reingerutscht.» Für die PTT (Schweizerische Post-, Telefon- und Telegrafen-Betriebe, ab 1983 Fernmeldekreisdirektionen genannt und später in Post und Swisscom aufgeteilt) bereitete er mittels Videotex, einem Internet-Vorläufer, Inhalte auf. Später führte ihn der Weg in eine Internet- und Werbeagentur.

«Genny» fördert soziale Kontakte

Daniel Peters wertvollstes Fortbewegungsmittel heisst «Genny» und ist ein zu einem Rollstuhl umgebauter Segway. Eines jener Fahrzeuge also, die bei Stadttouren zum Einsatz kommen: Zwei grosse Räder, Elektroantrieb und Steuerung mittels Balance. Ebenso funktioniert «Genny». Das Gefährt ermöglicht es Daniel Peter, sich agiler zu bewegen, Hindernisse oder unebenes Terrain zu überwinden.

«Genny» erreicht 20 Stundenkilometer, und dank zwei eingebauten Akkus reicht es für ganztägige Touren, die Daniel Peter mit seiner Frau unternimmt – er auf «Genny», sie auf dem E-Bike. «Seit ich damit unterwegs bin, treffe ich viel öfter andere Menschen und bin mehr draussen», sagt er. Weil die Fortbewegung mit dem herkömmlichen Rollstuhl anstrengender ist, sei er vorher viel öfter mit dem Auto unterwegs gewesen.

«Die Versicherungen sollten insbesondere jungen Gehbehinderten ‹Genny› finanzieren», sagt Daniel Peter. Die Fortbewegung auf zwei Rädern biete mehr Freiheit als auf vieren. Hätte er bereits als Jugendlicher so ein Gefährt besessen, dann hätte er den Schulweg von Riehen nach Basel selbstständig bestreiten können. «Aber ich wurde jeden Tag mit dem Taxi in die Schule gefahren, deshalb fehlten mir die sozialen Kontakte.» Die Invalidenversicherung bezahlt aber nur dann einen Beitrag an «Genny», wenn nachgewiesen werden kann, dass man auf den Elektroantrieb angewiesen ist. Daniel Peter aber findet, frühe Selbstständigkeit sei der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben, was auch Gesellschaft und Sozialversicherungen entlasten würde.

Der Erfindergeist war geweckt

Ist Daniel Peter mit dem Flugzeug unterwegs, bevorzugt er seinen Faltrollstuhl. Denn bei «Genny» müssten für den Transport beide Akkumulatoren ausgebaut werden. Faltrollstühle sind bloss rund zehn Kilogramm leicht, simpel verstau- und transportierbar. Doch weil ein solcher vorne bloss kleine Rädchen installiert hat, werden Absätze, unebenes Gelände oder Pflastersteine zu unüberwindbaren Hindernissen.

«Ein grösseres Rad muss her, eines, das sich auf einfache Weise montieren lässt», sagte sich der Seeländer. Schon als Kind sei er ein Tüftler gewesen, habe sich mit Modellflugzeugen und -schiffen beschäftigt. Das Problem weckte seinen Erfindergeist. Zwar waren montierbare Räder bereits erfunden – das perfekte Produkt fand er im amerikanischen Freewheel. Das sei an sich «genial einfach», lässt sich aber nicht an Faltrollstühle montieren.

Er holte sich Hilfe bei den E-Flugzeug-Bauern von Evolaris aus Nidau. Gemeinsam entwickelten sie ein Fussbrett, das sich an die meisten Faltrollstuhlmodelle anbringen lässt und diese stabilisiert. An das Brett kann das Freewheel auf einfache Weise angebracht werden. Die Erfindung trägt den prosaischen Namen «Fussbrett F1».

In einem Video demonstriert Peter, wie er im Andalusien-Urlaub mit dem Prototypen von «Fussbrett F1» über das Kopfsteinpflaster fährt. Bis zehn Zentimeter hohe Absätze lassen sich mit der Konstruktion überwinden – und so hat Daniel Peter ein weiteres Hindernis aus seinem Leben geräumt.

