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Festivals müssten neue Geldgeber suchen

Am 13. Februar stimmt die Bevölkerung über die Volksinitiative zum Tabakwerbeverbot ab. Sie will die Werbung für Zigaretten überall dort verbieten, wo Jugendliche sie sehen können. Auch das Sponsoring von Events wäre davon betroffen.

Den Festivals würden bei einer Annahme der Initiative wichtige Beiträge wegfallen. Im Bild: Stars of Sounds in Aarberg. Bild: Matthias Käser/a

Manuela Habegger

Die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» will die Werbeeinschränkungen für Tabakprodukte in der Schweiz deutlich ausdehnen. Jugendliche und Kinder sollen mit Werbung für Zigaretten, Zigarillos oder E-Zigaretten im Alltag eigentlich gar nicht mehr konfrontiert werden. Verboten werden soll Tabakwerbung daher an allen Verkaufsstellen wie am Kiosk, in den Kinos, im Internet oder in den Printmedien. Auch als Sponsoren von zum Beispiel Festivals dürften Tabakfirmen nicht mehr in Erscheinung treten. Erlaubt wären nur noch Werbemails oder Publikationen, die sich spezifisch an Erwachsene richten.

Dem Bundesrat und dem Parlament gehen die angedachten Verbote zu weit. Als indirekten Gegenvorschlag haben sie eine Änderung des Tabakgesetzes ausgearbeitet. Vor allem Kioske, Printmedien und Festivalorganisatoren dürften demnach weiterhin mit Tabakfirmen zusammenarbeiten.

 

Beträchtliche Beiträge

«Wir sind doch grundsätzlich alle dafür, dass Kinder und Jugendliche keinen Tabak und Alkohol konsumieren», sagt dazu Lukas Hohl, Mitinhaber der Bieler Eventra GmbH. Die Eventfirma organisiert unter anderem das Lakelive in Nidau. Für den grossen Anlass ist das Unternehmen auf Sponsoren angewiesen. Die Zigarettenfirma Pueblo tritt dort als Partner auf: «Tabakfirmen sind für viele Festivals wichtige Sponsoren, stellen teilweise ganze Partydörfer und unterstützen damit die Durchführung des Events», sagt der Eventmanager. Das Lakelive betreibt allerdings kein solches Dorf. Pueblo ist denn auch kein Haupt- oder Co-Sponsor, weshalb der Zustupf ein wichtiger, aber kein kritischer ist. «Uns ist es auch wichtig, die Jugend vor dem Konsum von Zigaretten zu schützen, weshalb am Festival selbstverständlich keine Zigaretten an Minderjährige verkauft werden», sagt Hohl. Man sei sich bewusst, dass ein solcher Event Ausstrahlung hat und Jugendliche beeinflusst. «Wenn aber beispielsweise ein Musiker oder eine Musikerin auf der Bühne raucht, hat das auch eine grosse Wirkung auf Jugendliche», erklärt er. Man könne nicht überall Polizist sein, vor den Jugendlichen nicht alles verstecken. Es sei eine sehr schwierige Frage, wie weit die Werbeverbote gehen sollen, sagt Lukas Hohl und will sich nicht positionieren. Auch das Stars of Sounds in Aarberg wird finanziell von Tabakfirmen mitgetragen. Dort sind Pueblo und die Zigarillo-Marke Moods mit einem VW-Bus und einem Indianerzelt im Stedtli auf Platz. «Ich habe auch Kinder. Ich bin aber der Meinung, dass wir mit Eigenverantwortung besser fahren als mit Gesetzen», sagt Organisator Marc Zahnd.

Es sei ja auch nicht so, dass Jugendliche nicht wissen, dass Zigaretten schädlich seien. Wie auch anderen Firmen sollte es den Tabakfirmen laut Zahnd grundsätzlich erlaubt sein, die Menschen, die sich trotzdem zum Rauchen entscheiden, mit ihrer Marke zu bewerben. Zudem sei die Werbung viel diskreter geworden. Für das Festival wären die Werbeausfälle schmerzlich, wenn auch nicht existenziell.

 

Kantone sind restriktiver

Auch von der Initiative betroffen sind die Verkaufsstellen. Wie gewichtig die Werbeausfälle zum Beispiel für die Kioskbetreiberin Valora wären, will das Unternehmen nicht preisgeben. Es teilt die Meinung des Branchenverbands Swiss Retail Federation: Der Jugendschutz ist wichtig, die Initiative kommt aber de facto einem Werbeverbot für Tabak gleich, heisst es dort. Der Verband plädiert für einen Mittelweg zwischen vernünftigem Jugendschutz und verhältnismässigem Markteingriff.

Während Kioske und Festivalbetreiberinnen die Abstimmung abwarten, wird Tabakwerbung in den Kinos so oder so der Vergangenheit angehören. Sie werden nämlich auch im Tabakproduktegesetz verboten, das ohnehin in Kraft tritt. «Das tangiert mich nicht», sagt dazu Hansruedi Brawand, der in Aarberg das Kino Royal betreibt. Der Marlboro-Mann wird bei ihm nämlich schon länger nicht mehr auf die Leinwand projiziert: «Ich als kleiner Kinobetreiber wäre um Partnerschaften mit lokalen Unternehmen dankbar, und das sind keine Tabakfirmen», sagt er. Während das Kino früher durch eine Werbeagentur mit Werbespots versorgt wurde, ist das heute nicht mehr der Fall: «Wir sind für die offenbar zu klein», sagt er. Das grosse Cinedome in der Tissot Arena wollte sich zum Thema nicht äussern.

Auch an öffentlichen Gebäuden, auf Sportplätzen und an Sportveranstaltungen darf gemäss dem Gegenvorschlag künftig keine Tabakwerbung mehr angeschlagen werden. Dasselbe gilt für Plakatwerbung.

Bislang ist auf Bundesebene lediglich das Werben für Tabakprodukte im Fernsehen und im Radio verboten, ebenso in Publikationen oder Veranstaltungen, die sich an Jugendliche richten. Gegenüber den Verboten, die in Europa gelten, sei die Schweiz zu wenig restriktiv, sagen die Initianten. Die Schweiz bildet beispielsweise eine Ausnahme, indem sie Werbung in den Printmedien erlaubt. Auch nationales Sponsoring und Werbung an den Verkaufsstellen sind in den meisten europäischen Ländern verboten.

Allerdings haben einige Kantone von sich aus die Tabakwerbung eingeschränkt. So ist beispielsweise die Plakatwerbung in 17 Kantonen verboten, darunter auch im Kanton Bern. Genf, Obwalden, St. Gallen, Solothurn, das Wallis und Zürich verbieten bereits jetzt die Werbung in Kinos. In Solothurn und im Wallis ist Tabakwerbung und -sponsoring auf öffentlichem Grund verboten. Dasselbe gilt an Kulturveranstaltungen.

Wie stark die Tabakwerbeverbote weiter verschärft werden, das entscheidet das Stimmvolk am 13. Februar. Das neue Tabakproduktegesetz kann dabei unabhängig vom Ausgang der Abstimmung in Kraft treten. Bei Annahme der Initiative müsste das Gesetz nachträglich angepasst werden.

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