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Studen

«Es wird aussehen,
als hätte eine Bombe eingeschlagen»

Weil eine Waldparzelle in Studen nicht mehr gepflegt werden konnte, muss sie vollständig geräumt werden.
Mit der anschliessenden Neuanpflanzung soll die Stabilität sogar noch verbessert werden.

Gefährlich für die Anwohner: Wenn die Fichten umfallen, könnten sie Häuser beschädigen. Bild: Mattia Coda

Stephanie Matti

Die Waldparzelle an der Jensstrasse steht seit langer Zeit. 1988 seien Mehrfamilienhäuser mit dem Nahbaurecht, das heisst mit 15 statt mit 30 Metern Abstand, vor den steilen Hang gebaut worden, erzählt Dario Wegmüller, der Revierförster des Unteren Seelands. Das Waldstück sei bewirtschaftet worden, bis es vor zirka 50 Jahren abgeholzt wurde. Danach wurden Fichten gepflanzt. Fichten, so Wegmüller, wüchsen sehr gerade. Deshalb sei dies der geeignete Baum gewesen. Er wurde oft gepflanzt, auch um Bauholz zu gewinnen.

Anfällig für Stürme

Da die Mehrfamilienhäuser nah an den Wald gebaut wurden, konnte der Waldbesitzer den Wald nicht mehr normal bewirtschaften. Die Fichten wuchsen also in die Höhe, bis sich die Anwohner darüber beschwerten, dass das Waldstück ihre Wohnhäuser gefährde. Wegmüller meint: «Die Fichten stehen sehr nahe aneinander. Es ist nicht alarmierend, aber irgendwann wird das ein Problem.» Der Wald sei im jetzigen Zustand anfällig für Stürme. Wenn die Fichten zu Fall kommen, könnten sie Personen verletzen und Häuser beschädigen. Der Revierförster hat mit dem Amt für Wald die nötigen Massnahmen festgelegt und mit der Gemeinde abgestimmt. Nun steht fest: Bald wird die Waldparzelle geräumt.

Diese Entscheidung fällt Wegmüller jedoch nicht leicht. Er sagt, dass die Förster normalerweise versuchten, die gesunden, stabilen Bäume stehen zu lassen. In diesem Fall hätten die Fichten jedoch statt einer Einzelstabilität eine kollektive Stabilität bekommen. Das heisst: Werden nur einzelne Bäume geholzt, wird die Gefahr grösser, dass die übrig gebliebenen Bäume umfallen. Der Bauverwalter von Studen, Roland Känel, bezeichnet es als problematisch, dass damals vor 50 Jahren nicht abwechslungsreich gepflanzt wurde. Die Tannen stehen zu nahe beieinander, haben fast 30 Meter lange Stämme und kaum noch Äste.

Also gebe es nur eine Massnahme, sagt Wegmüller: «Alles räumen und neu bepflanzen.» Jede Waldparzelle habe eine oder mehrere Funktionen. Die beschriebene Parzelle habe nicht nur die Funktion des Erholungsraums und diene der Biodiversität, sondern stehe auch zum Schutz der Bevölkerung, so Wegmüller. Känel sagt: «Das Problem ist, dass der Hang senkrecht abfällt.» Durch Regenfälle oder eine normale Erosion könne er abrutschen.

Um die Stabilität des Hanges nicht zu gefährden, werden die Tannen zwar gefällt, die Wurzelstöcke bleiben aber im Boden. Mit der Neuanpflanzung kann die Stabilität so sogar noch verbessert werden. Der ganze Hang wird nun geräumt, bis auf einige Eichen und Linden, die stark und gesund sind. Diese würden heute in dem Nadelwald fast untergehen, dabei stehe auf dem Grundstück auch eine «wahnsinnig grosse und brutal schöne Eiche», sagt Wegmüller.

Da es sich um einen Schutzwald handelt, muss die Gemeinde Studen die Kosten für die Arbeiten übernehmen. In einem Wald, der normal bewirtschaftet werde, so Wegmüller, sei der Aufwand von den Erträgen gedeckt. In diesem Fall jedoch muss die Gemeinde Restkosten von rund 40 000 Franken übernehmen. Die Gesamtkosten belaufen auf 47 500 Franken.

Diesen Herbst oder im Frühling darauf, je nachdem, wie sich der Boden erholt, wird wieder gepflanzt. Ziel ist, nach dem Holzen verschiedene Baumarten zu pflanzen, da ein grosser Baum tief, und ein kleiner Baum weniger tief wurzelt.

Revierförster Dario Wegmüller will erreichen, dass der Hang möglichst wenig gepflegt werden muss, aber die Sicherung des Hanges dauernd gewährleistet ist. Geplant ist auch, dass die Sträucher, die nahe an den Häusern gepflanzt werden, essbare Beeren tragen. Wegmüller findet: «Ich will nicht Sträucher mit giftigen Beeren pflanzen, wenn in deren Nähe Kinder spielen.»

Vorteil für die Tierwelt

Wegmüller warnt: «Nach dem Holzschlag wird es aussehen, als hätte eine Bombe eingeschlagen.» Sogar für ihn als Förster werde es sehr makaber aussehen. Ein Jahr darauf setze man Sträucher. Sobald sich diese in ein paar Jahren entwickelt hätten, könne im Frühjahr eine Blütenpracht und im Herbst Verfärbungen der Blätter beobachtet werden. Wegmüller sagt: «Die Leute werden begeistert sein.» Auch für die Tierwelt soll die neue Bepflanzung gegenüber dem Nadelwald Vorteile mit sich bringen: Insekten werden Freude an den blühenden Sträuchern haben und für die Vögel sollen Dornensträucher gepflanzt werden.

Stichwörter: Wald, Holzschlag, Stürme

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