Noch ist das «Fussbrett F1» nicht auf dem Markt, doch bald sollte die nötige Zertifizierung als Medizinalprodukt abgeschlossen sein. Dann startet die Produktion in der Stiftung Dammweg, in deren Stiftungsrat Daniel Peter sitzt (siehe Zweittext).

Mit «Genny» allein nach London

Daniel Peter verhehlt nicht, dass er das schöne Leben liebt: Elegantes Design, schicke Restaurants, hochwertige Lederschuhe. Ebenso wenig verhehlt er, dass er das Glück hat, sich ein solches Leben leisten zu können. Seine «Genny» kostete ihn so viel wie ein stattlicher Neuwagen. Als er zum ersten Mal einen Tesla sah, wusste er: «Das will ich!». Doch bevor er sich auf die Warteliste setzen liess, prüfte er, ob sich seine verschiedenen Rollstuhlmodelle inklusive «Genny» mittels eingebauten Krans darin verstauen lassen. Tatsächlich findet alles – «Genny» und der Kran im hinteren und der Rollstuhl im vorderen Kofferraum – Platz.

In den Ferien reist er mit seiner Frau am liebsten im Tesla durch Europa. Dieses Jahr stehen Südengland und Wales auf dem Programm. Die extremsten Erfahrungen machte er in Indien. Das Land sei punkto Zugänglichkeit «eine Katastrophe». Doch auch in Europa kommt Daniel Peter mancherorts an seine Grenzen. Lissabon zum Beispiel lässt er aussen vor. Zu viel Kopfsteinpflaster, zu viele Hügel, bei denen sein Akku versagen würde.

Jüngst reiste er alleine mit «Genny» mit dem Zug nach London. Dort stellte er erfreut fest, dass fast alle Trottoirs rollstuhlgängig sind, und auf den Streckenplänen der «Tube», der Londoner Metro, ist die Rollstuhlgängigkeit der einzelnen Stationen detailliert vermerkt.
Ganz ohne Hilfe zu reisen ist für Daniel Peter aber nicht immer möglich, auch in der Schweiz nicht. So sind längst nicht alle Schweizer Züge problemlos mit einem Rollstuhl befahrbar, auch die neuesten nicht uneingeschränkt. Auch bei Bauten bestehe viel Luft nach oben: «Dabei käme es später im Alter allen zugute, wenn man von Anfang an behindertengerecht bauen würde», so der Tüftler.

Aber: «Es gibt hunderte verschiedene Beeinträchtigungen. Deshalb braucht es auch fast ebenso viele Lösungen.» Die weissen, erhöhten Blindenleitlinien an den Bahnhöfen etwa seien für Sehbehinderte zwar ein Segen, für ihn stellten sie jedoch eine Stolperfalle dar, wenn er zu Fuss unterwegs ist. «Letztlich braucht es gegenseitige Rücksichtnahme und Unterstützung, damit wir uns alle möglichst selbstbestimmt in unserem Leben einrichten können», schliesst er.

Schöne Schuhe einhändig binden

Die Erfindung von «Fussbrett F1» entstand aufgrund von Daniel Peters eigenen Bedürfnissen. Ebenso war es bei einem weiteren Produkt, das diesen Frühling auf den Markt kommt:Dabei geht es um seinen Hang zu Qualitätsschuhen. Schuhe mit Klettverschluss sind zwar praktisch, entsprechen aber überhaupt nicht seinem Geschmack. Schuhe selber binden war kein Problem, bis er sich 2001 den Schenkelhalsknochen brach. Seither ist er in seiner Beweglichkeit stärker eingeschränkt. «Drei Jahre lang war ich frustriert und probierte die verschiedensten Knüpftechniken aus, um das einhändig hinzukriegen.»

Damit aus der Knüpftechnik ein Produkt entstehen konnte, holte er sich Hilfe beim Nidauer Produktentwickler Sven Rütti, dem Erfinder des kleinsten Portemonnaies der Schweiz (siehe BT vom 14. Juli 2016). Dieser hatte die zündende Idee: Ein einzelner, speziell geknoteter und mit einem Draht befestigter Schnürsenkel ist so konzipiert, dass er sich mit einer Hand binden lässt.

Daniel Peter ist mit dieser Erfindung gedient. Doch lässt sich das auch verkaufen? Er erstellte eine «kleine Marktstudie» anhand fünf verschiedener Unfallbilder wie Armamputationen oder Rückenprobleme und berechnete die potenzielle Nachfrage. An einer Schuhmachermesse nahm er Kontakt zur deutschen Firma Ringelspitz auf, heute im Besitz der Barthels-Feldhoff in Wuppertal. Die zeigten sich interessiert.

Derzeit läuft die Vorbereitung der industriellen Produktion der «One-Hand-Lace» – letzten Sommer besichtigte Daniel Peter die polnische Produktionsstätte. Gestartet wird mit drei verschiedenen Längen und vier Farben, später folgen dickere Modelle für Wanderschuhe sowie flache für Sneakers.

Eine Firma im Orthopädiebereich wird sich um Vertrieb und Vermarktung in der Schweiz, Deutschland, Österreich und den Benelux-Ländern kümmern. «Die verfügt über den Zugang zu den Institutionen. Die Schnürsenkel alleine vermarkten zu wollen, wäre unrealistisch», sagt Daniel Peter.

Wein mit dem Röhrchen trinken?

Der Zufall will es, dass ebenfalls im Frühling Daniel Peters bislang dritte Erfindung auf den Markt kommt. Dieses Mal waren nicht seine persönlichen Bedürfnisse der Antrieb, sondern die seines Freundes Manuel Arn. Aufgrund einer Tetraparese sitzt dieser im Elektrorollstuhl und kann Arme und Hände kaum bewegen. Er legt wie Daniel Peter grossen Wert auf Selbstständigkeit. Dank des Assistenz-Budgets der Invalidenversicherung kann Arn selbstständig leben und sich die benötigte Hilfe organisieren (siehe Infobox).

Daniel Peter und Manuel Arn verbindet die Leidenschaft für ein gutes Glas Wein. Bei Daniel Peter geht sie so weit, dass er sogar das höchste Diplom von «The Wine & Spirit Education Trust» (WSET) abgeschlossen hat, die zweithöchste Wein-Ausbildung nach dem Master of Wine. Das Gelernte nutzt er, um Restaurants bei der Weinauswahl zu beraten.

Durch einen gemeinsamen Freund wurde Manuel Arn von Daniel Peter zur Degustation eingeladen. Als Daniel Peter von Arns Tetraparese erfuhr, erkundigte er sich bei ihm, wie er denn Wein trinke. «Mit einem Plastikstrohhalm im Glas», antwortete ihm Manuel Arn. Für Feinschmecker und Ästhet Daniel Peter ein No-go. Und schon war der Daniel Düsentrieb in ihm wieder erwacht. Mit Glasbläser Reto Zünd vom Glas Atelier in der Twannbachschlucht machte er sich daran, für Manuel Arn das perfekte Weinglas zu kreieren.

Die Lösung besteht in einem Ei-artigen Weinglas. Dessen Stiel ist elegant nach oben gebogen, um daraus zu trinken, und es weist eine seitliche Öffnung für die Nase auf. «Die geschlossene Form hat den Vorteil, dass sich die Geruchsmoleküle gut entwickeln können», sagt Daniel Peter. Auch dieses Produkt wird er künftig auf seiner Website vertreiben. Das Glas dazu wird in Twann geblasen  – sechseinhalb Minuten benötigt Reto Zünd für ein Stück, wie Daniel Peter in einem Video zeigt.

Die Halterung wird wie das Fussbrett in der Abteilung Metallverarbeitung der Stiftung Dammweg produziert. Noch laufen letzte Abklärungen, wie das Glas am besten fixiert werden soll. Manuel Arn besitzt sein persönliches Exemplar seit zirka einem Jahr. Er sagt: «Ich fühle mich sehr wohl damit. Es schenkt mir ein Stück Lebensqualität.»

Den Tag durch trinkt Arn Wasser aus dem Glas – es fasst bis zu sechs Deziliter – abends gönnt er sich einen Wein. Dass das Glas seriell produziert werden soll, befürwortet Arn: «Es ist ein edles Geschenk für jemanden, der seine Hände nicht mehr gebrauchen kann.» Für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung sowieso schon stark eingeschränkt seien und auf vieles verzichten müssten, sei es nämlich nicht bloss ein Luxusprodukt, sondern eine gute Investition. Und: Menschen wie er seien auf Einweg-Röhrchen angewiesen. Doch jene aus Plastik würden wohl in absehbarer Zeit verboten, und Karton sei geschmacklich eine schlechte Alternative, deshalb sei das Glas nicht nur eine elegante, sondern auch eine ökologische Lösung.

Nächste Ideen sind vorhanden

Vor fünf Jahren gab Daniel Peter seinen Job in der Werbebranche auf und setzte ganz auf seine Erfindungen. «Ich bin risikofreudig», sagt er. Dabei gab es auch Rückschläge. Etwa drei verlorene Jahre, die er in ein von ihm mitentwickeltes Antriebssystem für Rollstühle setzte. Chinesische Investoren liessen das Projekt letztlich versanden. Doch Daniel Peter hat bereits ein weiteres Produkt in der Pipeline, das «Faltbrett F2». Dieses wird beidseitig hochklappbare Fussablagen aufweisen, die das Aussteigen vereinfachen und dennoch die Montage des Freewheel ermöglichen. Dass weitere Ideen vorhanden sind, lässt er zwar durchblicken, darüber sprechen will er noch nicht. Er sagt aber: «Mein Ziel ist es, immer mehr Eigenprodukte anbieten zu können.» Produkte, die Hindernisse aus dem Weg räumen und Produkte für das schöne Leben.

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Mit dem Fussbrett einen Tritt in die Medizinalbranche wagen

Daniel Peters Erfindung, das «Fussbrett F1», wird im Seeland produziert werden, in der Abteilung Metallbearbeitung der Stiftung Dammweg. Diese ist nicht in Biel daheim, sondern im Industriegebiet von Ipsach. Auch die Halterung für das von Peter erfundene Weinglas wird bald hier produziert. Daniel Peter hat sich mit Betriebsleiter Eric Müller verabredet, um die letzten Details zu besprechen. Denn noch hat das an der Halterung aufgehängte Glas zu viel Spielraum, was für Tetraplegiker ungeeignet ist – das Glas muss besser fixiert werden.
Während die Arbeiterinnen und Arbeiter langsam aus der Vormittagspause an ihren Arbeitsplätzen eintrudeln, erklärt Eric Müller seinen Betrieb. In seiner Abteilung arbeiten 20 Menschen mit Behinderung, die von ausgebildeten Mechanikern angeleitet und unterstützt werden. Zwei Männer machen sich ans Zersägen von drei Meter langen Metallstangen. Daraus entstehen an den anderen Arbeitsstationen verschiedene Werkstücke. Drehen, fräsen, bohren, schleifen: Für jeden Schritt ist die nötige Maschine vorhanden. Abnehmer der produzierten Teile sind Firmen aus dem Seeland – von der kleinen innovativen Fahrradmanufaktur bis zum weltweit tätigen Grosskonzern.

Die ersten Schritte für ein neues zu produzierendes Teil entstehen aber nicht unten in der Werkstatt, sondern in den Büros im ersten Stock, am Computer. Die Gruppenleiter berechnen die Teile, erstellen ein 3D-Modell, und manchmal kommt auch der 3D-Drucker zum Einsatz, um einen Prototypen zu erschaffen. Danach programmieren die Teamleiter die Maschinen und erstellen das erste Stück. Entspricht das Werkstück den Anforderungen, wird der Auftrag einem Mitarbeitenden übergeben.

Daniel Peters Fussbrett besteht aus knapp 30 Einzelteilen, manche einfach und andere kompliziert in der Herstellung. Das Brett selbst wird seriell produziert werden, und je nach Faltrollstuhltyp wird es unterschiedliche Adapterteile geben. Weil es sich beim Fussbrett um ein medizinisches Produkt handelt, ist der administrative Aufwand im Vorfeld der Produktion relativ gross: Aktuell ist die CE-Zertifizierung im Gang. Ohne dieses Zertifikat können Medizinprodukte nicht verkauft werden. Swissmedic dient dafür als Zulassungs- und Kontrollbehörde. «Bei mir haben sich schon einige Interessenten gemeldet, aber leider kann ich ohne die nötigen Papiere noch nicht liefern», sagt Daniel Peter. In wenigen Monaten soll die Produktion aber starten können.

Um konkurrenzfähig zu bleiben, wurde in den letzten Jahren von der Stiftung Dammweg viel in den Maschinenpark investiert. Jüngste Anschaffung: eine Doppelspindel-Drehmaschine, um auch grössere Serien mit kurzen Lieferfristen herstellen zu können. 2017 habe man mit dem Fidget Spinner einen regelrechten Hit produziert. Allerdings war der Hype um dieses Spielzeug auch relativ rasch wieder vorbei.

Sein Betrieb sei wie jeder andere auch den Bedingungen des Marktes ausgesetzt, sagt Eric Müller. Das bedeutet: «Kunden bestellen nur noch kleinere Mengen, es muss sehr kurzfristig und flexibel produziert werden können.» Müller sieht deshalb in der Produktion von Medizinalprodukten einen interessanten Markt. «Eigenprodukte wie dieses helfen uns, die schwankende Auslastung besser abzufedern.» ab

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Manuel Arn als Botschafter für den Tag der Kranken

Am Sonntag findet der Tag der Kranken statt, um auf die rund 2,2 Millionen chronisch kranken Menschen in der Schweiz aufmerksam zu machen. Das diesjährige Motto lautet: «Ich bin mehr als meine Krankheit(en)».

Landesweit finden Konzerte, Besuchs- und Geschenkaktionen in Spitälern und Heimen sowie Predigten und Solidaritätsveranstaltungen statt. Traditionell hält die Bundespräsidentin/der Bundespräsident zu diesem Anlass eine Rede.

Um auf den Tag aufmerksam zu machen, hat sich der Bieler Manuel Arn portraitieren lassen:www.tagderkranken.ch/porträts-betroffene

Manuel Arn wird zudem am Sonntag am Ökumenischen Gottesdienst anlässlich des Tages der Kranken mitwirken. Weitere Mitwirkende sind Pfarrer Marcel Laux, Kaplan Jean-Marc Chanton und Wilson Rehmat, Sozialdiakonischer Mitarbeiter. Musikalische Begleitung durch Nathalie Caccivio und Nicolas Caccivio. Ort:Calvinhaus, Mettstrasse 154 in Biel. Zeit:10.30 Uhr. ab

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Details zu den Produkten

das Fussbrett F1 kostet 599 Franken.

das Weinglas ist für 95 Franken erhältlich, das Set bestehend aus Wein-, Bier- und Spirituosenglas gibt es für 255 Franken (exklusive Glashalter)

Richtpreis für die «One Hand Lace»-Schnürsenkel:20 Franken.

Die Entscheidung, ob sich die Invalidenversicherung beim Kauf eines Hilfsmittels beteiligt oder nicht, liegt beim Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV). «Das Fussbrett zählt zum Pauschalzubehör und kann als solches im Rahmen des Rollstuhltarifvertrages abgegeben werden», sagt Harald Sohns vom BSV. Auch das Freewheel kann als «Vorspannrad» von der IV vergütet werden. Negativ fällt die Antwort beim Weinglas sowie bei «One Hand Lace» aus:Für beides sei auf der Liste der vergüteten Hilfsmittel keine Kategorie vorgesehen, und auf dem freien Markt seien Lösungen erhältlich, die keine invaliditätsbedingten Mehrkosten verursachten (wie Schuhe mit Klettverschluss oder Strohhalme). ab

Link: www.petertools.life

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